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Noch einmal leben

Noch einmal leben

Titel: Noch einmal leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Noyes.
    „Tatsächlich hat mein Bruder nicht das mindeste mit den Ausmerzern zu tun, nicht wahr, das ist doch so, Charles?“ Gloria war von irgendwo hergekommen und hatte sich direkt vor Owens aufgebaut. Sie sah hübsch und liebenswert aus. Sie war immer noch das schlanke Mädchen, das sie an ihrem Hochzeitstag gewesen war.
    „Natürlich“, stieß Noyes hervor. „Sie müssen wissen, ich trage selbst ein Fremdbewußtsein in mir. Wie kommen Sie überhaupt dazu zu sagen, ich hätte etwas gegen Transplantationen?“
    Owens wirkte besänftigt. „Wahrscheinlich war es ein voreiliger Schluß von mir. Wissen Sie, in mir tummeln sich so viele Identitäten, daß ich zu übereilten Urteilen neige. Wir schätzen Tatbestände als Team ein, und manchmal vergaloppieren wir uns dabei.“ Er streckte eine Hand aus. „Wer sind Sie denn eigentlich?“
    „Charles Noyes. Ich arbeite in der Roditis-Versicherungsgesellschaft.“
    „Ah, ja, natürlich.“ Sie schüttelten sich die Hände. Kaum hatten sie sich miteinander bekannt gemacht, hatte Owens wieder Schwierigkeiten. Sein ganzer Arm zuckte konvulsivisch, Owens zog die Hand schnell zurück Noyes beobachtete unbehaglich, wie die ganze rechte Körperhälfte des Mannes zitterte.
    Gloria sagte rasch: „Charles ist eine Kapazität auf dem Gebiet der buddhistischen Reinkarnationslehre. Mr. Roditis und er sind gerade von einer Pilgerfahrt zum Lamakloster in San Francisco zurückgekehrt. Er …“
    „Glauben Sie etwa an diesen Mist?“, fragte Owens.
    Noyes stockte der Atem, so sehr verblüffte ihn die Streitlust des Mannes. Rowena Owens biß sich auf die Lippen. So ruhig es ging, sagte Noyes schließlich: „Ich halte die buddhistische Lehre für eine wertvolle Lebenshilfe in einer Welt, wo die Reinkarnation zu einer realen Angelegenheit geworden ist. Wir müssen die Kunst des Sterbens erlernen, wenn wir die Kunst des Lebens meistern wollen.“
    „Und ich sage, das Ganze ist ein ausgemachter Mist“, wiederholte Owens lautstark. „Es ist eine aufgepfropfte Bewegung, die nur auf Grund von Schuldgefühlen der materialistischen Gesellschaft bestehen kann. Diejenigen von uns, die am Transplantationsprogramm teilnehmen können, haben sich vom Rest der Menschheit abgesetzt, vom Pöbel, wenn man so will. Und da wir praktisch unsterblich geworden sind, versuchen wir uns mit einer neuen Religion zu konsolidieren. Daher haben wir uns diesen Gebetsmühlenscheiß aus dem Himalaja geborgt; nur haben wir ihn auf den Kopf gestellt, da er in seiner Originalform nicht in unsere Gesellschaft paßt. Er …“
    „Jetzt hören Sie sich fast wie Mr. Roditis an“, begann Noyes.
    „Er …“
    „Lassen Sie mich ausreden! Der Wunsch der Buddhisten ist es doch, die Inkarnationskette zu brechen und ins Nirwana abzurauschen, nicht wahr? Nie mehr geboren werden? Und unsere Grundidee heißt, über Jahrhunderte hinweg so viele Inkarnationen wie möglich zu bekommen. Für uns führt ein gutes Karma zur Wiedergeburt. Ist das etwa Buddhismus? Nein, eine Perversion des Buddhismus! Das weiß ich genau. Ich habe nämlich einen Guru direkt hier oben drin sitzen, einen der größten, einen richtigen Theologen. Murtaugh von der Baltimore-Schule. Kennen Sie ihn?“
    Voller Ehrfurcht sagte Noyes: „Aber natürlich. Er schrieb ‚ Die Kunst des rechten Sterbens’.“
    „Und er starb selber recht, und jetzt habe ich ihn! Also streiten Sie lieber nicht mit mir über Theologie. Ich sitze direkt an der Quelle, Noyes. Om mani padme hum. Ich weiß, wie zynisch die ganze Bewegung ist. Ich habe ein kollektives Karma.“ Wieder zuckte Owens. Er verlor erneut die Kontrolle über sich. „Ich sage Ihnen, nur ein übergeschnapptes Transplantat würde von Rad Sangsara abspringen wollen. Der Rest von uns ist süchtig danach, noch eine Runde zu machen, und noch eine und noch eine. Wir …“ Owens stieß einen derben Fluch aus. Er stockte verdutzt und hämmerte mit der Faust gegen seinen linken Wangenknochen. Er schwankte.
    Beim Anblick dieses hin und her gerissenen Mannes konnte es einem übel werden.
    Owens kam wieder zu sich und sagte: „Manchmal ist es ganz schön schwierig, die Zügel in der Hand zu behalten.“
    „Warum haben Sie sich überhaupt mit einer solchen Herausforderung belastet?“ fragte Noyes. „Sieben Transplantationen …“
    „Eigentlich nur vier“, sagte Owens. „Murtaughs Bewußtsein hat noch zwei eigene Transplantate mitgebracht, und eines von meinen anderen hat auch schon eines. Vier Transplantate

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