Noch einmal leben
Kinsolvings. Einige von ihnen waren nackt, andere dagegen hatten bestimmte Körperteile bedeckt – weniger weil sie zu prüde waren, sondern eher um anderen weniger ästhetische Anblicke zu ersparen. Alle waren mindestens fünfzehn Jahre älter als Risa. Sie wünschte sich, daß ihre Cousins endlich kämen.
Sie kehrte dem Strand den Rücken und watete weiter ins Meer hinaus.
Ihr Körper glänzte. Risa hatte sich eingecremt, um sich vor der Sonne zu schützen. Auf den Augen trug sie einen Schutz gegen das Salzwasser. Sie drückte die Zehen in den Sandboden, stieß sich ab, schwamm los und schnitt einen weiten Halbkreis durch das glasklare, grüne Wasser. Sie mochte die Berührung des Wassers auf ihren Brüsten und ihrem Unterleib. Die Sonne rief funkelnde Muster auf dem Meeresgrund, anderthalb Meter unter Risa, hervor. Bald schon hatte sie den sandigen Grund hinter sich gelassen und erreichte das Korallenriff, etwa hundert Meter vom Strand entfernt. Bizarr verästelte Korallen ragten aus dem Grund. Fische in tausenderlei Farben tanzten und spielten zwischen den orangefarbenen und grünen Riffbänken. Bösartige schwarze Seeigel reckten ihr hoffnungsvoll die Stacheln entgegen. Risa saugte die Lungen voll Luft, tauchte und holte einen Seestern vom Boden.
Mit der Zeit verlor sie das Interesse am Riff. Wahrend sie zum Strand zurückschwamm, entdeckte sie, daß etliche neue Gäste angekommen waren – unter ihnen endlich jemand aus ihrer Altersgruppe. Ihr Cousin Rod Loeb stand am Ufer: achtzehn Jahre alt, muskulös, braungebrannt und eingebildet. Sie kannte ihn gut und mochte ihn gem. Rod trug nur ein winziges rotes Dreieck. Als sie aus dem Wasser kam, wanderten seine Augen ohne sichtliche Erregung über ihren schlanken, nackten Körper.
„Gerade angekommen?“ fragte sie.
„Vor ’ner halben Stunde. Es gab irgendwelchen Ärger mit den Gleitern am Flughafen, und unser Abflug verzögerte sich. Du siehst gut aus, Risa.“
„Du auch. Gehn wir spazieren.“
Sie schlenderten durch die ausrollenden Wellen auf eine Gruppe von scharfkantigen, metallisch wirkenden Felsen zu, die sich am Nordende des Strands auftürmten. Risa spürte, wie die Mittagshitze auf ihrer Haut nach einer empfindlichen Stelle suchte. Aber die hauchdünne Sonnencremeschicht schützte sie ausreichend. Risa gefiel sich in ihrer Nacktheit. Sie trabte los. Ihre kleinen Brüste schaukelten nur unmerklich. Wenn Elena so laufen würde, dachte Risa, würde sie sich mit den herumschwingenden Titten selbst ins Gesicht schlagen.
Sie erreichten die Felsgruppe. Keiner von beiden war bei dem Trab außer Atem gekommen. Entenmuscheln ragten aus dem tiefer liegenden Gestein hervor. Wellen leckten an ihnen. Rod sagte: „Ich habe gehört, du hast eine Transplantation bekommen.“
„Neuigkeiten sprechen sich ja wirklich schnell herum, wenn das bereits Mallorca erreicht hat.“
„Gerüchte eilen in dieser Familie mit Lichtgeschwindigkeit umher. Stimmt es denn?“
„Zum Teil. Ich habe eine beantragt. Mark hat vor wenigen Tagen seine Einwilligung gegeben. Ich bin zur Seelenbank gegangen und habe mir ein paar Identitäten angesehen. Am Dienstag lasse ich mir dann eine übertragen.“
„Wer soll’s denn sein?“
„Da bin ich mir noch nicht ganz sicher. Ich muß mich zwischen mehreren Typen entscheiden. Auf jeden Fall aber wird es ein Mädchen sein, das jung gestorben ist und den Sex nicht verschmähte. Vielleicht hast du sogar mal mit ihr geschlafen.“
Rod lachte. „Ist das dann Inzucht? Ich meine, wenn du ein Bewußtsein aufnimmst, in dessen Erinnerung eine Bettgeschichte mit mir enthalten ist?“
„Das kann ich dir nicht sagen, aber mir macht das nichts aus. Ist das denn etwas so Besonderes, mit dir ins Bett zu gehen?“
„Probier’s doch mal aus“, sagte Rod. „In Wirklichkeit meine ich, ohne das Erlebnis durch ein fremdes Bewußtsein gefiltert zu bekommen.“
Sie warf einen Blick auf seine Mini-Badehose. „Hier draußen am Strand, oder sollen wir zu dir nach Hause?“
„Warum nicht gleich hier?“ fragte er.
„Okay“ sagte Risa. Sie legte sich auf eine flache Felsplatte, zog die Knie an und machte die Beine breit. Jeder auf dem Strand konnte die beiden genau sehen. Sie stützte das Kinn auf ihrer Faust. „Nun mach schon“, sagte sie, „ich warte.“
„Man könnte fast meinen, es wäre dein Ernst“, sagte Rod.
„Ist es auch. Und deiner ebenfalls, nicht wahr? Dieser rote Fetzen verbirgt nicht allzu viel. Du willst mich haben. Du
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