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Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Titel: Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Verpflichtungsknoten.“
    Darachel fühlte zwar eine oberflächliche Genugtuung bei diesen Worten, aber er vermochte kein wirkliches Gefühl der Zufriedenheit zu empfinden. Er spürte in seinem tiefsten Innern, dass all das mit Frieden nichts zu tun hatte. Er wusste nicht, was er davon halten sollte. Er konnte keinerlei Ahnung davon heraufbeschwören, was das alles ihm bringen würde. Ihm und seinem misslichen ungebetenen Gast: der Unruhe, die beständig in ihm wohnte.
    Er wusste nur, dass das, was Cianwe-Gauchainen zuletzt gesagt hatte, die dhau -Transienz zwischen ihm und dem Menschenmann nur noch vertiefte. Und somit auch jenes Vage, Ungewisse, das er dort zu spüren vermeinte.

    Was die Unterbringung des Fremden betraf, hatten sie bei ihrer Rückkehr nach Himmelsriff nicht geglaubt, eine Wahl zu haben. Der Zustand des Schwerverwundeten hatte Eile geboten – wenn sie ihn auch für kurze Zeit mit einem Webmuster in Stasis halten konnten.
    Daher hatten sie ihn so rasch wie möglich in einen der Räume bringen wollen, die auf das Tiefland hinaussahen. Dem mheé der Weite rechneten sie positive, heilsame Kräfte zu. Sie hatten ihn raschen Schritts durch die selten benutzten Durchbrüche getragen, die wie schmale Schnitte durch den dunklen Fels der Zwischenstrukturen verliefen und den Weg zwischen den mehrere Stockwerke durchmessenden Großen Korridoren, den Achsen des Hauptschiffs, um ein Wesentliches abkürzten. Die langen Wege, für die die Ninraé ansonsten alle Zeit der Welt aufbrachten, waren an diesem Tag nicht angeraten.
    Sie hatten ihm die Fetzen der schmutzigen, blutigen Kleider und die zerschlagenen Teile der Rüstung ausgezogen, ihn gewaschen und versorgt und dann aufs Bett gelegt. Nur das Schmuckstück, die Kette mit dem Ring, der nicht an seinen Finger passte, hatten sie um seinen Hals gelassen. Zum Glück war der Menschenmann nicht verstümmelt worden. All seine Glieder waren noch vorhanden, aber die Knochen der rechten Hand waren zertrümmert und beinahe der ganze Körper war rot und blau und lila von Blutergüssen und Quetschungen, zerschlagenes, rohes Fleisch, das von zahlreichen tiefen, klaffenden und kleineren Wunden gezeichnet war. Viele davon – die jüngsten und rohesten – waren Spuren der Stahlklauen des Kunaimra. Die Verletzungen waren schwer, genau so schwer, wie sie auch dem ersten flüchtigen Blick erschienen waren und hatten keinesfalls durch die Menge des Blutes übertrieben gewirkt. Die Entscheidung über Leben und Sterben des Mannes hing in leeren, grauen Räumen unentschiedenen Schicksals.
    Nach der heftigen Aussprache mit den Enthravanen ihres Konstellariums kehrte Darachel schließlich in den Raum zurück, in den sie den Menschenmann gebracht hatten. Er setzte sich ans Bett des Fremden, schaute ihn nachdenklich prüfend an, doch entglitt ihm bald sein Blick ins Ungewisse.
    Bruc hatte ihn, nachdem sie die Kammer der Enthravanen verlassen hatten, beiseite genommen. Er hatte ihm die Hand fest und kameradschaftlich auf die Schulter gelegt und ihn in den Schatten einer Säule geführt.
    „Was ist dort oben auf dem Plateau geschehen? Du hast etwas getan, in die Zwischenschichten hinein, und es hat einen Blitz gegeben. Das hat den Kampf gewendet.“
    Er erwiderte Brucs festen Blick. „Ich weiss es nicht“, musste er ehrlich zugeben. „Ich habe etwas getan, aber ich weiss nicht, was es war. Es war etwas Unbewusstes, Instinktives.“
    Er schwieg einen Moment, hing der Erinnerung an diesen eigentümlichen Moment des Umschwungs, des Spüren und Handelns nach.
    „Aber ich werde darüber forschen und es herausfinden“, fuhr er schließlich fort. „Ich glaube, das ist genau so wichtig, wie über den Menschenmann an Informationen über eine mögliche Gefahr zu gelangen. Aber beides erfordert Zeit, wenn man es ernst nimmt und zu Ergebnissen kommen will, die etwas bedeuten.“
    „Meinst du, dass wir diese Zeit haben?“, fragte Bruc.
    „Was für eine seltsame Frage für einen unserer Art“, gab Darachel zurück. „Bist du dir sicher, nicht ebenfalls ein Irrgeist zu sein?“ Er wusste zwar in Bruc einen Freund, trotzdem war er erleichtert zu sehen, wie sich zur Antwort ein feines Lächeln um dessen Mund formte. „Wir haben immer geglaubt, Zeit im Übermaß zu haben, denn wir folgen anderen Rhythmen als die Neuen Menschen. Warum sollte es diesmal anders sein? Lass uns darauf hoffen. Lass uns aber vor allem darauf hoffen, dass der Menschenmann lange genug am Leben bleibt, um unsere Fragen

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