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Nimmerzwerg

Nimmerzwerg

Titel: Nimmerzwerg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
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wurde. Die Umstehenden murmelten ehrfürchtig den Titel des Schlüsselmeisters, der sich seinen Weg durch ihre Reihen bahnte.
    „Hetzt mich doch nicht, verdammt noch eins!“, brummte der Schlüsselmeister. „Ein alter Zwerg ist schließlich kein Schieferspringer.“
    Fazzgadt frohlockte innerlich, als er diese Worte vernahm. Dieses Schimpfen war wie flüssiges Gold in seinen Ohren! Es klang nach einem Zwerg, der schlechte Laune und den Herzstein am rechten Fleck hatte!
    Gleich darauf war über die Kapuzen der Schaufelbrüder hinweg ein über und über mit Schlüsseln behängter Troll zu sehen, und wenig später kam auch der Zwerg in Sicht, der ihm folgte.
    Er war etwas kleiner und gedrungener als die meisten anderen Zwerge und das Rot seiner Kutte mit dunklen Flecken überzogen. Über der Kutte trug er eine zerschlissene Lederweste mit zahlreichen Taschen, aus denen Schlüsselrohlinge und Werkzeug hervorlugten. Er trug Ledermanschetten, in denen Feilen und Zangen steckten, Oberarmtaschen mit Schlüsseln darin und eine Halskette, an der ebenfalls ein gutes Dutzend Schlüssel baumelte. Auch an seinen schimmernden Ohrringen und an dem Helm, den er im Gegensatz zu den meisten anderen Mönchen aufhatte, hingen Schlüssel. Einige waren auch in seinem wirren schmutzig grauen Bart festgeknotet, und sogar das Blatt der Schaufel, die in seinem Gürtel steckte, besaß die Form eines Schlüssels. Selbst die Einfassung seiner Augengläser, die doppelt so dick waren wie die des Allerüberhöchsten, war mit Schlüsseln verziert. Diese Gestalt war mehr Schlüssel als Zwerg, und es war kaum vorstellbar, dass es irgendeine Tür diesseits oder jenseits des Vergessens gab, die ihm verschlossen bleiben könnte.
    „Dieser Zwerg fertigt eure Schlüssel und Schlösser?“, fragte Fazzgadt Meister Dreibart nicht ohne Bewunderung.
    „Nur die Schlüssel. Die Schlösser schmiedet der Schlossmeister“, erklärte Dreibart mit gesenkter Stimme.
    Fazzgadt nickte.
    „Aber ist das denn sinnvoll?“, fragte Blechboldt zweifelnd.
    Dreibart zuckte mit den Schultern.
    „Es ist Tradition. Zwischen den beiden herrscht ein ernster Wettstreit. Sie versuchen stets ein Stück zu schmieden, zu dem der andere das Gegenstück nicht zu erschaffen vermag.“
    „Und ist es schon einem von ihnen gelungen?“, wollte Fazzgadt wissen.
    Lächelnd schüttelte Dreibart den Kopf, sodass die Ketten an seinem Helm lustig hin und her schaukelten.
    „Nein. Aber das kümmert die beiden nicht. Sie schmieden unablässig weiter, obwohl wir hier unten gar nicht ausreichend Türen haben, um all die Schlösser einzubauen…“
    „Dann vermag dieser Zwerg also mehr Türen zu öffnen, als es überhaupt gibt“, flüsterte Fazzgadt voller Bewunderung.
    Der Troll, der hinter dem Schlüsselmeister herwankte, trug noch einmal das Fünffache an Schlüsseln mit sich. Er hatte Ringe im Gesicht, an Ohren und Nase, und diese waren ebenso wie sein Körper, der mit hakenbewehrten Ledergurten und Ketten behängt war, voller Schlüssel. Vor diesen beiden musste einfach jede Tür, die es jemals gegeben hatte oder die jemals sein würde, ihr Schloss beugen.
    Als der Schlüsselmeister näher kam und den Schicksalszwerg erblickte, leuchteten seine Augen hinter den Gläsern auf.
    „Naja, zumindest holt ihr mich dieses Mal nicht wieder wegen irgendeinem klemmenden Schloss aus der Werkstatt.“ Er wandte sich zu den Kameraden und nickte ihnen unter lautem Klimpern zu. „Ich nehme an, ihr seid der Schicksalszwerg. Wunderbar. Ich bin begeistert. Und irgendeiner von euch trägt das Zeichen der Schaufel, womit wir dann alle beieinander hätten. Dann lasst uns das Ganze mal hinter uns bringen, damit ich wieder meiner Arbeit nachgehen kann.“
    Meister Dreibart blickte den Schlüsselmeister konsterniert an.
    „Schlüsselmeister! Du solltest diesem schicksalhaften Augenblick etwas mehr Ehrfurcht und Tiefe zugestehen!“
    Der Schlüsselmeister zuckte nur mit den Schultern und verdrehte die Augen. Dann richtete er sich zu seiner vollen Größe auf, hob beide Arme und sagte sichtlich gelangweilt: „Wohlan, Meister Dreibart! Ich, der Hüter des achten Schlüssels, bin nunmehr bereit, auf Ansinnen der ersten Schaufel die Tür zur Kammer der Trauer zu öffnen!“
    Mit diesen Worten beugte er sich zu dem Schlüsselloch hinab, das sich zwischen den Zeichen für Stahl und Feuer befand. Aus einer seiner zahlreichen Taschen zog er eine kleine Flammsteinleuchte hervor und hielt sie direkt in das

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