Nimmerzwerg

all seiner überbordenden Hässlichkeit aufrecht da. Zitternde Blitze huschten über ihre Körper, wovon sie sich jedoch nicht beirren ließen. Mit finsterem, leerem Blick hielten sie weiter Kurs.
    Das dritte und das vierte Geschütz verwandelten die Sturmgluth in ein einziges grelles Blitzgewitter. Als die Blitze verblasst waren, mussten die Kanoniere jedoch mit Schaudern erkennen, dass sich nichts geändert hatte. Zwerg und Troll standen, trotz Brandlöchern im Wams und glimmendem Haupthaar, ebenso entschlossen da wie zuvor, und die Sturmgluth war nun keinen halben Gang mehr vom Ufer entfernt.
    Der erste Schuss des letzten Geschützes schlug flimmernd direkt neben dem Steuerrad der Sturmgluth ein. Der Zwerg am Ruder, dessen Bart inzwischen in hellen Flammen stand, zuckte nicht einmal mit der Wimper. Der zweite Schuss traf den Troll und riss ihn von den Füßen, sodass ein weiteres Mal verhaltener Jubel unter den Kanonieren ausbrach, der jedoch sogleich wieder abebbte, als der Troll sich unter ihren Augen erneut aufrichtete. In seiner Brust klaffte eine schwelende schwarz geränderte Wunde, in der zwei gebrochene Rippen zu erkennen waren. Der Blick des Trolls aber war genauso starr wie zuvor, als sei nichts geschehen.
    Die Kanonenmannschaften tauschten furchtsame Blicke, während sich die Blitzkammern der Kanonen mit lautem Summen wieder auffüllten.
    Die Sturmgluth glitt immer näher. Ihr rot glühender Bug teilte das zähe Magma, das Knarren der Segel, über die vereinzelt noch immer kleine blaue Blitze huschten, war nun selbst von den Kanonenstellungen aus deutlich zu hören.
    Als die Waffen schließlich bereit für die nächste Ladung waren, vermochten die Entzwergten bereits das Weiße in den Augen des Steuerzwergs und des Trolls in seinem Rücken zu sehen. Und dieses Weiß hatte etwas sonderbar Lebloses an sich.
    Drei weitere Blitze ließen den Rumpf der Sturmgluth blau erzittern, der vierte zersplitterte das Steuerrad. Der nächste jedoch hatte eine ungleich furchtbarere Wirkung. Inzwischen nämlich war das Schiff der Piraten so nahe am Ufer, dass der Blitz, der Schwartzbarths Kajütenaufbau mit voller Wucht traf, einen Schlag später auf die nächstgelegene steinerne Landzunge und die darauf befindliche Blitzkanone übersprang. In Windeseile fand das grelle Blau die Läufe, zuckte über das Metall und traf schließlich die Zwerge. Die Schreie der sterbenden Kanonenbesatzung gingen im nächsten Moment schon im Lärm der Explosion unter, welche die Basaltkammer der Kanone zerriss.
    Eisensplitter und Zahnräder flogen durch die Luft, während sich die Sturmgluth an der breiten Landzunge vorbei weiter auf das nahe Ufer zuschob.
    Keine der anderen Kanonenmannschaften schien noch einen weiteren Schuss abgeben zu wollen. Stattdessen verließen die Entzwergten hastig die Kanonen, während die Blitze im dunklen Schlund der Läufe knisterten, und eilten zurück in Richtung Festland. Unterdessen lief die Sturmgluth neben einem der ausladenden Stege auf Grund, wobei sie einige Flammsteinfischerboote zermalmte.
    Kaum dass die letzten Blitze auf der Außenhaut des Schiffes verglommen waren, öffneten sich die Luken, und die Piraten strömten brüllend über das Deck. Rostige Planken knallten auf den Steg, die Piraten sprangen über die Reling und stürmten hammerschwenkend in Richtung Festland.
    Die ersten Entzwergten, die sie erwischten, waren die fliehenden Kanoniere. Von hinten fielen sie über sie her und schlugen sie nieder. Und während einige Piraten zurückblieben, um ihren Opfern Fesseln anzulegen, strömte der Rest ins Innere der Höhlen hinein.
     
     
    Die Wände der Kammer der Trauer bestanden aus schmucklosem Schiefer. Die Höhle war mittelgroß und leer – bis auf eine steinerne Platte von der Größe zweier Zwerge, die in der Mitte am Boden ruhte. Erhellt wurde die Höhle einzig vom Licht der Flammsteinfackeln, das durch das Tor hereinfiel.
    Die kleine Gruppe trat näher an die steinerne Platte heran und erkannte darauf die grob gemeißelte, stilisierte Figur eines Erzferkels.
    Dreibart kniete nieder.
    „Dies ist das Grab des Geschöpfes, das unsere Zukunft, unser Ende und unsere einzige Hoffnung gesehen hat, lange bevor ihre Zeit gekommen war.“
    Abgesehen von Fazzgadt knieten nun auch alle anderen nieder, wobei Glimmboldt freilich nur das Verhalten der anderen nachahmte. Ohne sich weiter um Fazzgadt zu scheren, der mit mürrischem Gesichtsausdruck dastand, rezitierte Dreibart die gesamte