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No Sex in the City

Titel: No Sex in the City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Fauna jedes Areals, ihre jeweilige Bedeutung und ihren Nutzen für die Forstwirtschaft, dann die Aufgaben der Wildhüter und der Baumchirurgen. Katie war erstaunt, wie interessant das alles war und wie viele Leute für Harry arbeiteten. Sie konnte sich sogar die Bemerkung verkneifen, dass ihre Mutter sie immer gern mit einem Arzt verheiratet gesehen hätte.
    »Die Baumchirurgen bekommt man nie zu Gesicht«, sagte Harry. »Sie sind nicht gerne im Haus. Sie streifen umher wie Panther. Willie Mac schläft öfter in seiner Schutzhütte als daheim.«
    »Was ist eine Schutzhütte?«
    »Eine kleine Hütte im Wald. Nicht gerade fünf Sterne, aber manchen reicht’s. Es ist ruhig.«
    »Der Wald ist nicht ruhig«, sagte Katie. »Überall krächzt und raschelt es. Ich meine ... klar, so ist das nun mal in der Natur und so«, ergänzte sie und wurde sich bewusst, dass sie ein wenig unempfindlicher werden und sich schnellstens an das Landleben gewöhnen musste. »Nicht angsteinflö-ßend oder so.«
    »Weiß nicht«, sagte Harry. »Wir haben viele Keiler hier und denken, dass wir sie vielleicht wegbringen sollten. Wölfe auch. Und Nattern.«
    »Vielleicht bleibe ich einfach im Auto«, erklärte Katie, deren Entschlossenheit sich soeben verflüchtigte.
    Als sie schließlich meilenweit von der Stadt und auch offenbar von jedem lebenden menschlichen Wesen entfernt waren, fuhr Harry mit dem Landrover durch einen Fluss hindurch und hielt dann an.
    »Hier«, sagte er.
    Das Nachmittagslicht hing in den Baumspitzen, die hier und da den ersten Grünschimmer zeigten, fernes Versprechen eines Frühlings, der sich noch gut versteckte. Das hier war kein sorgfältig bewirtschafteter Wald wie die endlosen Gebiete, die sie soeben durchfahren hatten. Er war ursprünglich und wild. Wurzeln verschlangen sich ineinander, und dichte Schichten Laub verrotteten auf dem Boden. Überall und fast in greifbarer Nähe schien Leben zu sein, ein schneller Silberstreif im Strom, ein Rascheln im Unterholz, ein Aufblitzen stechender gelber Augen.
    »Wow!«, sagte Katie und stieg aus. »Wo ist das Knusperhäuschen?«
    Sie war froh, dass sie vor ihrer Abreise die festen Stiefel gekauft hatte, in Soho beim Reiseausstatter, den sie zuvor immer nur den Großen Verrücktenausstatter genannt hatte.
    Bei jedem Schritt raschelten die Blätter unter ihren Füßen.
    »Sch, Schsch!«, machte Harry, packte sie am Arm und zeigte auf etwas. Aus dem Wald stieg im Licht der untergehenden Sonne groß und golden ein Turmfalke auf. Als hätte er sie gesehen und für uninteressant befunden, wirbelte er sofort davon und schraubte sich zur Sonne hoch, schlug zweimal träge mit den Flügeln und verschwand dann in der Ferne. Etwas so Schönes hatte Katie im Leben noch nicht gesehen.
    »Oh mein Gott«, sagte sie. Es war, als hätte sie ein paar ganz schlimme Tage gehabt und würde Heimweh spüren, und plötzlich würde etwas gänzlich Unerwartetes passieren und sie fast zum Weinen bringen. Sie schluckte schwer. Gott sei Dank hatte Harry nichts bemerkt, er stiefelte in den Wald hinein.
    »Ich liebe diese Stelle«, sagte er. »Es ist mein Lieblingsplatz im ganzen ... nun, in der ganzen Welt wahrscheinlich.« Er lächelte entschuldigend wegen seines ungewohnten Überschwangs.
    »Mmh?«, antwortete Katie, die ihrer Stimme noch nicht traute.
    »Schauen Sie mal hier«, sagte Harry und zeigte auf einen dicken Baumstumpf, der mit Ranken bewachsen war und genau die Größe eines Stuhls hatte.
    Er legte den Finger auf die Ringe. »Sehen Sie die Ringe hier?«
    Katie nickte.
    »Als Königin Victoria noch gelebt hat, ist sie immer hierhergeritten. Und dieser Ring ist entstanden, als Bonnie Prince Charlie seine Armee gegen London geführt hat. Hier, weiter drinnen . Königin Mary von Schottland war in Holyrood, als der Baum noch ganz jung war.«
    Katie fuhr die Linien mit dem Finger nach.
    »Dieser Baum war über vierhundert Jahre alt, als er gefällt wurde«, sinnierte Harry. »Manchmal denke ich, sie haben mehr Recht auf die Erde als wir.«
    Sein Blick war fern und nachdenklich. Katie konnte ihre Augen nicht von ihm abwenden und spürte das Bedürfnis, die Stimmung zu durchbrechen.
    »Aha, aber können sie auch Pfannkuchen machen?«, fragte sie schnell.
    Er lächelte. »Nein. Sie können keine Pfannkuchen machen. Sie können auch keine Kriege anzetteln.«
    Sie gingen weiter zu einer Lichtung, wo viele Pilze wuchsen.
    »Meine Mutter hat mich oft als Kind hierher mitgenommen«, sagte Harry plötzlich.

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