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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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vierjährigen heimlichen Mitgliedschaft und Ausbildung anzuwenden.
    Jetzt war es der neunte Monat. In drei Wochen wurde Sumomo siebzehn, er aber stand inzwischen so weit außerhalb des Gesetzes, daß es keine Möglichkeit zur sicheren Rückkehr gab. Bis gestern. Der Vater hatte ihm geschrieben: Erstaunlicherweise hat unser Herr Ogama allen Kriegern Straffreiheit gewährt, die sich offen zu sonno-joi bekannt haben, und wird all ihre Bezüge erneuern, wenn sie sofort zurückkehren, der Ketzerei ab- und ihm öffentlich Treue schwören. Du wirst dieses Angebot akzeptieren. Viele andere kehren ebenfalls zurück.
    Das Schreiben hatte ihn traurig gemacht und seine Entschlossenheit fast gebrochen. »Sonno-joi ist wichtiger als die Familie, wichtiger als Herr Ogama und sogar wichtiger als Sumomo«, hatte er sich immer wieder gesagt. »Herrn Ogama kann man nicht trauen. Und was meine Bezüge betrifft…«
    Zum Glück war sein Vater im Vergleich zu den meisten anderen relativ wohlhabend, ein erblicher hirazamurai, der dritte Rang der Samurai. Über diesem Rang gab es nur Hatomoto und Daimyo. Unter dem Hirazamurai standen alle anderen: Goshi, ashigari, Landsamurai und Fußsoldaten, die zwar der Feudalschicht angehörten, aber unter den Samurai rangierten. Als Hirazamurai hatte sein Vater Zugang zu den unteren Beamten und konnte seinen Söhnen die bestmögliche Erziehung angedeihen lassen.
    Ich verdanke ihm alles, dachte Hiraga.
    Ja, und seinen Wünschen entsprechend wurde ich zum besten Schüler der Samurai-Schule, zum besten Schwertkämpfer, zum Besten in Englisch. Und habe nicht nur seine Erlaubnis und Billigung, sondern auch die des Sensei, unseres Hauptlehrers, mich dem sonno-joi anzuschließen, Ronin zu werden, Choshu-Krieger als Stoßtrupp für die Veränderung zu organisieren und zu führen. Jawohl, doch ihre Zustimmung ist geheim, denn würde sie bekannt, kostete es meinen Vater und den Sensei den Kopf.
    Karma. Ich tue meine Pflicht. Gai-Jin sind Abschaum, den wir nicht brauchen. Nur ihre Waffen brauchen wir, um damit zu töten.
    Der Regen wurde stärker. Und der Sturm. Das freute ihn, denn es machte eine Konfrontation unwahrscheinlicher. Die Aussicht auf ein Bad, auf Saké und saubere Kleidung hielt ihn warm und stark. Daß der Überfall fehlgeschlagen war, bekümmerte ihn nicht. Das war Karma.
    Die Überzeugung, daß überall Feinde und Verräter lauerten, war ihm von seinen Lehrern und Vorvätern tief eingeprägt worden. Seine Schritte waren vorsichtig, ständig überzeugte er sich, daß er nicht verfolgt wurde, wechselte ohne jede Logik die Richtung und erkundete, wann immer möglich, das vor ihm liegende Terrain, bevor er weiterschlich.
    Als er das Gäßchen erreichte, verließen ihn unversehens die Kräfte. Die Herberge ›Zu den siebenundvierzig Ronin‹ war mitsamt ihrem Zaun verschwunden. An ihrer Stelle rauchende Trümmer sowie ein paar Leichen, weibliche und männliche. Einige enthauptet, andere in Stücke gehauen. An seinem Kimono erkannte er Gota, seinen Shishi-Kameraden. Der Kopf der Mama-san steckte auf einem in den Boden gestoßenen Speer. Daran befestigt war ein Schild: Verbrecher und Verräter zu beherbergen verstößt gegen das Gesetz. Darunter klebte das offizielle Siegel der Bakufu, unterzeichnet von Nori Anjo, Oberster der roju …
    Wilde Wut erfüllte Hiraga, aber es war eine eiskalte Wut und mehrte nur jene, die bereits in ihm wühlte. Diese verfluchten Gai-Jin, dachte er. Das hier ist ihre Schuld. Ihretwegen ist das hier geschehen. Wir werden uns rächen.

13
    Sonntag, 30. September
    Ganz langsam erwachte Malcolm Struan aus dem Schlaf. Seine Sinne sondierten, prüften. Er hatte schon immer viel von seelischem Schmerz verstanden: durch den Verlust von zwei Brüdern und zwei Schwestern; durch den Kummer über die Trunksucht des Vaters und dessen immer schlimmer werdenden Wutausbrüche; durch ungeduldige Lehrer; durch seine zwanghaften Bemühungen, überall zu glänzen, weil er eines Tages der Tai-Pan sein würde; und durch seine nagende Furcht, er werde, so intensiv er sich auch vorbereitete, übte, betete, jeden Tag und jede Nacht arbeitete, unzulänglich bleiben.
    Nun aber mußte er die Ebene seines Erwachens so gründlich testen wie nie zuvor, die Tiefe der körperlichen Schmerzen ausloten, die er an diesem Tag als Norm zu ertragen haben würde, ohne die plötzlichen, sengenden Krämpfe, die ohne Vorwarnung auftraten.
    Nur ein pochender Schmerz heute, aber besser als gestern. Wie viele Tage

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