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Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Titel: Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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er schließlich lebte oder starb –,   neben   den Informationen über eine dort draußen lauernde Gefahr auch ein wenig von seinem Leben und der Welt der Menschen erzählen können.

Die Feste schwankender Gewissheiten

    „Ich hasse diese Barbaren.  
    Ich hasse dieses stumpfe Volk, dem in seinem lebensfeindlichen Land unter einem düsteren Himmel nichts Besseres einfällt, als anderen oder sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen und das dann auch noch, mangels anderer Verdienste, als Heldentaten darzustellen.  
    Ihren ganzen Frust, ihre Unwissenheit und Primitivität lassen sie als Aggression gegen die Menschen anderer Stämme oder anderer Dörfer ab, die ihnen schon allein dadurch hassenswert erscheinen, dass sie sich mit einem Fusel, der einen anderen Namen trägt als der ihre, die Birne zuknallen, sich das Fett von anderen Tieren in die Haare schmieren oder anders stinken oder es einfach nur gewagt haben, in einem anderen Dorf als dem ihren geboren zu sein. Das, was sie dann im Rausch ihrer vollkommen durchgedrehten und enthemmten Brutalität verbrechen, nennen sie Heldentaten und feiern es am Lagerfeuer, während sie sich mit anderen Asozialen, die dann allerdings genauso stinken wie sie und sich das gleiche Tierfett in die Haare schmieren, mit dem Fusel, der den alten, vertrauten und dadurch einzig gerechtfertigten Namen trägt, den Schädel wegdröhnen. Oder ihre Totschlägereien und Vergewaltigungen dann auch noch in Sagas besingen.  
    Ich hasse ihren Stumpfsinn, ihre Brutalität und ihre Ignoranz.“
    Auric spürte die geisterhaften Erinnerungsfetzen langsam verblassen. Die Bilder und mit ihnen das Feuer, das seine Rede angefacht hatten, vergingen, bis nur noch die leise, untergründig faulige Bitterkeit blieb, die niemals fort ging und die der Geschmack einer Dunkelheit war. Er hatte wieder Augen für seine Umgebung, den düsteren gewölbeartigen, verrauchten Schankraum, das Wimmeln der Gäste im Hintergrund, das Gesicht seines Gegenübers an dem kleinen Tisch. Er sah den verschleierten Ausdruck, der sich auf dessen Gesicht breit gemacht hatte, ein glasig, dumpf verklärtes Starren aus Maulwurfsaugen, den Kopf zwar in Aurics Richtung gedreht, den Blick aber blind ins schummrige Licht hinein. Leicht blinzelnd wandte er seine Aufmerksamkeit jetzt wieder Auric zu, strich sich durch den Stoppelbart und zog über zusammengezogenen Brauen die Stirn kraus.
    „Willst du mich verarschen? Du bist doch auch einer von denen.“ Er musterte Auric aus zusammengekniffenen, rot geränderten Augen. „Du kommst doch auch aus Valgarien. Das hast du doch selber gesagt.“
    „Ja, komme ich.“ Auric lehnte sich mit einem bitteren Grinsen zurück. „Aber ich bin dort weggegangen, sobald ich nur konnte. Sie sind dageblieben.“ Er hob die Hand in einer Geste, welche die klare Schlüssigkeit seiner Argumentation unterstreichen sollte. „Also: Ich bin keiner von ihnen.  
    Wäre ich genau wie sie dageblieben, glücklich wie ein Igel mit Flöhen, dann hättest du Recht, dann wäre ich einer von ihrer Sorte, durchgefärbt bis in die Wolle. Dann dürftest du mich mit Fug und Recht einen unzivilisierten Skrimaren aus dem tiefsten Valgarien nennen.“
    Der Mann aber sah ihn nur weiterhin mit säuerlich skeptischem Blick an. Er hatte sich Auric als ein Steinmetz vorgestellt. Bei den ersten Worten, die sie gewechselt hatten, war er Auric als ein kultivierter Vertreter eines bürgerlichen Standes erschienen, wert eines Gespräches und einer Kneipenbekanntschaft. Eigentlich musste jemandem wie ihm doch diese Verschiedenheit, ja diese Diskrepanz von Geburtsort und Gesinnung verständlich zu machen sein.  
    Der Steinmetz, durch seine Argumentation einen Moment zum Schweigen gebracht, ließ nicht ab: „Aber trotzdem. Du bist doch da geboren. In Valgarien. Also bist du ein …“
    Auric schob seinen Stuhl beiseite und stand auf, klopfte dem Mann auf die Schulter. „Lass gut sein. Ich hol uns jetzt noch ein Bier, und dann erklär ich dir‘s noch mal. Wenn es sein muss.“
    Seufzend griff er sich ihre leeren Krüge, wandte sich zur Theke.

    Darachel hörte an seinem Pult stehend ein leises Murmeln.
    Er blickte von seinen Aufzeichnungen auf und zu dem Menschenmann hinüber.
    Tatsächlich, seine Lippen bewegten sich, er murmelte etwas Unverständliches, ein kurzes erregtes, verwaschenes Stammeln wie zu sich selber, als triebe ihn etwas im tiefen Schlaf seiner Bewusstlosigkeit um. Ein Traum, Gestalten, die durch seinen Geist

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