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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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dachte.
    »Ich wiederhole«, hatte Sanjiro hochfahrend gesagt, »gehorchen Sie den Anregungen des Kaisers: Berufen Sie umgehend eine Sitzung aller älteren Daimyos ein, bitten Sie sie demütig, einen ständigen Rat zu bilden, um das Shōgunat zu beraten, zu reformieren und zu leiten, annullieren Sie Ihre niederträchtigen und unautorisierten Gai-Jin-Verträge, lassen Sie alle Häfen für die Gai-Jin schließen, und wenn sie nicht freiwillig gehen, jagen Sie sie umgehend fort!«
    »Ich sage es Ihnen noch einmal: Nur das Shōgunat hat das Recht, Außenpolitik zu betreiben, weder der Kaiser noch etwa Sie! Wir wissen beide, daß Sie ihn hintergangen haben«, entgegnete Anjo, der ihn für seine Abstammung, seine Truppen, seinen Reichtum und seine offensichtlich gute Gesundheit haßte. »Ihre Vorschläge sind lächerlich und undurchführbar! Wir haben jetzt seit zweieinhalb Jahrhunderten Frieden und…«
    »Ja, zum wachsenden Wohlstand der Toranagas«, fiel ihm Sanjiro ironisch ins Wort. »Wenn Sie sich weigern, unserem rechtmäßigen Lehnsherrn, dem Kaiser, zu gehorchen, dann treten Sie zurück oder begehen Sie Seppuku. Sie haben einen Knaben zum Shogun gewählt, dieser Verräter taikō Ii hat die ›Verträge‹ unterzeichnet. Es ist die Schuld der Bakufu, daß die Gai-Jin hier sind, Ihre Schuld!«
    Anjo war errötet, fast in den Wahnsinn getrieben von der hämisch grinsenden Bosheit und den Provokationen, die er seit Monaten ertragen mußte, und wäre Sanjiro nicht durch das kaiserliche Mandat geschützt gewesen – er hätte nach seinem Schwert gegriffen. »Wenn taikō Ii die Verträge nicht ausgehandelt und unterzeichnet hätte, dann hätten die Gai-Jin sich mit ihren Geschützen den Weg an Land freigeschossen, und wir wären jetzt ebenso gedemütigt wie China.«
    »Reine Vermutung – Unsinn!«
    »Haben Sie vergessen, daß Pekings Sommerpalast letztes Jahr niedergebrannt wurde, Sanjiro-donno? Inzwischen ist China praktisch zerstückelt und die Regierung nicht mehr unter chinesischer Kontrolle. Haben Sie vergessen, daß sie den Briten, dem Hauptfeind, vor zwanzig Jahren eine ihrer Inseln, Hongkong, überlassen haben, die zu einer uneinnehmbaren Festung ausgebaut wurde? Daß Tientsin, Shanghai, Swatow heute selbständige, von den Gai-Jin in Besitz genommene und beherrschte Vertragshäfen sind? Angenommen, sie würden sich einer unserer Inseln auf dieselbe Art und Weise bemächtigen?«
    »Das würden wir verhindern – wir sind keine Chinesen.«
    »Wie denn? Tut mir leid, aber Sie sind blind und taub, und Ihr Kopf steckt in den Wolken. Vor einem Jahr, als der letzte Chinakrieg aus war – wenn wir sie da provoziert hätten, so hätten sie all diese Flotten und Heere gegen uns ins Feld geschickt und uns ebenfalls überrannt. Nur die Klugheit der Bakufu hat sie aufgehalten. Wir hätten uns nicht gegen diese Armada wehren können – und nicht gegen ihre Geschütze und Gewehre.«
    »Ich stimme zu, es ist die Schuld des Shōgunats, daß wir unvorbereitet sind, die Schuld der Toranagas. Wir hätten vor Jahren schon moderne Geschütze und Kriegsschiffe haben müssen, wir wußten seit Jahren von ihnen. Haben die Holländer uns nicht Dutzende von Malen über ihre neuen Erfindungen in Kenntnis gesetzt? Aber Sie haben den Kopf in Ihren Nachttopf gesteckt! Sie haben den Kaiser im Stich gelassen. Sie hätten sich höchstens auf einen Hafen einlassen dürfen, Deshima – warum dem amerikanischen Feind Yokohama geben, Hirodate, Nagasaki, Kanagawa, und sie für ihre unverschämten Gesandtschaften auch noch nach Edo hineinlassen! Treten Sie zurück und überlassen Sie es anderen, fähigeren Männern, das Land der Götter zu retten…«
    Bei der Erinnerung an diesen Zusammenstoß brach Anjo der Schweiß aus – und bei der Erkenntnis, daß vieles von dem, was Sanjiro gesagt hatte, richtig war. Er zog ein Taschentuch aus seinem weiten Ärmel, wischte sich den Schweiß von der Stirn und dem kahlrasierten Schädel und sah wieder zu Yoshi hinüber, dem er seine Haltung, sein gutes Aussehen, vor allem aber seine Jugend und seine legendäre Männlichkeit neidete.
    Vor gar nicht so langer Zeit war es noch leicht, zufrieden zu sein, war es normal, potent zu sein, dachte er bedrückt, während sich der ständige Schmerz in seinen Lenden bemerkbar machte. Vor gar nicht so langer Zeit war es noch leicht, eine Erektion zu bekommen und reichlich aufgeladen zu sein – unmöglich jetzt, nicht mal mit Hilfe der begehrenswertesten Frau, der

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