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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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zweieinhalb Jahrhunderten das erste Bordellviertel erbauen ließ. Bis dahin waren die Bordelle überall verteilt. Seitdem, so heißt es, verfügen alle Groß- und Kleinstädte über ganz ähnlich abgeschlossene Viertel, die alle amtlich zugelassen und kontrolliert sind. Die meisten nennen sich ebenfalls Yoshiwara. Sehen Sie das da?«
    Über dem Tor waren elegante Schriftzeichen in das Holz gebrannt. »Das heißt: Die Lust drängt, dagegen muß etwas getan werden.«
    Tyrer stieß ein nervöses Lachen aus. In- und außerhalb des Tores standen zahlreiche Wachen. Am Abend zuvor, im Club, als André sich erboten hatte, ihn zu begleiten, hatte er nebenbei erwähnt, ein Händler habe ihm erzählt, die Wachen seien dort nicht etwa, um für Ruhe zu sorgen, sondern vor allem, um zu verhindern, daß die Huren flohen. »Dann sind sie im Grunde doch alle Sklavinnen, nicht wahr?« Zu seinem Schrecken war Poncin die Zornesröte ins Gesicht gestiegen.
    »Mon Dieu, Sie dürfen diese Mädchen niemals als Huren sehen oder bezeichnen – nicht so, wie wir dieses Wort verstehen. Sie sind keine Sklavinnen. Einige von ihnen sind für eine Anzahl von Jahren vertraglich gebunden, viele fast noch als Kinder von ihren Eltern verkauft worden – ebenfalls für eine Anzahl von Jahren –, doch diese Verträge wurden amtlich gebilligt und registriert. Sie sind keine Huren, sie sind Damen der Weidenwelt, vergessen Sie das nie! Damen!«
    »Es tut mir leid, ich…«
    Aber André hatte ihm nicht zugehört. »Einige von ihnen sind Geishas – Künstlerinnen; sie sind dazu ausgebildet, die Männer zu unterhalten, zu singen, zu tanzen, alberne Spielchen zu spielen, nicht aber fürs Kopfkissen. Die übrigen, mon Dieu, ich hab’s Ihnen gesagt: Betrachten Sie sie niemals als Huren, betrachten Sie sie als Freudenmädchen, im Laufe vieler Jahre dazu ausgebildet, Ihnen Vergnügen zu bereiten.«
    »Verzeihung, das wußte ich nicht.«
    »Wenn Sie sie richtig behandeln, werden sie Ihnen Freude schenken, auf jede nur erdenkliche Art – wenn sie das wollen –, und wenn die Geldsumme, die Sie ihnen geben, korrekt ist. Sie geben ihnen Geld, das nicht von Bedeutung ist, sie geben Ihnen ihre Jugend. Es ist ein ungleiches Geschäft.« André sah ihn merkwürdig an. »Sie geben Ihnen ihre Jugend und verstecken die Tränen, die Sie auslösen.« Unvermittelt rührselig, kippte er seinen Wein und starrte das Glas an.
    Während Tyrer ihre Gläser auffüllte, ärgerte er sich darüber, daß er das Gefühl der lässigen Freundschaft, einer für ihn wertvollen Freundschaft, verscheucht hatte. Er schwor sich, in Zukunft vorsichtiger zu sein, und fragte sich, warum der Freund plötzlich so wütend geworden war. »Tränen?«
    »Sie haben kein gutes Leben, aber es ist auch nicht immer schlecht. Für einige kann es fabelhaft sein. Die schönsten und vollkommensten werden berühmt, werden sogar von den bedeutendsten Daimyos – Königen – im Land bemüht; sie können in hohe Stellungen heiraten, reiche Kaufleute ehelichen, ja sogar Samurai. Nur unsere Damen der Weidenwelt nicht, denn die sind nur für uns Gai-Jin da.« Voll Bitterkeit fuhr André fort: »Für sie gibt es keine andere Zukunft, als hier ein weiteres Haus zu eröffnen, Saké zu trinken und andere Mädchen einzustellen. Mon Dieu, Sie werden sie anständig behandeln, denn wenn sie erst hier sind, sind sie in den Augen aller Japaner verseucht.«
    »Das tut mir leid. Wie grauenhaft.«
    »Ja. Niemand versteht…« Trunkenes Aufbrausen von Gelächter der Männer um ihn herum löschte Andrés Stimme vorübergehend aus; der Club füllte sich, die Atmosphäre war lärmend und heiß. »Ich sage Ihnen, diese Kretins kümmert all das keinen Pfifferling, keinen von ihnen, bis auf Canterbury, dem war es nicht gleichgültig.« André blickte von seinem Glas auf. »Sie sind noch jung und unverdorben, nur für ein bis zwei Jahre hier und anscheinend lernwillig, daher dachte ich… Es gibt so vieles zu lernen, so viel Gutes«, hatte er dann plötzlich gesagt und war gegangen.
    Als sie das Yoshiwara-Tor passierten, holte André eine kleine Pistole hervor. »Sind Sie bewaffnet, Phillip?«
    »Nein.«
    André überreichte seine Pistole einem schmierigen Beamten, der ihm eine Quittung gab und sie zu zahlreichen anderen Waffen legte. »Innerhalb des Zauns sind keine Waffen erlaubt. Das gilt für alle Yoshiwaras, sogar die Samurai müssen ihre Schwerter abgeben. On y va!«
    Vor ihnen lagen nun zu beiden Seiten der breiten Straße und

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