Noelles Demut
Lucian fragst? Vielleicht ist er bereit, den sadistischen Part zu übernehmen?“
„Sei mir nicht böse, aber Lucian ist nicht Simon.“
Isabella lachte. „Dessen bin ich mir durchaus bewusst. Simon wäre mir viel zu viel von allem.“
„Keiner hier im Club ist wie Simon, mit Ausnahme von Dante, aber das ist kein Thema.“
„Nein“, sagte Isabella mehr zu sich selbst. Ihr schlotterten immer noch die Knie, wenn sie an Dante und ihre erste Begegnung mit ihm dachte. Sie hatte nie wieder eine derartige Angst verspürt. Mittlerweile kannte sie Dante und seine Familie sehr gut. Er war unglaublich lieb, ein sehr einfühlsamer Vater und unerschütterlicher Master. Doch Dante spielte ausschließlich mit seiner Frau. Ihn zu fragen hätte keinen Sinn.
Ann jagte den Escalade über die Straße, als wäre der Teufel hinter ihr her. Adrenalin rauschte durch ihre Adern. Sie genoss das Gefühl. Es fühlte sich fast so an, als wäre sie in einer Session. Einer Session mit Simon.
Den Kloß in ihrem Hals schluckte sie runter. Denken war keine gute Idee. Zweifel nagten an ihrem Herzen. Da war sie endlich mal wieder verliebt und alles lief aus dem Ruder. Warum gab es immer einen Haken?
Es war ihr egal, dass John so viel jünger war als sie und dass er sein ganzes Geld in die Kunst steckte. Eigentlich führten sie zwei völlig voneinander getrennte Leben, und doch hätte es funktionieren können. Wenn da nicht diese Sucht wäre, die Sucht nach Schmerz, nach Unterwerfung und Demütigung.
Tränen brannten in ihren Augen. Sie drängte sie zurück. Alles, nur keine Schwäche zeigen. Nicht einmal vor sich selbst wollte sie eingestehen, dass sie nicht fähig war, eine Beziehung zu führen. Andere konnten es auch. Mein Gott, sogar Lucian, der Unnahbare, hatte sein Gegenstück gefunden. Selbst Simon, der sich nie genug öffnete, um einen Menschen in sein Innerstes zu lassen.
Simon! Er fehlte ihr.
Sie liebte ihn nicht. Das hatte sie nie getan, und doch war sein Verlust kaum zu ertragen.
Johns Gesicht erschien vor ihrem inneren Auge, der traurige Blick. Es hatte ihm schwer zu schaffen gemacht, dass er nicht in der Lage war, ihr die Erfüllung zu schenken, die sie gebraucht hatte. Er hatte sie gefickt, hart und lange, doch der intensive Schmerz hatte ihr gefehlt.
„Scheiße!“, schrie sie in die Nacht hinaus und schlug mit der Faust aufs Lenkrad.
Steine stoben unter ihren Reifen auf, als sie in den Schotterweg einbog. Die erleuchteten Fenster verhießen ihr heute keine Erfüllung. Vielleicht hätte sie gar nicht herkommen sollen?
Lustlos betrat sie den Club. Isabella saß an der Theke, und John stellte ihr gerade einen Cocktail vor die Nase. Als Ann ihn sah, zerbröselten alle Zweifel in ihr. Ein heißes, brennendes Ziehen erfüllte ihr Herz, und ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie würden einen neuen Master finden, der ihnen beiden die Erfüllung schenkte, die sie brauchten. Es musste eine Lösung geben! Verlieren wollte sie ihn nicht.
Ann ging sofort hinter die Theke und küsste ihn. „Hi!“, flüsterte sie an seinem Hals.
„Hi! Wie ist es im Gericht gelaufen?“
„Wir haben den Fall gewonnen. Bei der Beweislage kein großer Sieg. Gibst du mir einen Whiskey? Hallo Bell!“
„Hi! Du siehst müde aus.“
Ann sah auf ihre Uhr. „Hey, es ist gleich Mitternacht. Da darf man müde aussehen. Ich bin seit acht Uhr im Gericht gewesen.“
„Setz dich zu mir. Was gibt’s Neues?“, fragte Isabella.
„Bei mir gibt es nicht viel zu erzählen“, entgegnete Ann und trank einen Schluck. „Wie geht es Noelle und Simon? Haben sie sich eingelebt? Ich muss mich unbedingt mal wieder mit ihr zum Essen verabreden.“
„Ich glaube, den beiden geht es fantastisch. Immer, wenn ich sie sehe, strahlen sie vor sich hin.“
„Cassy ist weniger umgänglich. Als sie den Fall heute verloren hat, hätte sie mir am liebsten die Augen ausgekratzt. Ich bin froh, dass sie endlich weg ist.“
Isabella verschluckte sich an ihrem Cocktail. „Wie jetzt? Ich denke, sie ist in Chicago?“
Ann klopfte ihr auf den Rücken und hielt irritiert inne. „Wie kommst du darauf? Heute war ihr letzter Fall.“
„Als sie mir vor zwei Wochen den Schlüssel gegeben hat, sagte sie, sie müsse nach Chicago und fliege von dort aus direkt nach London.“
„Ich wüsste nicht, wann sie das hätte schaffen sollen. In den letzten Wochen hatten wir wegen ihr vermehrt Verfahrensabschlüsse. Nein, sie steckte bis über beiden Ohren in Arbeit. Sie war weder in
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