Noble House 02 - Gai-Jin
Sitzung so schnell wie möglich hinter sich bringen – Yoshi, um in sein Quartier zurückzukehren, wo Koiko auf ihn wartete, und Anjo zu einer Geheimsitzung mit einem Arzt.
Draußen war es sonnig und freundlich, und die leichte Brise, die durch die offenen Läden strich, trug den Geruch von Meer und fetter Erde in den Saal.
Aber bald kommt der Winter, dachte Anjo, den die Schmerzen in seinen Eingeweiden ablenkten. Ich hasse den Winter, die Jahreszeit des Todes, alles häßlich und eiserstarrt, und dann diese Kälte, die mir die Gelenke verdreht und mich daran erinnert, wie alt ich bin. Er war ein ergrauender Mann von sechsundvierzig Jahren, Daimyo von Mikawa und Mittelpunkt der Roju-Macht, seit der Diktator taikō Ii vier Jahre zuvor ermordet worden war.
Während du, Welpe, dachte er zornig, erst vor zwei Monaten in den Rat und vor vier Wochen zum Vormund ernannt worden bist – beides politisch gefährliche Ämter und gegen unseren Protest verliehen. Es wird Zeit, daß dir die Flügel gestutzt werden. »Natürlich legen wir alle Wert auf Ihren Rat«, behauptete er in zuckersüßem Ton und ergänzte dann, ohne es zu ernst zu meinen, wie beide wußten: »Seit zwei Tagen machen die Gai-Jin ihre Flotte kampfbereit, drillen die Truppen öffentlich, und morgen trifft ihr Befehlshaber ein. Wie lautet Ihr Lösungsvorschlag?«
»Genauso wie gestern: Wir schicken ihnen eine weitere Entschuldigung ›für den bedauerlichen Zwischenfall‹, gespickt mit Sarkasmus, den sie nicht verstehen werden, verfaßt von einem rangniederen Beamten, den sie nicht kennenlernen werden, und so terminiert, daß sie eintrifft, bevor der Gai-Jin-Anführer Yokohama verläßt. Zusätzlich bitten wir um einen weiteren Aufschub zwecks ›zusätzlicher Untersuchungen‹. Wenn ihm das nicht genügt und er oder sie nach Edo kommen – sollen sie doch. Wir schicken ihnen wie üblich den rangniederen Beamten, dessen Entscheidungen für uns nicht bindend sind, in die Gesandtschaft, um mit ihnen zu verhandeln, geben ihnen ein wenig Suppe, aber keinen Fisch. Wir verzögern und verzögern.«
»Und bis dahin haben wir Zeit, unser ererbtes Shōgunats-Recht auszuüben. Wir werden Sanjiro befehlen, die Mörder umgehend zur Bestrafung auszuliefern und eine Entschädigung zu bezahlen, wieder über uns, und dann sofort in den Hausarrest und den Ruhestand. Wir werden es ihm befehlen!« sagte Anjo hart. »Sie haben keine Erfahrung in höchsten Shōgunats-Angelegenheiten.«
Mühsam sein Temperament zügelnd, wünschte Yoshi, er könnte Anjo wegen seiner Dummheit und seiner schlechten Manieren umgehend in den Ruhestand schicken, und sagte: »Wenn wir Sanjiro einen Befehl erteilen, wird er nicht gehorchen, deshalb werden wir uns gezwungen sehen, Krieg zu führen, und Satsuma ist zu stark und hat zu viele Verbündete. Seit zweihundertfünfzig Jahren hat es keinen Krieg mehr gegeben. Wir sind nicht für einen Krieg bereit. Krieg ist…«
Plötzlich entstand eine merkwürdige Stille. Unwillkürlich griffen beide Männer nach ihren Schwertern. Teetassen und Teekanne begannen zu klirren. Weit entfernt grollte die Erde, der ganze Turm schwankte, und wieder, und noch einmal. Das Beben dauerte ungefähr dreißig Sekunden. Dann war es vorbei – ebenso plötzlich, wie es gekommen war. Ruhig und gelassen warteten sie, während sie die Tassen beobachteten.
Kein Nachbeben.
Immer noch kein Nachbeben.
Überall in der Burg und in Edo wurde gewartet. Alle Lebewesen warteten. Nichts. Yoshi trank einen Schluck Tee und stellte die Tasse sorgfältig auf die Untertasse zurück; Anjo beneidete ihn um seine Beherrschung. Innerlich war Yoshi jedoch in Aufruhr und dachte: Heute haben mir die Götter gelächelt, aber was ist mit dem nächsten Beben, oder dem übernächsten, oder dem darauffolgenden – jeden Moment jetzt, oder in der Zeitspanne einer Kerze, oder heute nachmittag, oder heute abend, oder morgen? Karma!
Heute bin ich sicher, aber bald wird es wieder ein schlimmes geben, ein mörderisches Beben wie vor sieben Jahren, als ich fast gestorben bin und in Edo allein einhunderttausend Menschen umkamen – durch das Beben und in den Bränden, die jedesmal folgen, ganz zu schweigen von den Zehntausenden, die von der Tsunami, die in jener Nacht unversehens aus dem Meer aufstieg, ins Meer hinausgespült wurden und ertranken, und eine davon meine bezaubernde Yuriko, damals die Liebe meines Lebens.
Er zwang sich, seine Angst zu beherrschen. »Krieg wäre im Augenblick höchst unklug:
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