Noelles Demut
Unglück gelassen, das gestern vor meiner Tür stand?“
„Habe ich den Badewannenausguss runtergespült“, grinste Noelle.
„Das war eine super Idee. Machst du Frühstück? Ich brauche dringend Kaffee.“
„Es gibt offensichtlich Dinge, die sich nie ändern.“
„Offensichtlich“, lachte Lydia und verschwand im Bad.
Noelle brühte Kaffee auf und machte Toast. Im Küchenschrank fand sie toskanischen Honig, Schokoladencreme und Erdnussbutter. Dazu französische Butter, Frischkäse, Erdbeeren und Weintrauben aus dem Kühlschrank.
„Du lebst nicht schlecht“, rief sie über die Schulter, als sie den Tisch deckte.
„Ich habe doch gesagt, ich arbeite in einem Delikatessengeschäft.“ Lydia stand in den Türrahmen gelehnt und beobachtete sie.
„Du sagtest, du arbeitest in einem Lebensmittelgeschäft.“
„Es sind halt besondere Lebensmittel. Dieser Laden ist das reinste Paradies. Ein Wunder, dass ich noch nicht durchs Leben rolle. Letzte Woche haben wir eine Lieferung Pralinen aus Belgien bekommen. Der reinste Zungenorgasmus.“ Lydia setzte sich grinsend an den Tisch. „Was wollen wir zwei Hübschen heute unternehmen?“
Noelle goss Lydia Kaffee ein und setzte sich zu ihr. „Weiß nicht. Worauf hast du Lust?“
„Willst du keinen Kaffee?“, fragte Lydia ungläubig.
Noelle schüttelte den Kopf. „Das macht mein Magen nicht mit. Ich bin schon froh, wenn das Frühstück drinbleibt.“ Während sie das sagte, nahm sie sich einen Toast und kratzte ganz dünn Butter darauf.
„Hmmm!“, machte Lydia und starrte auf ihr schlabberndes T-Shirt. Noelle fühlte sich unter diesem Blick unzulänglich.
„Wenn ich dich so ansehe, sollten wir shoppen gehen. Du brauchst dringend etwas Ordentliches zum Anziehen.“
Noelle ließ den Toast auf ihren Teller sinken. „Das kann ich mir nicht leisten. Ich brauche schnellstens einen Job.“
„In dem alten Ding wirst du kaum zu einem Vorstellungsgespräch gehen können. Mein Kleiderschrank gehört dir. Ich befürchte nur, dass ich ein paar Pfund mehr auf den Rippen habe.
Also nicht shoppen? Hmmm? Ich hab’s. Seit Tagen will ich schon in eine Ausstellung. Lass uns einen auf Snob machen und in eine Bildergalerie gehen.“
„Seit wann interessierst du dich für Kunst?“
„Tue ich nicht. Mich interessiert nur der Künstler. Die Galerie gehört der Freundin meines Chefs. Seit einem Jahr macht sie immer mal wieder erotische Ausstellungen.“ Lydia kramte in der Zeitung auf dem Nachbarstuhl herum. „Hier. Die Vernissage war ein riesiger Erfolg. Sieh dir dieses Bild an. Ist das nicht klasse?“
Das Bild, von dem Lydia so schwärmte, war ein männlicher Akt. Der Mann saß auf dem Boden, die Arme um den Körper gelegt, den Kopf gesenkt. Der muskulöse, geschmeidig wirkende Körper schien golden zu schimmern.
„Wirklich eine tolle Arbeit. Und er ist der Künstler?“
„Nein. Nur ein Modell. Paul Garwis heißt der Künstler. Es ist bereits seine zweite Ausstellung in ihrer Galerie. Bitte, ich möchte sie unbedingt sehen.“
„Mich musst du nicht überzeugen. Schließlich bin ich von uns beiden die Kunstverrückte. Mann, ich war seit Jahren in keiner Ausstellung mehr.“
„Fein! Dann iss mal ein bisschen schneller, damit wir loskönnen.“
Kapitel 5
Isabella öffnete Simon lächelnd die Tür. „Hi! Er ist oben und jammert.“
„Hattest du was anderes erwartet? Lucian ans Bett gefesselt – das kann nicht gut gehen.“
„Das ist die Lösung“, lachte Isabella. „Darauf hätte ich auch selbst kommen können.“
Simon feixte. Das würde dem Ganzen die Krone aufsetzen.
Lucian funkelte ihn böse an, als Simon das Schlafzimmer betrat. Die Halskrause lag auf dem Boden neben der Tür. Simon konnte sich gut vorstellen, dass Lucian sie nach Isabella geworfen hatte. Auf seinem Nachtschrank stapelten sich Bücher. Ein Glas Wasser und ein Röhrchen Tabletten standen daneben. Von der üppigen Pralinenschachtel auf dem Bett war nicht mehr viel übrig.
„Sag dieser Person, dass ich kein Pflegefall bin. Wenn sie so weitermacht, kette ich sie im Keller an.“
„Das wirst du auf morgen verschieben müssen, mein Freund“, lachte Simon. „Heute darfst du nicht aufstehen.“
„Bist du gekommen, um mir den Rest zu geben?“
Simon zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. „Eigentlich bin ich nur hier, um mich zu verabschieden. Monice hat mir einen Auftrag angeboten. Ich werde für eine Weile nicht in der Stadt sein.“
„Was ist los?“, fragte
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