Nimmerzwerg
sich immer wieder hektisch um und suchte nach irgendetwas am Wegesrand, das vielleicht einen Eisenfänger enthalten könnte. Doch er fand nichts…
Er erreichte eine Kreuzung und hörte in seinem Rücken bereits ganz nahe die wütende Kreatur. Hastig entschied er sich für den rechten Gang.
Er eilte voran, während seine Schultertasche hinter ihm herflatterte. Zwei Biegungen später, als der verrottende Troll ihn beinahe eingeholt hatte, begann sich der Gang zu verändern. Die Fackeln darin wurden weniger, und ganz allmählich wurde er enger. Offenbar handelte es sich um einen Stollen, an dem noch gearbeitet wurde.
Und dann konnte Nattergriff, während die Schritte des ihm nacheilenden Ungetüms den Boden erbeben ließen, im spärlichen Licht der Fackeln in einiger Entfernung plötzlich das Ende des sich verengenden Ganges erkennen.
Fluchend nahm er den Transporter in die linke Hand und zog mit der rechten den Enterhammer. Er, der das Undenkbare vollbracht hatte, dem Trollmarkt entkommen war und dem Zwergischen Zwielicht getrotzt hatte, der persönliche Zögling von Schnappsagk Silberkies, dem Urahn aller Halunken, sollte nun in den Gefilden der Entzwergten von einem untoten Stinkschädel zermalmt werden? Für den Bruchteil eines Schlages fragte er sich, womit er das verdient hatte.
Und dann kam ihm der rettende Gedanke!
Er hielt das Gelingen seiner Flucht doch in der eigenen Hand! Der Transporter! Er würde ihn nur auf den Boden schlagen müssen, dann hätte er es geschafft.
Wo immer er ihn hinbringen würde, alles war besser als dieser Ort!
Das Brüllen des übel riechenden Kolosses war nun ganz nahe, und Nattergriff spürte bereits dessen Atem im Rücken.
Entschlossen riss er den Transporterzylinder hoch… und stutzte.
Etwas stimmte nicht. Das Brüllen des Trolls war nahe. Sehr nahe sogar. Aber es kam nicht näher. Und es hatte sich verändert. Es klang nicht mehr wie das eines Jägers, sondern wie das eines Gefangenen. Nattergriff war oft genug selbst in einer solchen Lage gewesen, um derlei zu erkennen.
Stirnrunzelnd fuhr der Meisterdieb herum, den Transporter in der Linken, den Hammer in der dreifingrigen Rechten. Bereit, zuzuschlagen und zu verschwinden.
Und dann sah er es. Der Troll hatte sich in dem verengenden Gang verkeilt. Er hing, das Buch noch immer unter dem Arm, hilflos zwischen den Wänden, die Arme eingeklemmt, unfähig, sie zu heben oder auch nur einen weiteren Schritt zu machen. Es ging weder vor noch zurück. Die Kreatur musste mit voller Wucht vorangestürmt sein, und ihr massiger Körper war zwischen den Wänden stecken geblieben.
Der Stinkschädel knurrte und wütete, wand seinen von Narben und Wunden überzogenen Körper und versuchte freizukommen, den leblosen Blick unablässig auf den Dieb gerichtet, der keine drei Zwerg entfernt von ihm am Ende des Ganges stand.
Nattergriff musste unweigerlich lächeln. Das Schicksal und der Gott des Zwielichts schienen also doch andere Pläne mit ihm zu haben. Zufrieden schob er den Enterhammer zurück in seinen Gürtel und näherte sich dem Troll. Er beobachtete ihn noch einen Moment lang, um sich zu vergewissern, dass sich der Unhold wirklich nicht bewegen konnte, und kletterte dann an ihm hinauf auf seine Schulter. Der Unhold knurrte und schrie, dass der Trollrotz nur so spritzte. Noch immer versuchte er mit aller Macht freizukommen und wand sich tobend zwischen den Felsen. Doch es war vergebens. Die Wucht seines Ansturms war zu groß gewesen. Er drehte den Kopf und starrte den Dieb auf seiner Schulter mit totem Blick an.
„Hör mir zu, Dieb!“, sagte er mit rauer Stimme. „Ich bin so viel mehr als dieses verwesende Stück Fleisch! Ich könnte dich reich machen, könnte dir geben, was immer du willst!“
Bragk Nattergriff grinste den Troll breit an.
„Ein wahrhaft verlockendes Angebot. Aber ich pflege mir Dinge lieber selber zu nehmen!“
Mit diesen Worten griff er an den Hinterkopf des Trolls, tastete kurz zwischen dem dünnen, verfilzten Haar herum und zog schließlich hervor, wonach er gesucht hatte: Harrm Blutklumps zweiten Seelensteinsplitter.
Nach einem schier endlosen Rutsch entlang der stählernen Rohre kamen die Gefährten schließlich mit schmerzenden Händen am Grunde des Schachtes an. Nach dem Schlüsselmeister und seinem trollischen Gehilfen erreichte Blechboldt als Erster den Boden. Seine Landung wurde durch eine bartdicke Schicht Knötelmoos gedämpft, das in Massen am Fuß der Rohre wuchs und vermutlich
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