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das gefräßige Paris
verleibte sich Mitte des vergangenen Jahrhunderts das üppig gewachsene
Weindörfchen ein, mittlerweile auch ein vielbesuchter Wochenendtreff für das
Bürgertum der Stadt. Die Flußschiffer der Seine ankerten hier, eine Reihe von
Guinguettes, von Weinschenken mit Tanzbelustigungen, ließen sich hier nieder,
selbst so berühmte Maler wie Monet und Renoir zog es an den Quai de Bercy, dem
Jahrzehnte später Maurice Chevalier eines seiner populärsten Chansons widmete.
Aber da die „Qualle namens
Paris“, wie ein Kritiker die ausufernde Stadt einmal nannte, immer weiter nach
außen drängte, immer heftiger in fremdes Fahrwasser geriet, blieb das
40-Hektar-Idyll in den unersättlichen Expansionsplänen der Stadtarchitekten
nicht ungeschoren. Das Todesurteil über Bercy war gesprochen, als in
unmittelbarer Nachbarschaft der voluminöse Sportplast vorgezeichnet war, der
Kernstück der Planungen für künftige Olympische Spiele sein sollte, die nun
doch nicht in Paris, sondern in Barcelona stattfinden werden. Der Palais de
Bercy mutet an wie ein rasenverkleideter Grabhügel, ein Mausoleum für das zum
Tode verurteilte Weindorf von Bercy. Daß nun auch noch das neue
Finanzministerium dort angesiedelt werden soll, mag Ironie des Schicksals sein
— die Steuereintreiber, die früher keinen Zugriff hatten auf die extra muros
liegenden Lagerbestände, haben nun doch indirekt zum Siechtum von Bercy
beigetragen, nachdem man ihre seit Generationen angestammte Dienststelle vom
Louvre ausgelagert hat an den Rand der Stadt, eben nach Bercy.
Wir leben in den achtziger
Jahren, in einer Zeit, da man nicht mehr ganz so rücksichtslos wie vor 15, 20
Jahren an den Relikten früherer Zeiten vorbeigeht. Deshalb wird man wohl einen Rest
von Bercy stehen lassen. Ein paar verlassene Gebäude und Bruchbuden aufpäppeln
und zur neuen Touristen-Attraktion machen. Schaut her: Paris hat ein Herz! Die
Platanen werden nicht gefällt, oder nicht alle jedenfalls, oder nicht die
Kastanien, Geschäfte werden sich mit den Ruinen allemal machen lassen.
Vorerst steht der Zaun. Die
Tore sind geschlossen, die Weinhändler abgewandert. Abgesang für Bercy und das
an allen Ecken und Enden malträtierte 12. Arrondissement, das nicht mehr zum
Zentrum zählte und noch nicht zur Vorstadt.
Ein paar hundert Meter sind es
nur von der Gare de Lyon zum Sportpalast von Bercy. Die mit hohem
Millionenaufwand überdachte Arena ist Schauplatz von Fußball-Turnieren,
Sechs-Tage-Radrennen und auch mal einer pompös angelegten Oper.
Ein elektronisch aufbereiteter
Jahrmarkt unserer Tage. Ein paar Schritte nur und die Metro schluckt Tausende, um sie ein paar Minuten später wieder auszuspucken. Die Gare de Lyon
schickt die Angereisten in die Provinz zurück und vielen mag es so ergehen wie
der Familie Perrichon, die der Komödienschreiber Labiche auf ihren Zug warten
läßt und dem entnervten und überforderten Familienvater das Schlußwort vor der
Abreise erteilt: „Gehen wir, die Eindrücke erledigen wir später.“
Peter Stephan, im März 1987
Anmerkungen des Autors
1. Kapitel:
Ziemlich
mysteriöse Geschichte : Anspielung auf ein Abenteuer
von Nestor Burma, Originaltitel „Le Cinquième Procédé“. Grand prix de
littérature policière 1948. (vergriffen)
Anmerkungen des Übersetzers
1. Kapitel:
PLM (Paris-Lyon-Méditerranée): Name
einer früheren Eisenbahngesellschaft für die entsprechende Strecke.
Tour Pointue : Polizeidienststelle im Palais de Justice am Quai de
l’Horloge.
2. Kapitel:
Foire du Trône
millénaire : Eines
der ältesten Volksfeste in Paris.
Hundert Francs : Bei allen
Geldbeträgen, von denen im Laufe des Romans die Rede ist, handelt es sich um
Alte Francs.
4. Kapitel:
Morgue : Gerichtsmedizinisches
Institut und Leichenschauhaus in Paris. Heute „Institut Médico-Légal“.
7. Kapitel:
Quai des Orfèvres : Sitz der
Kriminalpolizei in Paris.
Santé : Zentralgefängnis
in Paris.
11. Kapitel:
Delay , komischer
Name: délayer heißt
u.a. „mit Wasser verdünnen“.
Straßenverzeichnis
P 20/21
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Q 26
Rue Albert-Malet
Q 20
Place de la Bastille
P 24
Avenue de Bel-Air
Q/R
21/22 Boulevard de Bercy
R23/24
Rue de
la Brèche-aux-Loups
P 21
Passage Brunoy
R 24
Rue Cannebière
P/Q 21
Rue de Chalon
S 23/24
Rue de Charenton
R 24
Rue Claude-Decaen
R24/25
Avenue Daumesnil
P 20-23
Boulevard Diderot
R 23
Rue de la Durance
Q 26
Avenue Emmanuel-Laurent
Q/R 24
Place
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