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Nixenfluch

Nixenfluch

Titel: Nixenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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nicht sicher. Sadie keucht, als hätte sie sich an einem heißen Tag völlig verausgabt.
    Granny Carne erreicht die Mitte des Kreises. »Komm her zu mir, Sapphire«, sagt sie, »doch bleibe in meinem Schatten.« Sie blickt sich über die Schulter. Der Eingang zum Steinkreis liegt hinter uns, die Sonne kommt direkt von vorn.
    »Sonne und Eingang bilden eine Linie«, murmelt Granny Carne. »Bauch der Erde, öffne dich.«
    Sie tritt einen Schritt von der grasbewachsenen Mitte zurück. Ein dunkler Punkt wird im Gras sichtbar. Er öffnet sich, bis er so groß ist wie eine Faust. Die Dunkelheit breitet sich weiter aus, bis sie Granny Carnes Füße erreicht. Ich muss daran denken, wie der Krake sich selbst verschluckt hat und wie die Gezeiten sich im Gezeitenknoten zusammenrollten.
    »Schau nach unten«, fordert Granny Carne mich auf.
    Weit unter mir in der Tiefe, unzählige Kilometer im Inneren der Erde, brennt ein Feuer, rubinrot, scharlachrot, gelbgold. Ist es ein Feuer oder sind es Edelsteine? Ich weiß, dass die Erde voller Edelsteine ist.
    »Feuer«, sagt Granny Carne. »Feuer lebt in der Erde. Feuer nährt die Erde. Bleib in meinem Schatten, sonst wird der Kreis dich verschlucken.«
    Der tiefe, heiße Geruch der Erde treibt mir entgegen und steigt in meine Kehle. Es ist so dunkel dort unten, schrecklich dunkel, doch im Herzen der Finsternis funkelt das Feuer, als bestünde es aus Edelsteinen. Noch einmal atme ich ein und beginne zu husten.
    »Geh zurück, Sapphire!«
    Wir treten zurück. Sadie krümmt sich in Granny Carnes Schatten zusammen. Ein schimmernder milchiger Dunst scheint über dem Gras zu liegen. Meine Augen brennen, und als ich das nächste Mal einen Blick auf das schwarze Loch werfe, hat es sich geschlossen, ohne die geringsten Spuren zu hinterlassen.
    Wir treten rückwärts aus dem Steinkreis heraus.
    »Viele sind im Lauf der Jahre durch dieses Tor gegangen, hinein in die Erde«, sagt Granny Carne. »Doch niemand versucht dies jetzt. Denk daran, dass Sonne und Tor eine Linie gebildet haben, die du immer finden wirst.«
    Ich schaudere. Ich will diese Linie nicht wiederfinden. »Du hättest es Conor zeigen sollen, nicht mir«, entgegne ich. »Er hat viel mehr Erde in sich als ich.«
    »Er hat gemischtes Blut, genau wie du. Vielleicht nicht zu denselben Anteilen, doch ist es auch gemischt. Das weißt du. Er könnte den Erdanteil in sich so stark werden lassen, dass sein Meranteil zugrunde ginge, so wie du es zulassen könntest, dass dein Meranteil alles andere ertränken würde.
    Du und Conor und Mathew und all die anderen – niemand weiß, wie viele es sind –, ihr habt alle gemischtes Blut. Deshalb kann ich dir zeigen, was ich dir gerade gezeigt habe. Deine Freundin Rainbow würde ich nicht durch den Nabel der Erde schauen lassen, denn sie würde sofort hineingehen. Sie gehört der Erde an, und die Erde würde sie für sich beanspruchen. Aber dein Merblut hält dich zurück.
    Du glaubst, dass der Krake schläft und alles in Ordnung ist, aber das ist es nicht, mein Mädchen. Die Erde war nie sosehr in Gefahr wie heute. Für Indigo gilt dasselbe. Dass sich der Gezeitenknoten gelöst hat, war nur ein Zeichen. Saldowr weiß das. Er kennt sein Element, so wie ich meines kenne. Sturmfluten, Feuersbrünste und vergiftete Meere sind nur Zeichen.
    Du glaubst, die Wahl besteht darin, ein Mer oder ein Mensch zu sein. Aber das stimmt nicht, mein Mädchen. So wird keine Heilung herbeigeführt. Du glaubst, man müsse sich nur für eine Seite entscheiden, und schon ist man in Sicherheit. Aber das ist ein Irrglaube. Es sind Leute wie du, die den Schlüssel zur Zukunft in ihren Händen halten. Doch jetzt sieh dich an. Du willst deinen Erdanteil einfach beiseiteschieben.«
    Granny Carne verwandelt sich vor meinen Augen. Sie ist keine alte Frau in schäbigen braunen Kleidern mehr. Hoch aufgerichtet steht sie da, wie eine Prophetin. Ihre bernsteinfarbenen Augen blitzen, und für einen kurzen Moment sehe ich, was ich früher schon einmal gesehen habe: Ihr Körper strafft sich, ihre Haare werden dunkel und glänzend, ihre Haut ist plötzlich so glatt wie Seide. Als sie sich bückt, wirkt sie so elastisch wie ein junges Mädchen. Sie hebt ein gewundenes Wesen auf, das zu ihren Füßen gelegen hat. Es ist eine Kreuzotter.
    Ich möchte aufschreien oder sie warnen, sie solle vorsichtig sein, doch ich bin wie gebannt. Die Schlange hebt ihren Kopf. Sie befinden sich jetzt von Angesicht zu Angesicht, die Schlange und Granny

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