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Nimmerzwerg

Nimmerzwerg

Titel: Nimmerzwerg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
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hatten sie innerhalb kürzester Zeit den Trollmarkt erobert. Denn nur in den Tiefen der Trollhöhlen verbarg sich das, was sie brauchten, um die Sturmgluth, ihre elektrischen Laternen und einige andere Instrumente anzutreiben: Blitzbasalt.
    Davon besaßen die Trolle seit Urzeiten reichlich. Blitzbasalt aber konnten sie lediglich besitzen. Natürlich hatten sie ihn früher auch gefressen, aber es gab schließlich nichts, was die Trolle im Laufe ihrer Existenz nicht gefressen hätten.
    Es war jedenfalls nicht weiter schwierig gewesen, die Trolle davon zu überzeugen, dass Zwerge weitaus schmackhafter waren als Blitzbasalt oder auch die meisten toten Tiere, die sich im Halbdunkel finden ließen.
    Und sie versprachen den Trollen Zwerge im Tausch gegen Blitzbasalt. Zunächst konnten die Trolle die Zwerge in den Basaltminen schuften lassen. Und wenn sie schließlich zu alt für die schwere Arbeit wurden, konnten sie sie immer noch verspeisen.
    Die Piraten machten sich die Faulheit der Trolle zunutze. Neben ihren Launen und Vorlieben war dies die wichtigste Charaktereigenschaft der klobigen Unholde. Trolle wollten nämlich am liebsten fressen und besitzen, ohne etwas dafür zu tun.
    Andernfalls hätten sie die Siedlungen der Entzwergten auch selbst überfallen können, um ihre Speisekammern zu füllen. Aber das wäre ihnen zu anstrengend gewesen.
    Und darum servierten ihnen Schwartzbarth und seine Männer die Zwerge in Ketten. Auch die Tatsache, dass sie ihnen die Bärte schoren, hing nicht zuletzt mit den Trollen zusammen. Sie mochten keine Haare zwischen den Zähnen. Zumindest die, die noch Zähne hatten. Was angesichts der zahllosen Raufereien und verspeisten Steine freilich die Minderheit unter den Stinkschädeln war.
    Aber auch die Tatsache, dass Glimmspan die Trolle in den Gängen genau beobachtete und sie kannte, änderte nichts daran, dass den Stinkschädeln beim Anblick dieser zwergischen Delikatessenkette über kurz oder lang das Wasser im Mund zusammenlief und sie ihre übel riechenden Pranken nach den Sklaven ausstreckten.
    Zwar respektierten sie den Einohrigen wie einen der Ihren, doch unter gewissen Umständen hätten sie eben auch einem der Ihren den Schädel eingeschlagen, wenn es ums Fressen und Besitzen ging. Und der Anblick dieser aufgereihten bartlosen Leckerbissen war ein solcher Umstand.
    Glimmspan war das gewohnt. Den ein oder anderen Gefangenen musste man in der Regel opfern, um die Besitzverhältnisse klarzustellen. Jedes Mal aufs Neue. Denn in der nächsten Schicht hatten die Trolle es bereits wieder vergessen.
    Glimmspan kannte die Probleme, die Trolle mit den Begriffen „meins“ und „deins“ hatten. In ihrer Welt gab es nur „meins“ und „keins“. Wenn ein Troll etwas nicht besitzen konnte, dann war er in der Regel der Meinung, dass auch kein anderer es besitzen sollte. Aber für gewöhnlich ging ein Troll ohnehin davon aus, dass er grundsätzlich alles besitzen konnte.
    Deswegen waren den Trollen auch die Gesetze der zwergisch koordinierten Blitzbasaltwirtschaft nur schwer beizubringen gewesen. Wer einen Zwerg fressen wollte, musste dafür bezahlen. Aber es war jedes Mal nur eine Frage der Zeit, bis sich auf dem Weg zum Markt einer der Trolle berufen fühlte, einen der Gefangenen zu fressen, ohne dafür zu bezahlen. Eine Zeit lang konnte Glimmspan sie mit Blicken in Schach halten. Früher oder später aber griff doch einer zu. Die Magmapiraten waren noch nie ohne Verluste vom Schiff bis zum Markt gekommen.
    Und in dieser Schicht war es nicht anders.
    Der Markt war kaum noch drei Gangbiegungen entfernt. Sie hörten bereits die Schreie eifriger Trolle, die sich beim Anpreisen schimmligen Aases und bunter Steine zu übertreffen versuchten.
    Und dann geschah es. In einer Nische hockte ein Troll, der sich schlafend stellte und wartete, bis Glimmspan ihn passiert hatte. Kaum aber, dass Glimmspan und seine beiden Truhenträger an ihm vorbei waren, streckte der Troll die Pranke aus und pflückte einen der Gefangenen aus der Reihe.
    Ein Ruck ging durch den Kettenstrang, der nächste Zwerg wurde mit emporgerissen, und dann verschlang der Troll den ersten mit drei hastigen Bissen. Er wusste nämlich, dass er vielleicht nur einen halben Zwerg bekommen hätte, wenn er gekaut hätte. Er hatte oft genug gesehen, wie Glimmspan einem kauenden Troll ins Gesicht gesprungen war und ihm das Maul aufgehebelt hatte, um einen Rest der beschädigten Ware zu retten. Und das hatte der Troll sich gemerkt.

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