Nixenfluch
langsam. »Ich kann nicht sicher sein. Dennoch muss ich es tun.«
»Diesmal wirst du aber ohne meine Vogelbeeren reisen.«
»Das weiß ich.«
Granny Carnes Gesichtszüge entspannen sich. Als sie lächelt, sehen ihre Falten wie die Furchen eines ausgetrockneten Flussbetts aus.
»Nun denn, mein Mädchen«, sagt sie. »Du tust, was du tun musst, und weder Himmel noch Hölle können dich davon abbringen, nicht wahr? Geh auf die große Reise, Sapphire, und kehre danach zu mir zurück, um mir zu erzählen, was du erfahren hast.«
Dreiundzwanzigstes Kapitel
U nd plötzlich hat sich alles wieder geändert.
Conor geht nicht nach Australien. Als ich von Granny Carne nach Hause kam, erzählte ich ihm sogleich, dass ich es mir anders überlegt hätte und nicht mitkommen würde. Stattdessen würde ich drei Monate bei Rainbow verbringen.
»Nein, wirst du nicht«, entgegnete er.
Bevor ich aus der Haut fahren konnte, gab er mir die Erklärung. Auch er hatte nachgedacht. Nach einem ausführlichen Gespräch mit Mum und Roger über ihre genauen Pläne hatte er einen langen Spaziergang gemacht und über alles gründlich nachgedacht.
»Ich war bei Granny Carne«, sagte ich. »Ich musste mit ihr reden.«
»Ich musste allein sein. Ich will meine Entscheidungen nicht von anderen abhängig machen. Schließlich bin ich älter als du, Saph.«
Conor erzählte mir, was ihm während des Spaziergangs durch den Kopf gegangen war. Australien hatte sich zunächst großartig angehört. Die Reise, die neuen Erfahrungen, Tauchunterricht bei Roger … Doch irgendwas hatte ihm keine Ruhe gelassen.
»Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es nicht richtig ist, dass wir dort alle als eine Familie hingehen. Du weißt, dass ich Roger mag. Ich war nie gegen ihn, so wie du. Aber er ist nicht Dad und wir sind keine Familie, nicht wirklich. Ich meine, hier kommen wir alle ganz gut miteinander aus, aber dort drüben hätten wir nicht unsere gewohnte Schule und unsere Freunde und all die anderen Dinge. Wir hätten nur einander. Wenn ich fünf Jahre alt wäre und du drei, dann könnten wir in diese neue Familie hineinwachsen, aber so ist es eben nicht.
Mum sollte gehen, nicht wir. Sie hat es verdient, dort eine schöne Zeit zu verbringen, nach allem, was sie durchgemacht hat. Und weißt du was, Saph, ich glaube, sie wird eine noch schönere Zeit haben, wenn wir nicht dabei sind. Zumindest, solange sie sicher sein kann, dass es uns hier gut geht und sie wegen uns keine Schuldgefühle haben muss.«
»Du weißt doch, wie Mum ist. Wenn wir nicht mitkommen, wird sie sich sowieso schuldig fühlen.«
»Nicht, wenn wir es richtig anpacken.«
Fast zwei Stunden haben wir darüber geredet, haben alle Argumente hin und her gewendet. Am Anfang hatte ich die Befürchtung, dass Conor mir nicht die ganze Wahrheit sagt und mir zuliebe auf Australien verzichtet. Anscheinend hatte er mir sofort angemerkt, dass ich keine Lust darauf habe, obwohl ich versuchte, mir das nicht anmerken zu lassen. Doch Conor sagte, er habe seine Entscheidung völlig unabhängig von mir getroffen.
»Wir haben hier noch einiges zu erledigen. Da ist die Sache mit Dad. Wir können jetzt nicht einfach von hier fortgehen.«
»Ich dachte, du hättest Dad aufgegeben.«
Conor errötet. »Das habe ich nie getan, okay? Ich glaube nicht, dass er ein Gefangener ist, so wie du, aber ich will ihn sehen. Mit ihm reden.«
Außerdem ist da noch Elvira , denke ich. »Vielleicht kannst du auch von Australien aus nach Indigo kommen«, sage ich laut.
Conor seufzt ungeduldig. »Darum geht es doch nicht, Saph. Was ich meine, ist, dass unser Leben hier stattfindet. Hierist unser Zuhause. Alle entscheidenden Dinge in unserem Leben haben sich hier abgespielt. Nach Australien abzuhauen, ist keine Lösung.
Da kann ich auch später noch hingehen, nach der Schule. Aber dann mit ein paar Freunden zusammen, mir einen Job suchen, unabhängig sein … So lange dauert das ja nicht mehr. Versteh mich nicht falsch, ich mag Roger, der ist schon in Ordnung, auch wenn du da anderer Meinung bist.«
»Ich hasse ihn nicht mehr, Conor. Ich finde es sogar …«
»Sogar was?«
»Sogar ganz schön, wenn er hier ist. Wenn das mit Dad nicht wäre …«
»Ja, Roger ist okay. Aber ich will nicht von ihm abhängig sein.«
»Solange ich es nicht bin, die dich festhält.«
»Das tust du nicht, Saph. Du bist zwar manchmal ein Albtraum, aber du hältst mich hier nicht fest.«
»Wann willst du es ihnen sagen?«
»Heute
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