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Ninragon - Homunkulus

Ninragon - Homunkulus

Titel: Ninragon - Homunkulus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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jetzt, während er die Formeln intonierte, die ihm halfen, die Symbolketten zu aktivieren, wurde der Blick von den auffällig großen oberen Schneidezähnen angezogen, die in der Mitte eine charakteristische Lücke aufwiesen. Schweißtropfen perlten über die eiglatte Haut seines Gesichts hinab.
    Abrupt wandte sich var’n Sipachs Blick vom Studium der Physiognomie des Menschenmagiers ab. In dessen Rücken hatte eine plötzliche Bewegung seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
    Eine Bewegung und ein Schrei.
    Was war das? Gestalten. Menschen. Die in den Ruinendom stürmten. Auf sie zu.
    Was, in des Drachen Namen, geschah hier?
    Die vermummten Verschworenen hatten es ebenfalls bemerkt. Sie griffen zu ihren Waffen.
    Bek Virdamian sah ihre Reaktion, die Verwunderung darüber zeichnete sich auf seinem haarlosen, bleichen Antlitz ab. Langsam, zögernd drehte er sich um seine Achse, um zu sehen, was dort in seinem Rücken vor sich ging.
    Das war ein Haufen von Milizionären, der da über den Boden der Halle hinweg, über Trümmerbrocken hinwegsetzend, auf sie zustürmte.
    Sie schossen ihre Armbrüste ab, und die Bolzen schossen über ihre Köpfe hinweg, prallten klackernd von den Wänden ab.
    Die Verschworenen seines Klingensterns gingen in Deckung und erwiderten das Feuer.
    Var’n Sipach duckte sich rasch nieder, kroch die wenigen Schritte geduckt vorwärts, in den Schutz der Formation von Steinbrocken hinein, welche die altarähnliche Basis bildeten, auf der die riesige Schale mit dem Jinsai ruhte.
    Ausgerechnet, überlegte er, die Knie angezogen und mit dem kantigen Stein im Rücken. Er durfte sich auf keinen Fall entdecken lassen. Vor diesen Menschen hatte er keine Furcht. Aber es durfte, nicht einmal über einen dummen Zufall, ein Wort über seine Beteiligung an diesen Vorgängen nach draußen dringen. Das war der heiklen Stellung seines Amtes geschuldet, seiner Exponiertheit und der damit verbundenen Neutralität, die ihm das abforderte. Wenn ruchbar würde, dass er dieses kleine Geheimprojekt hier verfolgte – auch wenn es zum Besten für das gesamte Kinphaurentum und einer gemeinsamen Zukunft der beiden Rassen in Rhun war –, dann machte ihn das angreifbar.
    Und er wusste, wie sehr alle um ihn herum nur auf eine Blöße warteten, eine Bresche, in die sie die Klinge ihrer Ränke treiben konnten. Das käme äußerst ungelegen, gerade in einem Moment, wo er dabei war, an zwei Fronten gegen den Klan Vhay-Mhrivarn einen entscheidenden Schlag zu führen.
    Nur sein Klingenstern war zu unbedingter Loyalität gegenüber seiner Person, gegenüber dem Ersten ihres Klans verschworen. Alle anderen waren Gegner und Instrumente.
    Er wollte sich aus reiner Gewohnheit seine Haare zur Seite streifen, und die Finger seiner Hand berührten dabei die glatte Oberfläche der Drachenhautkappe, die sein gesamtes Gesicht bis auf den Visierausschnitt bedeckte. Fast hätte er vergessen, dass er vermummt war. Er war unter dem Drachenhauthelm nicht zu erkennen. Genau wie die Verschworenen seines Klingensterns.
    Nun dann.
    Er drehte sich in der hockenden Stellung, erhob sich und spähte über den Rand des Steinbrockens hinweg.
    Seine Leute lieferten sich noch immer mit den Angreifern einen Schusswechsel über die Entfernung hinweg. Das war Miliz. Die meisten trugen Uniformen. Der rotblonde, kurze Schopf da vorn. Eine Frau. Sie rief Befehle. Das konnte nur diese Kuidanak sein. Wie kam die hierher? Wie hatte sie hiervon Wind bekommen können. Hatte er nicht Kylar Banátrass mehrfach ultimativ aufgefordert, sie von den Ermittlungen in dieser Sache abzuziehen.
    Egal. Jetzt war sie hier. Und kam ihm in die Quere.
    Und egal, welche Sympathien er ansonsten für sie hegen mochte, hier und jetzt musste er sie davon abhalten, seine Pläne zu durchkreuzen.
    Wer ihm in die Quere kam, musste sterben.
    Egal ob durch seine Hand oder die eines anderen.
    Kutain Veren lag tot in seinem Blut.
    Banátrass starrte auf die reglose Gestalt hinab, tat sich den Anblick an, die leeren, blutigen Augenhöhlen, die klaffende Brustwunde aus der das Blut noch immer herausströmte, weil ihn das von dem ablenkte, was der Ankchorai mit dem Leibwächter des Toten machte.
    Der war ein Idarn-Khai, und von denen hatte er viel gehört: dass sie eine Kriegerkaste oder vielmehr ein Kriegerkult waren, deren Angehörige auf vielfältige und geheimnisvolle Arten ihren Körper vervollkommneten und stählten. Doch anscheinend hatte das den Mann nicht gegen das immun gemacht, was der

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