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Nocturna - Die Nacht der gestohlenen Schatten

Titel: Nocturna - Die Nacht der gestohlenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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herausgeschrieben hast?«, hakte Morbus nach. Apolonia nickte. »Sehr gut. Nun, dann bringe ich das Buch in die Bibliothek. Später werde ich es mir einmal ansehen.«
    Er nahm das Buch und Apolonia am Arm; dann verließen sie den Raum eiligen Schrittes, gefolgt von den Dichtern, die die Terroristin trugen.
     
    Die Fahrt von Caer Therin in die Stadt dauerte nur eine knappe halbe Stunde, doch Apolonia plagten vor Nervosität Magenschmerzen. Die Polizei musste die Wohnung in diesem Augenblick stürmen, und wenn Tigwid unter den Terroristen war, würde er wahrscheinlich so manches über sie preisgeben. Sie musste so schnell wie möglich dort sein und ihn irgendwie zum Schweigen bringen …
    Endlich angekommen, parkten van Ulir und Kastor ihre Wagen zwei Straßen entfernt und sie liefen das letzte Stück zur Wohnung. Die Polizei war bereits da, und als Apolonia und die Dichter sich als die Informanten zu erkennen gaben, ließen sie sie in die Wohnung. Allerdings fehlte vom TBK jede Spur.
    »Niemand hier«, sagte der verantwortliche Kommissar. »Eine leer stehende Wohnung wie alle anderen in diesem Haus. Wir konnten zwar feststellen, dass im Ofen Feuer gemacht wurde und jemand in den Betten geschlafen hat, aber das können auch Bettler oder Straßenkinder gewesen sein. Deshalb würde ich Sie gerne fragen, wie Sie zu der Annahme kommen, dass das hier ein Versteck des TBK ist.«
    Obwohl der Kommissar Morbus angesprochen hatte, antwortete ihm Apolonia: »Wir haben vor zwei Stunden einen Anruf vom Treuen Bund erhalten. Sie sagten uns, wenn ich
nicht zu einem sofortigen Treffen mit ihnen in diese Wohnung käme, würden sie eines ihrer Entführungsopfer, eine junge Frau namens Loreley, so lange quälen, bis sie in einen Zustand geistiger Verwirrung geriete. Wenn Sie erlauben, würde ich mich gerne hier umsehen.«
    Der Kommissar starrte sie verblüfft an, gab ihr aber wortlos den Weg frei. Apolonia durchquerte einen schmalen Korridor und mehrere Räume. Löcher klafften hier und da im Fußboden, in den Wänden und in der Decke; lose Bretter und Ziegelsteine lagen in den Ecken und Zeitungen klemmten zum Isolieren in den Ritzen der Fenster. Neben einem Bett lag schmutziges Verbandszeug. In der Küche standen mehrere Polizisten beieinander und durchsuchten die Schränke. Apolonia ging weiter, bis sie ein Badezimmer entdeckte. Eine Badewanne, der ein Fuß fehlte, und ein großer Spiegel waren die einzigen Gegenstände im Raum. Apolonia trat vor den Spiegel und knipste einen Lichtschalter an - in der Wanne surrte ein Büschel Glühbirnen auf. Wie geisterhaft sie im Licht aussah! Unwillkürlich legte sie die Hand auf die kühle Spiegelung. War das wirklich sie? Die eisigen Augen, der verhärtete Mund kamen ihr nur vage bekannt vor, als hätte sie das Mädchen im Spiegel einmal flüchtig auf der Straße gesehen.
    Im gleichen Spiegel hatten sich noch vor wenigen Stunden ihre Feinde gesehen. Apolonia glaubte ihre Gesichter hinter ihrem zu erkennen, höhnisch und boshaft wie die der beiden gefassten Terroristen aus der Zeitung. Sie ballte die Fäuste. Der TBK hatte gewusst, dass die Polizei herkommen würde. Und sie hatten lediglich ihren Dreck zurückgelassen, um Apolonia zum Gespött der Blauröcke zu machen!
    Sie drehte sich um und versetzte der Mauer gegenüber einen Tritt. Dann erst bemerkte sie die grüne Tür, die auf die nackten Ziegel gemalt war. Verwirrt blickte sie in den Spiegel
zurück - von der Tür war nichts zu sehen. Wie konnte das sein? Sie rieb sich die Augen, doch es war keine Täuschung. Das hieß - natürlich war es eine Täuschung, ein boshafter kleiner Trick des Treuen Bunds. Ein Schauder jagte ihr den Rücken hinab, als sie die Absicht dieser List erkannte … Der Bund wollte der Polizei einen Hinweis geben - sie wollten das Geheimnis der Motten mit der Zaubertür verraten.
    Aus der Küche drangen die Stimmen der Blauröcke zu ihr. Besteck klirrte, als sie die Schubladen ausleerten. Panisch versuchte Apolonia, den Wasserhahn der Wanne aufzudrehen, doch es kamen nur ein paar braune Tropfen heraus. Also zog sie ihren Mantel aus und begann, damit das falsche Bild abzuwischen. Die Tür war mit bunter Kreide gemalt, doch kein Stäubchen löste sich von den Ziegeln. Schließlich gab Apolonia auf, packte eines der Rohre, die herumlagen, und zertrümmerte den Spiegel. Der Lärm lockte die Polizisten an. Als sie Apolonia zwischen leuchtenden Scherben stehen sahen, ein Rohr in der einen und ihren zusammengeknüllten Mantel

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