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Noelles Demut

Noelles Demut

Titel: Noelles Demut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Marcuse
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Simons Reaktion gab ihr ein weiteres Mal Sicherheit.
    „Was denkst du gerade?“, riss er sie aus ihren Gedanken. „Bitte sag die Wahrheit.“
    „Ich möchte nicht darüber sprechen.“
    „Das musst du. Entweder du sprichst mit mir oder mit einem Psychologen. Das schaffst du nicht allein, Noelle.“
    „Ich mag dich, Simon, und ich will unser Zusammensein nicht mit meinem ganzen Mist belasten.“
    „Bitte sag mir, was du gedacht hast, als du mich gerade angelächelt hast.“
    Noelle holte tief Luft. „Tom war ein kleiner, schlanker Mann, und doch war so viel Gewalt in ihm. Du … Du siehst aus, als …“
    „Wie sehe ich aus?“
    „Du siehst brutal und herrschsüchtig aus. Ich sollte Angst vor dir haben. Von einem Mann wie dir würde man denken, dass er seine Frau schlägt. Aber du würdest das nie tun, nicht wahr?“
    „Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie jemanden verprügelt, Noelle, und ich werde es auch nicht tun. Obwohl ich daran gedacht habe.“
    Entsetzt riss Noelle die Augen auf.
    „In mir brodelte die reinste Mordlust, als ich deine Verletzungen gesehen habe. Den Kerl hätte ich mit Freuden windelweich geprügelt. Ich bin nicht gewalttätig, Noelle. Im Gegenteil, ich bilde mir auf meine Selbstbeherrschung etwas ein. Hab keine Angst vor mir.“
    „Das habe ich nicht, hatte ich nie. Und das ist es, was mich irritiert. Nach allem, was ich erlebt habe, dürfte ich mich nicht zu dir hingezogen fühlen.“
    Noelle bekam rote Ohren, senkte den Kopf und stocherte auf ihrem Teller rum. Ganz sanft ergriff Simon ihre Hand. Er hob sie hoch, und seine Lippen berührten ihre Fingerspitzen.
    „Ich will nicht leugnen, dass ich dich begehre, Nell, aber ich weiß auch, dass du Zeit brauchst. Wie gesagt, Selbstbeherrschung ist mein zweiter Vorname.“
    Noelle versank in seinem Blick, als sie den Kopf hob. Sein sanfter Kuss auf ihre Fingerspitzen wanderte ihren Arm hinauf und nistete sich in ihrem Herzen ein. „Nell klingt schön, wenn du es sagst“, flüsterte sie.
    „Du wirst es noch so oft hören, dass es dir zum Hals raushängen wird.“
    Ein breites Grinsen bildete sich auf ihrem Gesicht. „Du bist also Architekt und du malst“, lenkte sie das Gespräch auf eine weniger emotionale Ebene.
    „Ja.“
    „Was malst du?“
    „Erotische Bilder.“
    Noelle lachte.
    „Was ist daran so lustig?“
    „Gar nichts! Ich wollte nur von dem ganzen Gefühlschaos in mir ein bisschen Abstand, und jetzt malst du Erotik. Das war nicht das, was ich erwartet hatte.“
    „Was hast du denn erwartet?“
    „Weiß ich nicht. Was Düsteres, Heroisches oder Drachen und Ritter. Ja, der Ritter in schwarzer Rüstung, der die Prinzessin rettet. Das würde zu dir passen.“
    Sein dröhnendes Lachen erfüllte den Raum und hinterließ auf Noelles Armen Gänsehaut.
    „So siehst du mich? Mann, da habe ich aber wirklich was falsch gemacht.“
    „Darf ich deine Bilder sehen?“
    Simon widmete sich geschäftig dem restlichen Gemüse und antwortete nicht.
    „Oh, ich sehe schon. Der typische Künstler. Immer Selbstzweifel, ob er gut genug ist. Ich wette, deine Bilder sind großartig. Erzähl mir von dem Auftrag in Los Angeles.“
    „Eine Freundin ist letztes Jahr mit ihrem Mann nach L.A. gezogen. Jetzt will sie ein Hotel eröffnen. Sie hat mich gebeten, für jedes Zimmer ein Bild zu malen, das zum Thema passt.“
    „Also wird es doch ein Prinzessinnenzimmer geben“, lachte sie. „Das ist Monices Entscheidung, und ich hoffe inständig, dass sie das nicht vorhat“, lachte Simon. „Was ist mit dir? Was hast du jetzt vor?“
    Noelle rieb sich den nicht vorhandenen Bauch. „Lydia mästet mich, damit ich wieder zu Kräften komme. Vielleicht sollte ich auch wieder mit dem Laufen beginnen, um meine Kondition zu trainieren. Ich weiß noch nicht so richtig, was ich jetzt tun soll. Ich brauche dringend einen Job. Lydia freut sich, dass ich bei ihr bin, aber ich möchte ihr nicht zu lange auf der Tasche liegen. Außerdem habe ich Schulden, die ich abbezahlen muss.“
    „Schulden? Hat dir der Mistkerl auch noch Schulden hinterlassen?“
    Verwirrt sah Noelle ihn an. Eigentlich hatte sie die Krankenhausrechnung gemeint. „Was meinst du?“
    „Das Erbe. Jetzt, wo er tot ist, bist du doch seine Erbin, oder nicht?“
    Noelle presste sich eine Hand auf den Mund und sprang vom Stuhl auf. „Scheiße!“
    „Nell, was hast du?“
    Noelle rannte ins Gästezimmer. Sie konnte sich wage daran erinnern, dass Lydia von Briefen gesprochen hatte, die

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