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Nocturna - Die Nacht der gestohlenen Schatten

Titel: Nocturna - Die Nacht der gestohlenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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war inzwischen an den Schreibtisch getreten und betrachtete mit gerunzelter Stirn etwas. » Das ist natürlich ein guter Grund, es zu akzeptieren.« Und sie hob zwei Hände voll Dynamitstangen empor.
    »Vorsicht!« Fuchspfennig nahm ihr die Stangen wieder aus den Händen und legte sie in eine Holzkiste zurück. Collonta verschloss die Kiste und warf einen Blick in die Runde.
    »Seit Magdalenas Tod traut Julesa sich nicht mehr oft, als Geist zu wandern. Ich war vorher bei ihr zu Hause, um das hier abzuholen, und ich sage euch: Da war nichts mehr, nichts, das irgendwie verraten könnte, dass Julesa eine Motte ist. All
ihre Bücher sind weg. Es bedeutet sehr viel, dass Julesa uns trotzdem unterstützt und uns das hier hat zukommen lassen«, schloss Collonta ernst. Dann erklärte er Tigwid: »Julesa ist mit dem Besitzer mehrerer Bergwerke verheiratet. Dadurch kann sie uns den Sprengstoff zuschmuggeln.«
    »Wozu braucht ihr es?«, fragte Tigwid, der schon bezweifelt hatte, dass das Leuchten in Collontas Augen nur von Punsch und weihnachtlicher Freude herrührte.
    »Nun, hauptsächlich zu unserer eigenen Sicherheit natürlich. Selbstschutz ist die beste Waffe gegen die Dichter, denn solange sie uns nicht kriegen, kriegen sie auch nicht unsere Gaben.«
    »Außerdem…« Fuchspfennig senkte vertraulich die Stimme. »Wir wissen nicht, wie weit die Dichter gehen wollen. Sie haben die Presse auf ihre Seite gezogen. Sie haben sich die Polizei gefügig gemacht - wir gehen davon aus, dass sie dafür ihre Wahren Worte eingesetzt und den einen oder anderen wichtigen Mann manipuliert haben. Wir müssen davon ausgehen, dass …« Er stockte.
    »Wir müssen davon ausgehen, dass die Dichter die Macht an sich reißen wollen«, schloss Collonta kurz und sachlich. »Wir wissen nicht, wie lange es dauern wird, bis sie alle nötigen Vorkehrungen getroffen haben, aber rasches Handeln ist jetzt nötig, um das Schlimmste - ja, nicht nur das Schlimmste für uns zu verhindern, sondern für die ganze Menschheit.«
    Eine Weile schwiegen alle, um das Gesagte zu verdauen. Tigwid beobachtete die anderen: Kairo beäugte Fuchspfennig mit einem ängstlichen Funkeln, was angesichts ihrer gegensätzlichen Statur irgendwie verkehrt schien. Zhang sah Collonta besorgt und erwartungsvoll an. Es war unschwer zu erkennen, dass sie ihm treu ergeben war, egal was er vorschlug. Bonni starrte gedankenverloren auf die Kiste unter Collontas Hand - was sie dachte, war auch offensichtlich.
Laus, die ältere Motte, spielte unruhig mit ihren Schals, schien aber gespannt auf Collontas weiteren Vortrag zu warten. Emil hätte Tigwid fast übersehen - er stand im Schatten der anderen und beobachtete sie, genau wie Tigwid.
    »Und damit wollt ihr die Dichter jetzt bekämpfen?«, fragte Tigwid in die Stille und wies auf die Dynamitkiste. »Dann würden wir genau das werden, als was die Dichter uns darstellen: gewalttätige Terroristen.«
    Zhang zuckte langsam die Schultern. »Wenn die ganze Stadt das ohnehin schon glaubt …«
    »Um eins klarzustellen«, sagte Collonta in einem Ton, der alle aufhorchen ließ. »Wir werden keinem Zivilisten etwas antun, um diesen Kampf zu gewinnen; das überlassen wir den Dichtern und ihren Bränden. Aber wenn die Waffen unserer Feinde Manipulation, Geld und die Unterstützung der Öffentlichkeit sind, können wir ihnen nicht mit bloßer Gutmütigkeit entgegentreten. Sobald die Dichter ihre Motten in die Regierung geschleust haben, ist die Regierung unser Feind. Dann müssen wir zum Risiko bereit sein.« Er klopfte auf die Kiste, langsam, zweimal.
    »Und dann?«, fragte Tigwid, als wieder alle schwiegen. »Mal angenommen, wir sprengen wirklich das Parlamentsgebäude mitsamt allen Dichtern in die Luft - tauchen wir einfach unter und verschwinden von der Bildfläche?«
    »Wir können nicht einfach alles in Schutt und Asche legen und den anderen unser Chaos hinterlassen«, murmelte Fuchspfennig. Sein Blick flog nervös von Gesicht zu Gesicht. »Es wäre endlich an der Zeit, den Menschen zu geben, was ihnen zusteht, und …«
    Collonta legte Fuchspfennig eine Hand auf die Schulter, um ihm zu bedeuten, dass er weitererklären wollte. Nach einem Moment begann er zu sprechen.
    »Vor acht Jahren haben wir vom Treuen Bund versucht,
mit der Wahrheit ans Tageslicht zu treten und die Regierung zu übernehmen. Einige Motten jedoch … wollten weiterhin geheim bleiben. Ihnen gefiel es durchaus, im Verborgenen die Fäden zu ziehen und ihre Gaben allein für

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