Ninis - Die Wiege der Baeume
griff in den dicken Zopf von Amun'ral und zog ihren Kopf in den Nacken.
„Manoos! Ich lie…”, brach Amun'ral mitten im Satz ab. Amone hatte ihr die Klinge in den Hals gestoßen und hielt nur noch den Griff in der Hand. Die Splitter des gläsernen Dolches steckten in der Wunde, das Gift rann ihre weiße Haut hinab. Die Augen der Besessenen flatterten und sie verlor das Bewusstsein. Im Takt ihres Pulses schwoll rotschwarzes Blut auf den Felsenboden. Nach nur drei Schlägen rann es nur noch still aus der Wunde. Vorbei! Der Dämon schwand in ihr und würde Siria dafür ewig verhöhnen! Amone hatte gewonnen!
Manoos tobte, er sah, wie ihr Körper leblos zusammensackte. Er bäumte sich auf, machtlos, durch den Knebel blieben seine Schreie stumm. Amone kam auf ihn zu und zog eine weitere Glasklinge aus dem Ärmel ihrer Robe.
„N O R!”
Die schwarzen Flammen der Kerzen erfassten Amun'rals Blut und gelbe Stichflammen schossen quer durch den Raum. Amone fuhr erschrocken zusammen und stürzte zu Boden. Die zweite Klinge zersprang auf dem Stein, auf dem sich deren Flüssigkeit dampfend auflöste.
„Din rei un se?”, klang es fragend aus den Flammen, in denen Amun'ral brannte. Siria fiel auf die Knie und lauschte der Stimme von Eterius. Sie sollte sie retten! Das Böse in ihr töten und ewigen Frieden schenken!
Amone flehte voller Furcht: „Eterius! Wir stehen in deiner Gnade. Wir haben heute einen bösen Dämon gerichtet. Er trachtete deinen Kindern nach dem Leben!”
„Jell un nirt listen? Könnt ihr nicht warten?” Die Feuergöttin klang ernst. „Ihr bringt sie in meinen heiligen Berg. Ihr lasst sie in meinem Feuer brennen. Um sie zu töten, bevor ich ihr Wesen erfahren habe?”
„Das konnten wir nicht wissen, Eterius! Sie war eine Gefahr für uns!”
„Amone! Das ist sie noch!” Ein Blitz zuckte durch die Höhle und schlug in Amun'rals Leichnam. Der Körper bäumte sich auf und zitterte im Licht. „Meine Flammen bannen das Leid in deinem Herzen, mit der Macht des Feuers sollst du leben!” Die Glassplitter und das Gift drückten sich aus der Wunde. Sie riss die Augen auf. Als ob Amun’ral zu lange unter Wasser verweilt hätte, schnappte sie nach Luft. Die Flammen hoben sie hoch, sie brannte, ihre weiße Patina löste sich auf. Rote, blaue und gelbe Runen huschten über ihre nun pechschwarze Haut.
Siria schluckte, hatte Eterius etwa gerade Amun’ral wiederbelebt? Und auch diesen Dämon? Der Schatten wurde wieder größer!
„Halion, hast du sie geschickt? Dein Plan ist gescheitert, dein kleines Spielzeug gehört jetzt mir! Ich verbrenne deinen Schatten aus ihrem Körper! Und wage es nie wieder, mir die Stirn zu bieten! Du kannst die Macht des Feuers niemals brechen!”
Halion, war das der Name des Dämons? Ihr schien der Name bekannt vorzukommen, nur sie konnte ihn keinem Erlebnis aus ihrem Leben zuordnen. Es war trotzdem eine Wohltat, ihn verbrennen zu sehen.
„Habe ich euch nicht genug beigebracht?”, warf ihnen ihre Feuergöttin wütend entgegen. „Eine schlichte Salzmagie der Sene führte euch in die Irre. Dieses kleine Volk ist gerissen, aber sie verfügen nicht über eure Kraft! Ihr seid mein erwähltes Volk und nicht die Sene!”
Siria folgte in diesem Moment nicht den Worten ihrer Feuergöttin. Mit den letzten Resten des Salzschildes, das Eterius von Amun'rals Körper brannte, sah sie deren Schatten so deutlich wie bei einem Blick durch ein nahes Fenster.
„Eterius, hilf uns, dein Wort auf ganz Ninis zu verbreiten. Wir sind deine treuen Diener, aber die Anzahl unserer Gegner ist gewaltig!”, sagte Amone demütig. Sie, Hasis und Feriosi verbeugten sich vor der Bewahrerin ihres Glaubens.
„Das Gleichgewicht der Elemente ist heilig! Ich werde meinen Berg nicht verlassen, um es zu brechen. Ihr seid meine Krieger, meine Botschafter auf Ninis, geht und verkündet mein Wort! Wer freien Herzens zu mir findet, den werde ich bewahren!”
Moresene! Siria sah das Salz und das Wasser. Sie sah das Leben unter der Wüste, den Reichtum und die Macht der Sene. Die Visionen ließen sie nicht los. Sie roch die Sonne, spürte den heißen Sand und schmeckte das Salz. Mit ihrem Geist schwebte sie durch Moresene. Sie sah Helowen, die Krieger der Sene und die Jel'nan. Sie sah auch die vielen Flüchtlinge, die zu Hunderttausenden im Moresene Zuflucht gefunden hatten. Hulunen, Litisen, Karnen, Renelaten und die letzten Lamenis. Sie erblickte Levinie, Verlia und Kiris. Sie sah Amun'rals Leben: Ihre Jugend
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