Noch so'n Spruch - Kieferbruch! - Rick ; Bd. 5
sich damit den Schweiß von Gesicht und Dekolleté.
Igittigitt!
»Na toll«, murmelte ich leise und ließ mich neben Alessio, dem es endlich gelungen war, seinen Mörderrucksack in der Gepäckablage zu verstauen, auf dem Platz am Gang nieder.
Während ich mit den Fingernägeln Mierda in die Rückseite des Busfahrersitzes bohrte, klappte Alessio eine Broschüre auf und begann, laut vorzulesen: »Das idyllisch am Waldrand gelegene Schullandheim Schloss-Burg Waldmannslust ist bei Schülern wie Lehrkräften und Betreuern …« Mittendrin brach er ab. »Da fällt mir ein, Vladi hat Freitag nach der Schule was von Stress am Pferdeturm erzählt. Angeblich sollst du was damit zu tun haben. Was war denn da los, Rick?«
Ich schnappte nach Luft. Vladi, die Labertasche. Konnte der nicht einfach mal seine Klappe halten?
»Da war nix«, winkte ich ab.
Alessio schob nachdenklich die Unterlippe vor. »Hmm, das hat sich aber ganz anders angehört.«
Ich klappte den Mund auf und dann gleich wieder zu, weil ein dürrer Lulatsch die drei Busstufen hinaufgehechtet kam. Er trug das dunkle Haar ordentlich nach links gescheitelt und hatte sich zum lila-weiß gestreiften Hemd eine passende fliederfarbene Krawatte um den Hals gewickelt.
Ich erkannte ihn, noch bevor die Püttelmeyer losquiekte: »Heribert, zum Glück. Ich dachte schon, du schaffst es nicht mehr rechtzeitig.«
Verdammt! Heribert von Pichelstein. Der einzige Mann auf diesem Planeten, der Rosalie Püttelmeyer toll fand. Wollte er ihr zum Abschied noch ein Ständchen trällern? Feuriger Ohrenschmalz, bloß das nicht!
Na ja, wenigstens gab Alessio jetzt wegen der Pferdeturmsache Ruhe.
»Meine Rose«, gurrte der Sängerknabe wie eine heisere Taube. »Ich bin so spät, weil ich erst zwei älteren Damen über die Straße helfen musste. Und zu allem Überfluss hat irgend so ein Rüpel den Ampelknopf mit Sekundenkleber beschmiert, und es hat ewig gedauert, bis ich meinen Zeigefinger wieder freibekommen habe.«
Alessio stieß mir den Ellbogen in die Seite. »Das ist ja mal ’ne miese Ausrede. Das kauft die Püttelmeyer ihm im Leben nicht ab. Der ist fällig.«
Ich nickte grinsend und hielt mir sicherheitshalber schon mal die Ohren zu. Auf lahme Ausreden reagierte unser Lehrermonster nämlich normalerweise mit Kreisch- und Beschimpfungsarien.
Doch mir blieb locker die Spucke weg, denn die Püttelmeyer zwitscherte nur: »Ach, Herilein, du bist aber auch ein Gutmensch«, und lächelte ihn dabei so breit an, als ob ihre Mundwinkel an den Ohren festgetackert wären.
Hallo? Und mich hatte sie erst letzte Woche in Grund und Boden gestampft, weil ich drei Sekunden zu spät gekommen war. Auf meine wirklich geniale Ausrede, dass Lindas Goldfisch ertrunken sei und ich Erste Hilfe leisten musste, hatte sie mit einem Knurren der Marke blutrünstiger Kampfhund reagiert und mich anschließend fünfzigmal (!!!) ins Heft schreiben lassen: Ich darf nicht zu spät in die Schule kommen, weil ich sonst wichtigen Unterrichtsstoff verpasse .
Ein paar Plätze hinter uns rief Tobi spöttisch: »Und außerdem hatte seine Fahrradkette ’nen Platten!«
Alle grölten. Nur Frau Püttelmeyer nicht. Die verzog säuerlich den Mund und blaffte zurück: »Ruhe dahinten!«
Dann rutschte sie auf der Sitzbank ganz nach rechts und klopfte auffordernd auf den Platz neben sich. »Setz dich doch, Herilein.«
Er zögerte. »Mein Koffer ist noch nicht verstaut. Der Busfahrer meinte, die Ladeflächen seien voll.«
»Oh!« Sie verdrehte die Augen. »Und nun?«
Herilein zuckte mit den knöchrigen Schultern. »Zur Not muss ich ihn mit in den Bus nehmen.«
Koffer? Bus? HÄ?
Wollte der Typ etwa mit auf Klassenfahrt?
Als ob die Püttelmeyer meine Gedanken erraten hätte, blökte sie durch den Gang: »Alle mal herhören! Herr Schmudtke hatte gestern Nachmittag leider eine Kollision mit einem anderen Radfahrer und hat sich dabei den Fuß verstaucht. Er kann also nicht mit auf Klassenfahrt kommen. « Enttäuschtes Raunen und Gemurmel schallte durch den Bus. Herr Schmudtke war nämlich einer von den echt guten Lehrern.
»Ruhe, bitte!« Frau Püttelmeyer klatschte laut in die Hände. »Kein Grund zur Aufregung. An seiner Stelle hat sich Herr von Pichelstein freundlicherweise bereit erklärt, uns als Betreuer ins Schullandheim zu begleiten.«
»Na super«, flüsterte ich. »Dann kann sie ihn ja vierundzwanzig Stunden am Tag anhimmeln.«
Alessio flüsterte mit Verschwörerstimme zurück: »Immerhin hat sie so keine
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