Nimmerzwerg
Erzferkelprophezeiung, während das Meer der roten Kutten vor der Tür der Kammer in seine Worte mit einfiel: „Wenn der Zwerg, der kein Bier trinkt, seine Hand dem Zwerg reicht, der das Licht der Gänge mit goldenen Zähnen erblickt hat, und die Immerschwarze wiederkehrt, dann ist das Ende gekommen von allem, was da ist und geheißen wird das Eherne Imperium.
Erst wenn der falsche Zwerg im Dunkel der Kerker lacht, die Hoffnung verflogen und Flucht unmöglich ist, erst dann wird das Undenkbare denkbar werden. Im Undenkbaren aber ist das, was ist, nicht, was es ist, und Kupfermann wird Urblut trotzen. Wenn aber jener, der nie Zwerg war, jenen führt, der keiner mehr ist, und der Zwerg, der in Wahrheit vier ist, das Imperium in Ketten schlägt, dann vermag einzig zweierlei das Eherne Volk noch zu retten.“
Dem Schicksalszwerg lief es bei diesen Worten kalt den haarigen Rücken hinunter. Selbst Fazzgadt hörte für einen kurzen Moment auf zu schmollen. Es war das erste Mal, dass sie die Prophezeiung in ihrer Gesamtheit vernahmen. Und sie alle hatten auf ihrem Weg hinunter zu den Entzwergten gesehen, wie die kryptischen Worte des Erzferkels Wirklichkeit geworden waren. Sie kannten den Untrunkenen und den Zwerg mit den goldenen Zähnen, einige sogar noch besser als der Rest. Sie hatten die Immerschwarze gesehen und den falschen Zwerg in den Vorrngarthverliesen. Sie hatten gesehen, wie Pilzgrimms Kupfermänner dem Magma getrotzt hatten, und hatten gehört, dass das Eherne Volk in Ketten gelegt worden war…
Die prophetischen Worte aus dem Rüssel dieser Kreatur hatten vor vielen Schichten den Großen Verwalter dazu gezwungen, den Hohepriester einen Ausweg prophezeien zu lassen. Den Schicksalszwerg. Jene mythische Figur, die ihre Bärte unabänderlich miteinander verknotet und sie alle in den rot glühenden Strudel des Schicksals hinabgerissen hatte.
Die Worte des Hohepriesters und die große Erzferkelprophezeiung hatten sie mit einer Kette verbunden, die schwerer abzustreifen war als die der Sklaverei. Gleich unter welchem Herrscher. Sie waren Knechte des Schicksals, wie sehr sich Fazzgadt auch empören mochte.
Ihre Gemeinschaft ruhte auf dem Amboss des Schicksals, und der Hammer der Verheißung sauste unablässig auf sie nieder, dem uralten Diktat des Erzferkels folgend…
Und da all die Worte dieses Geschöpfes, gesprochen in einer längst vergessenen Zeit, sich bewahrheitet hatten, hinterließ das offene Ende seiner Prophezeiung ein Gefühl der Leere in den Gefährten.
Es fehlte einfach etwas. Es war, als hätte man getrunken und wartete nun auf den Rausch. Oder als hätte man den Rausch gehabt und wartete nun auf die Kopfschmerzen. Oder als hätte man die Kopfschmerzen bereits hinter sich und fand nun nichts mehr, mit dem man sich aufs Neue betrinken konnte. Alles hatte seine Regeln und unterlag dem Gesetz der Vollständigkeit. Wenn gewisse Dinge fehlten, geriet die Welt aus dem Gleichgewicht. Und darum stellte sich den Gefährten eine zwingende Frage: Welche zwei Dinge mochten es sein, die das Volk, dessen Ende gekommen war, noch retten konnten?
Meister Dreibart richtete sich wieder auf und blickte feierlich in die Runde.
„Dies sind die Worte, die nur den Eingeweihten bekannt sind. Weitergereicht von Bart zu Bart in den Reihen der Gelehrten, festgeschmiedet unter den Helmen weniger Wissender. Hier ruht ihr Ursprung, das Große Erzferkel. Und mit ihm sein Vermächtnis. Seine letzten Worte, die kein Zwergenohr je vernommen hat. Der letzte Teil der Prophezeiung, den es vor zahllosen Schichten mit sich ins Grab genommen hat.“
Fazzgadt war zwar der Meinung, dass diese Worte auch genau dort hingehörten und die Rüsselratte ruhig auch den Rest seiner Prophezeiung dorthin hätte mitnehmen können. Unter den gegebenen Umständen behielt er diese Meinung jedoch lieber für sich, da sowohl der Hohepriester, der seit jeher anfällig für jede Art von Aberglauben war, als auch der Ferkelbändiger, der sich am Grab dieser Kreatur der Wurzel seiner Ferkelbändigerbestimmung gegenübersah, vor Ehrfurcht erstarrt waren. Selbst der blinde General schien begierig den Worten Dreibarts zu lauschen. Einzig Glimmboldt kaute teilnahmslos auf einem der Schlüssel herum, die er dem Troll vom Gürtel gerissen hatte.
Dreibart nickte in Richtung der steinernen Platte.
„Ergreift den Stein, unter dem die Gruft des Erzferkels verborgen liegt. Auf mein Zeichen hebt ihr ihn an und lauscht in das Dunkel hinab, das seit Tausenden
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