Nocturne City 02 - Blutfehde
öfter mal sehen, ja?“, flüsterte ich.
„Mach ich“, versprach Shelby. „Pass auf dich auf, Luna.“ „Du auch“, erwiderte ich und sah ihr noch einen Augenblick nach, bevor ich mich wieder an die Arbeit machte.
Nach dem Ende meiner Schicht fuhr ich nach Hause, und als ich dort ankam, fiel das wohlvertraute Licht aus dem Küchenfenster. Es war fast so wie damals, als ich noch mit Sunny zusammengelebt hatte, nur dass mich Dmitri mit einem Grinsen statt einer Tasse Tee begrüßte. „Hab schon auf dich gewartet, Miss Supercop. Hast du auch an die Handschellen gedacht?“
Obwohl Dmitri jetzt schon einen Monat bei mir wohnte, war es immer noch ein sehr ungewohntes Gefühl, ihn ständig um mich zu haben.
„Handschellen? Denkst du etwa nur an das eine?“, fragte ich zurück, während ich meine Dienstwaffe und die goldfarbene Polizeimarke in der Schublade des Schreibtischs im Vorzimmer einschloss.
„So ziemlich“, antwortete Dmitri und zog mich an sich. „Ich will doch einfach nur ein paar schöne Stunden mit dir verbringen, bevor ich für ein paar Tage verschwinde …“ Endlich sprach er an, was uns beide schon seit einiger Zeit beunruhigte: Der Vollmond stand kurz bevor, und weder er noch ich wussten, was dann mit ihm geschehen würde.
„Das kommt nicht infrage, Dmitri.“ Mit einem energischen Schubser stieß ich ihn weg und hielt ihn auf Armlänge von mir. „Du bleibst hier!“
„Nein“, erwiderte er und schüttelte den Kopf. „Ich bin unberechenbar, Luna. Durch den Biss des Dämons kann weiß Gott was bei der Wandlung passieren. Seit der Infektion habe ich bei jedem Vollmond einen Blackout gehabt. Kompletter Filmriss, verstehst du? Ich hab einfach Angst, dass ich dich verletzen könnte.“
Ich ergriff seine Hände und schaute ihm tief in die Augen. Diesmal würde ich nicht zulassen, dass er seinen Dickkopf durchsetzte. „Du hast mir noch nie wehgetan. Dmitri.“
„Früher war ich auch noch kein Monster“, flüsterte er betrübt. Eine Welle der Traurigkeit überlief meinen Körper. Ein Monster … war es etwa das, wofür er sich hielt? Ich nahm sein Gesicht in meine Hände.
„Dmitri, du bist kein Monster!“
„Das sagst du vielleicht“, murmelte er.
„Ja, genau das sage ich, und tief in dir drin weißt du es auch. Ich will, dass du bleibst, Dmitri. Ich habe keine Angst vor dem Biss des Dämons, und noch weniger habe ich Angst vor dir.“
„Vielleicht solltest du aber lieber Angst haben.“
„Vielleicht“, erwiderte ich -schulterzuckend. „Aber ich will trotzdem, dass du hierbleibst.“
Seine Lippen zitterten nervös, so als wolle er noch etwas einwenden. Aber dann umarmte er mich und drückte meinen Kopf an seine Brust, sodass ich seinen Herzschlag hören konnte. „Ist dir eigentlich klar, dass du wahrscheinlich die dickköpfigste Frau der Welt bist?“
„Ja, aber genau das liebst du doch an mir.“
„Komm“, sagte Dmitri und nahm meine Hand, um mich zur Tür hinauszuführen. In der Einfahrt blieb er stehen und blickte in den klaren Nachthimmel hinauf. Einen Moment später hatte uns das Licht des Mondes mit seinem unheimlichen Versprechen auf die bevorstehende Wandlung in den Bann gezogen, und wir genossen sein silbernes Strahlen. „Jetzt gibt es nur noch dich und mich“, flüsterte Dmitri. „Egal, was passiert, Luna, es gibt nur noch dich und mich. Das verspreche ich dir.“
Gedankenversunken lehnte ich mich an Dmitri und betete lautlos zur Strahlenden Herrscherin des Mondes, dass die Seelen von Vincent Blackburn und all den anderen namens- und gesichtslosen Opfern von Seamus O’Halloran den richtigen Weg finden würden. Dmitri hatte aus tiefstem Herzen gesprochen, und sein Versprechen war weit mehr als eine rührende Geste. Trotzdem wusste ich, dass wir uns nur einer Sache sicher sein konnten: Die Zukunft war mehr als ungewiss. Niemand, noch nicht einmal Dmitri, konnte mir ein Happy End versprechen. Aber so war es schon immer gewesen, und wie immer würde ich mich auch dieses Mal dem Unbekannten stellen. Mit Dmitri an meiner Seite hatte ich jetzt sogar die Hoffnung, es mit offenen Augen tun zu können.
„Luna?“, riss mich seine Stimme aus meinen Gedanken. „Alles okay bei dir?“
„Ja, alles in Ordnung“, murmelte ich und blickte auf den Ozean. „Lass uns reingehen.“
„Hast du was Bestimmtes vor?“, fragte er mit einem verschmitzten Lächeln.
Ich küsste ihn, nahm seine Hand und zog ihn zur Eingangstür. „Eigentlich nicht. Ich will einfach nur
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