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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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erfahren. Besser, Sie erfahren es von mir als von einem Feind.«
    Sie verzog das Gesicht. »Feind – was für ein Feind? Wieso sollte ich Feinde haben? Ich habe niemandem etwas getan, niemandem, nieman…« Die Tränen begannen zu fließen. Wider Willen nahm er sie einen Moment mitfühlend in den Arm; dann legte er ihr die Hände auf die Schultern und schüttelte sie.
    »Hören Sie auf!« befahl er in scharfem Ton. »Großer Gott, hören Sie auf! Begreifen Sie denn nicht, daß ich Ihnen helfen will?« Von der anderen Straßenseite her näherten sich mehrere Männer, doch er sah, daß sie schwankten und ganz mit sich selbst beschäftigt waren. Niemand sonst war in der Nähe, nur weiter unten auf der Straße einige Herren, die zum Club wollten. Wieder schüttelte er sie. »Sie tun mir weh!« jammerte sie, aber die Tränen versiegten, und sie gewann die Beherrschung zurück.
    Nur zum Teil, dachte er kalt, der die gleiche Behandlung wohl schon hundertmal zuvor anderen Unschuldigen hatte zukommen lassen, die er zum Wohle Frankreichs brauchte – Männern, die so viel einfacher zu behandeln waren als Frauen. Männer trat man einfach in die Eier oder drohte, sie ihnen abzuschneiden oder mit Nadeln hineinzustechen… Aber Frauen? Widerlich, Frauen so behandeln zu müssen. »Sie sind von Feinden umgeben, Angélique. Es gibt viele, die nicht wollen, daß Sie Struan heiraten; seine Mutter wird Sie auf jede nur mögliche Art und Weise bekämpfen, die…«
    »Ich habe niemals behauptet, daß wir heiraten werden, das ist… ein Gerücht, nur ein Gerücht, mehr nicht.«
    »Merde! Natürlich stimmt es! Er hat Sie doch gefragt, nicht wahr?« Wieder schüttelte er sie mit harten Händen. »Oder?«
    »Sie tun mir weh, André! Ja, ja, er hat mich gefragt.«
    Bewußt ein wenig sanfter reichte er ihr ein Taschentuch. »Hier, trocknen Sie sich die Augen. Wir haben nicht viel Zeit.«
    Kleinlaut gehorchte sie, begann zu weinen, hielt inne. »Warum sind Sie so böse?«
    »Ich bin der einzige wahre Freund, den Sie hier haben; ich bin wirklich auf Ihrer Seite und will Ihnen helfen, Sie können mir vertrauen – ich bin Ihr einziger Freund, das schwöre ich, der einzige, der Ihnen helfen kann.« Normalerweise hätte er inbrünstig gesagt, ich schwöre bei Gott, aber er glaubte sie an der Angel zu haben und hielt das für später zurück. »Es ist besser, wenn Sie heimlich von mir die Wahrheit erfahren. So haben Sie Zeit, sich vorzubereiten. Die Nachricht wird erst in frühestens einer Woche eintreffen, also haben Sie Zeit genug, Ihre Verlobung feierlich und offiziell gültig zu machen.«
    »Was?«
    »Struan ist ein Gentleman, nicht wahr?« Mühsam verbarg er ein höhnisches Grinsen. »Ein englischer, Verzeihung, ein schottischer, ein britischer Gentleman. Sind diese Herren nicht stolz auf ihr Wort? Eh? Sobald das Eheversprechen bekanntgemacht worden ist, kann er es nicht mehr zurücknehmen, ob Sie nun arm sind oder nicht, was immer Ihr Vater auch getan haben mag, und was immer seine Mutter sagt.«
    Ich weiß, ich weiß, hätte sie fast geschrien. Aber ich bin eine Frau und muß warten, ich habe gewartet, und nun ist es zu spät, nicht wahr? O Madonna, hilf mir! »Ich glaube… Ich glaube nicht, daß Malcolm mir die Schuld für meinen Vater geben oder… oder auf seine Mutter hören wird.«
    »Ich fürchte, das wird er müssen, Angélique. Haben Sie vergessen, daß Malcolm Struan ebenfalls minderjährig ist? Da kann er Tai-Pan sein oder nicht. Sein einundzwanzigster Geburtstag ist erst im Mai nächsten Jahres. Bis dahin kann sie ihm alle möglichen gesetzlichen Zügel anlegen und nach dem englischen Recht sogar eine Verlobung annullieren.« Dessen war er zwar nicht ganz sicher, aber es klang vernünftig und galt jedenfalls nach dem französischen Recht.
    »Auch Ihnen könnte sie Steine in den Weg werfen, Sie möglicherweise sogar vor Gericht bringen«, ergänzte er bedrückt. »Die Struans sind mächtig, sehr mächtig, und Asien ist ihre Domäne. Sie könnte Sie vor Gericht bringen – und Sie wissen ja wohl, was man über Richter sagt, über alle Richter, eh? Sie könnte Sie vor den Kadi zerren, Sie beschuldigen, eine Kokotte zu sein, eine Betrügerin, nur hinter seinem Geld her. Ein böses Bild könnte sie dem Richter zeichnen, Sie auf der Anklagebank und wehrlos, Ihr Vater ein Spieler, ein bankrotter Versager, Ihr Onkel im Schuldgefängnis, Sie selbst mittellos, eine Abenteurerin.«
    Ihr Gesicht fiel zusammen. »Woher wissen Sie das über

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