Ninragon - Homunkulus
hatte sich verändert und änderte sich ständig.
Der Mond war jetzt am Nachthimmel nur mehr eine gelblich gärende Präsenz hinter schweren Wolkenschichten, als sie sich auf der weiten Fläche vor dem turmartigen Gebäude sammelten, in dem die Verwandlung laut Miriks Angaben stattfinden sollte. Es war in dem spärlichen Licht wenig mehr auszumachen als die dunkle, säulenartig aufragende Masse des Gebäuderelikts, ihre Basis breit wie ein Palast der heutigen Zeit, und ein paar gewaltige Trümmerbrocken ringsumher, so als hätte ein Riese Teile aus dem Ruinentorso herausgerissen und wild in die Umgebung geworfen.
Nicht einmal wo der Zugang zu diesem Turmbauwerk des alten Tryskenon sein sollte, war von hier aus zu erkennen.
Um ihren Kader herum scharten sich die restlichen Milizionäre, etwas weniger als zwei Zwölfschaften, das sah sie jetzt, eben die, die ihre Leute zu dieser späten Stunde hatten zusammentreiben können.
»Weiß man, wer bei der Verwandlung anwesend sein wird?«, fragte sie. »Ich meine, außer diesem Magier des Einen Weges. Was ist mit diesem Paten der ganzen Aktion? Wird er dabei sein?«
»Na, der Magier muss ja wohl dabei sein«, meinte Mercer. »Von dem Paten wusste Mirik nichts. Auch sonst nicht viel. Außer dass sie vor Morgengrauen alles hier abholen, verpacken und abtransportieren sollen.«
»Wir wissen also nicht, mit wem wir es da drinnen zu tun haben? Nicht wer? Nicht wie viele?«
»Nicht den geringsten Schimmer, wer uns da drinnen erwartet.« Sandros hob abwägend die Handflächen. »Sie denken, es ist eine Aktion, die geheim bleibt. Und vom Ort her ist es so gewählt, dass niemand durch Zufall darüber stolpern kann. Dürften sich also ziemlich sicher wähnen. Also wird es nur eine kleine Truppe zum Schutz der Aktion geben.«
»Und wer soll das sein?«
»Schätze mal, welche von der Hausarmee des Einen Weges. – Wenn’s schon ein Magier aus ihrem Haufen ist.« Sandros zuckte die Schultern. »Das ist das Problem. Wir wissen nicht, wer letztendlich hinter dieser ganzen Sache dahintersteckt. Also wissen wir auch nichts über die Hintergründe und Motive.«
War ja nichts Neues. Hatten sie in den Katakomben unter der Haikirion-Kirche auch schon gehabt. Und damit hatte die ganze Sache angefangen.
Sie wog die Armbrust in ihrer Hand, schob ein Bolzenmagazin in den Schlitz und ließ es klackend einrasten. »Okay, dann lasst uns keine Zeit verschwenden sondern jetzt da rein gehen. Dann erfahren wir’s.«
Und erfahren hatte sie heute schon eine ganze Menge. Sie spürte, wie sie heftig mit den Zähnen knirschte, als eine neue Welle der Wut sich in ihr aufbaute.
Klarer Kopf , sagte sie sich. Den brauchst du, wenn du da rein gehst. Zumindest eine Spur davon.
»Wo ist der Führer?« Sie schaute über ihre Schulter. «Wenn er uns führen will, sollte er auch nach vorne kommen.«
Sandros schob einen Mann vor. Danak sah in ein knochiges, hohläugiges Gesicht.
Der Mann nickte ihr zu, sie deutete ein knappes Antwortnicken an.
Und wer war das jetzt? Alter Bekannter hatte Sandros gesagt. Aus welchem Lager? Ein alter Bekannter von vor oder nach Sandros Verrat. Was für eine morsche Welt. Klann …
»Na, dann los.«
Ihr Führer ging ihnen voran ins Dunkel hinein.
Sie merkte, wie Sandros ihm folgen wollte, an ihr vorbei. Eine heiße Wut glomm in ihr in diesem Moment hoch, stieg auf aus dem weidwunden, zerrissenen Gewebe, das ihre Seele war. Sie packte ihn mit einer Hand an der Schulter, hielt ihn auf.
Ihr Gesicht kam dem seinen so nahe, dass sie seinen Atem auf ihrer Haut spürte, kam ihm so nahe, dass sie nur noch seine fragend mit den ihren verschränkten Augen sah.
»Und? Können wir ihm trauen?« Ein Flackern in Sandros Blick. »Oder wird er uns auch nur gezielt dorthin führen, wohin man uns haben will?« Und weil die Wut in ihr kochte, zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor: »Wird er auch in kinphaurischer Münze bezahlt?«
Sie sah ihm an, wie bei ihm die Sautine fiel. Er sah sie aus Wolfsaugen an, etwas zuckte um seinen Mund.
Sie ließ ihn abrupt wieder los, stieß ihn von sich weg und folgte dem Schatten ihres Führers, der bereits auf den dunklen Umriss des Gebäudes zuging. Stiefelgetrappel zeigte ihr an, dass die anderen ihr folgten. So drangen sie in den Schatten des geborstenen Titanen ein. Tryskenon, ein alter Name. In ihm hallte nur noch ein Versprechen an das Erbe alter Zeiten. Eine wirkliche Bedeutung hatte er nicht mehr. Dies waren die Ruinen unter dem
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