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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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selben Abend war die Gesellschaft mit Klavierkonzert, die Seratard Angélique zu Ehren in der französischen Gesandtschaft gab, ein voller Erfolg. Der Chefkoch hatte sich selbst übertroffen: frisches Brot, Platten mit gedünsteten Austern, kaltem Hummer, Krabben und Garnelen, gebratenem, mit Ingwer und Knoblauch gewürztem Fisch sowie Apfeltorte mit getrockneten Äpfeln aus Frankreich, die nur für besondere Gelegenheiten benutzt wurden. Champagner, Ladoucette und ein Margaux aus seinem Heimatort, auf den er ganz besonders stolz war.
    Nach dem Dîner und den Zigarren war mit herzlichem Applaus André Poncin begrüßt worden, vollendeter, wenn auch zögernder Pianist, der nach jedem Stück mehr Beifall einheimste. Und nun, fast schon um Mitternacht und nach drei Zugaben, erhielt er stehenden Applaus, während die letzten, schönen Akkorde Beethovens verklangen.
    »Wundervoll…«
    »Hinreißend…«
    »Ach, André«, sagte Angélique atemlos auf französisch. Sie saß auf ihrem Ehrenplatz neben dem Piano, und seine Musik hatte sie von den Gedanken an ihr drohendes Elend befreit. »Es war herrlich, ich danke Ihnen von Herzen!« Mit kokett flatterndem Fächer brillierte sie, eng geschnürt, tief ausgeschnitten und mit bloßen Schultern, in einem neuen Kleid, dessen grüne Seide in üppigen Kaskaden über Reifröcke bis auf den teppichbelegten Boden fiel.
    »Merci, M’selle«, antwortete Poncin. Er stand auf und hob mit kaum verschleiertem Blick das Glas. »A vous!«
    »Merci, M’sieur«, sagte sie; dann wandte sie sich zu Seratard um, der von Norbert Greyforth, Jamie McFay, Dimitri und anderen Kaufleuten umgeben war, alle in Abendkleidung mit rüschenbesetzten Seidenhemden, leuchtend-farbigen Westen und Krawatten – einige davon neu, die meisten aber alt und hastig gebügelt, weil Damengesellschaft angesagt war. Ein paar französische Armee- und Marine-Offiziere in goldbetreßten Uniformen und mit Zierdegen belebten die ungewohnte Pracht, und selbst die britischen Militärs wirkten an diesem Abend wie Paradiesvögel.
    Auch zwei der anderen drei Damen der Niederlassung befanden sich in dem überfüllten, von Öllampen und Kerzen beleuchteten Raum: Mabel Swann und Victoria Lunkchurch. Beide korpulent, Anfang Zwanzig und kinderlos, Händlerfrauen, grün vor Neid, die Ehemänner schwitzend neben sich an kurzer Leine. »Es wird Zeit, Mr. Swann«, erklärte Mabel Swann mit säuerlichem Naserümpfen, »jawohl. Beten und dann ins Bett, mit einer schönen, englischen Tasse Tee.«
    »Wenn ihr müde seid, meine Liebe, du und Vic…«
    »Augenblicklich!«
    »Du auch, Barnaby«, sagte Victoria Lunkchurch mit schwerem Yorkshire-Akzent. »Und schlag dir die schmutzigen Gedanken aus dem Kopf, mein Junge, sonst kriegst du’s mit mir zu tun!«
    »Wer – ich? Was für Gedanken?«
    »Solche Gedanken: du und diese ausländische Bagage da drüben, Gott möge dir verzeihen«, antwortete sie noch giftiger. »Hinaus!«
    Niemand vermißte sie oder bemerkte, daß sie gegangen waren. Alle konzentrierten sich auf den Ehrengast, trachteten in ihre Nähe zu kommen oder, wenn sie schon zum inneren Kreis gehörten, sich möglichst nicht verdrängen zu lassen.
    »Ein außerordentlicher Abend, Henri«, lobte Angélique.
    »Aber nur durch Sie, M’selle. Sie verschönern ihn für uns.« Während Seratard galante Plattheiten von sich gab, dachte er: Wie schade, daß du nicht schon verheiratet bist, also reif für eine Liaison mit einem kultivierten Mann. Die Ärmste, sich mit einem unreifen, primitiven Schotten abgeben zu müssen, mag er auch noch so reich sein. Ich wäre gern dein erster richtiger Liebhaber – es wäre mir eine Freude, dich in die Lehre zu nehmen.
    »Sie lächeln, Henri?« erkundigte sie sich und erkannte plötzlich, daß sie sich vor diesem Mann hüten mußte.
    »Ich dachte gerade daran, wie wundervoll Ihre Zukunft aussehen wird, und das hat mich glücklich gemacht.«
    »Wie reizend von Ihnen!«
    »Ich glaube, da…«
    »Miss Angélique, wenn ich so frei sein darf – wir veranstalten am Samstag ein Pferderennen«, mischte sich Norbert Greyforth ins Gespräch. Er war wütend darüber, daß Seratard sie für sich mit Beschlag belegte, und ärgerte sich, daß der Mann so unhöflich war, Französisch zu sprechen, das er nicht verstand. Er verabscheute ihn und alles Französische, außer Angélique. »Wir… Wir wollen ein neues Rennen einführen, äh, Ihnen zu Ehren. Wir haben beschlossen, es den Angel Cup zu nennen, eh,

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