Nördlich des Weltuntergangs
zweifelnd. Der wusste nicht, was gut für ihn war, und brummte drohend.
»Am besten, wir erschießen ihn hier, dann sind die Bestimmungen erfüllt«, schlug der Feldwebel vor. Eemeli Toropainen wollte jedoch nicht wegen bürokratischer Regeln seinen Mitpatienten töten. Schließlich wurde das Problem dadurch gelöst, dass der Bär in das Zollformular als darstellender Künstler, als Zirkusbär, eingetragen wurde.
Die Expedition bezahlte einen halben Liter Kräuterschnaps als Zoll für das Tier. Der Feldwebel sagte, dass er den Schnaps sehr gern persönlich austrinken werde. Er habe den ganzen Sommer lang kein Gehalt von der EU bekommen.
Die Expeditionsteilnehmer wollten ihren Weg mit den Ochsenwagen fortsetzen, aber nachdem der Feldwebel einige Schlucke von der flüssigen Zollgebühr genommen hatte, machte er ihnen einen besseren Vorschlag. Auf den Weichen der Kostamus-Bahn standen ein paar verrostete Güterwagen und Achsengestelle, Überbleibsel des einst so wichtigen Erztransportweges. Der Feldwebel riet den Männern, die Ochsenwagen auf diese Achsengestelle zu heben, dann könnten sie die Schienen benutzen, und die Fahrt zum Weißen Meer wäre wesentlich leichter.
Der Feldwebel wusste zwar nicht, welchem Staat die Achsengestelle gehörten, wollte sie aber umsonst zur Verfügung stellen, wenn er noch einen oder zwei Liter Schnaps bekäme. Außerdem würde er auch beim Umsetzen der Ochsenwagen helfen.
Am nächsten Morgen waren die Wagen zur Weiterfahrt bereit. Jetzt genügte ein Ochse als Zugtier, die anderen wurden an der Grenze zurückgelassen. Der Feldwebel versprach, eine Nachricht nach Ukonjärvi zu schicken, dass die Tiere bei ihm abgeholt werden konnten.
Mühelos zog der Ochse die Wagen über die Schienen. Der Bär saß mit dem Teerfass und den übrigen Waren im ersten, die Reiseteilnehmer im zweiten. Die Wagen fuhren langsam und ruhig, da das besonders günstig für die Herzpatienten war. Der Bahndamm zu beiden Seiten war dicht bewuchert, der gerade Schienenstrang führte durch Sümpfe und dichte Wälder. Der Bär saß in seiner Wagenklasse und betrachtete die Landschaft, als sein Waldinstinkt zu erwachen begann; zuweilen nahm er schnaubend Witterung auf.
Spätabends erreichte man Kostamus. Die Stadt war verwaist, die meisten Wohnsilos waren im Krieg abgebrannt, und die Bergwerksgebäude waren nur noch schwarze Skelette. Der Ochse bekam Zeit zum Ausruhen und Fressen. Für den Bären sammelten die Männer einen Bottich voller Steinpilze, die hinter dem Verladebahnhof des Bergwerkes wuchsen.
Am Morgen ging es weiter. Die Schienen führten jetzt nach Südosten. Nach zwei Tagen war Lietmajärvi erreicht, wo sich der Strang mit einem anderen, der aus dem Norden kam, kreuzte. Die Männer überlegten, ob sie in bisheriger Richtung bis zur Murmansker Bahn weiterfahren sollten. Diese Absicht mussten sie jedoch aufgeben, denn ein Stückchen weiter war die Strecke durch einen langen Zug blockiert. Er bestand aus zwanzig Schlafwagen. Bei näherer Betrachtung zeigte sich, dass es ein Lazarettzug aus dem dritten Weltkrieg war. Die Inneneinrichtung der Wagen war geraubt worden, die Lok war kaputt. In einigen Wagen fanden sich noch Überreste der ehemaligen Patienten, auf den Tragen lagen Knochen und Kleiderbündel. Offenbar waren die Patienten mit den schwersten Verletzungen sich selbst überlassen worden, als der Zug aufgegeben worden war. Ein paar Jungen, die sich in der Nähe des Bahnhofs herumtrieben, erzählten, dass bei Ontrosenvaara und weiter südöstlich mehrere Bahnbrücken gesprengt worden waren. Der traurige Zug war mit seinen Patienten in abgeschiedener Gegend in die Falle geraten.
Die Männer versuchten, die Weichen zu stellen, was ihnen auch so weit gelang, dass sie mit ihrem Ochsenzug nach Norden weiterfahren konnten.
In dieser Gegend gab es viele Flüsse und Seen. Hier und dort waren noch Anzeichen der alten weißmeerkarelischen Besiedelung zu erkennen. Sogar ganze Dörfer waren heil und bewohnt. In Tsirkka-Kemi kamen Männer, Frauen und vor allem Kinder angelaufen, um den Zug zu bestaunen. Der Bär interessierte sie weniger, diese Tiere waren in der Gegend keine Seltenheit, aber ein Ochse anstelle einer Lok, das warf Fragen auf. War so etwas in Finnland üblich? Die Leute fanden, dass ein solcher Zug unerhört langsam war, aber immerhin besser als gar nichts. Denn in Karelien waren zuletzt während des Krieges Züge gefahren.
Die Reiseteilnehmer konnten sich in den umliegenden Häusern Milch
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