Nördlich des Weltuntergangs
aus, mit den restlichen fuhr er nach Nurmes zur Maifeier. Dort, in der kleinen Provinzstadt, fand sich allerhand Zeitvertreib. Es ging sogar ziemlich hoch her. Eemeli sang, die Männer grölten.
Nach zwei Tagen kehrten sie zu Äxten und Beilen zurück. Eemeli hatte in Nurmes’ bestem Hotel übernachtet, die Zimmerleute im Polizeiarrest.
In der Woche nach dem ersten Mai bestellte Eemeli Toropainen in der Denkmal- und Glockengießerei von Seinäjoki eine zweihundertzwanzig Kilo schwere Glocke für seine Kirche. Der technische Direktor der Gießerei versicherte ihm, dass der Klang einer Glocke von diesem Gewicht bei ruhigem Wetter mindestens anderthalb Kilometer weit zu hören sei. Eemeli befand das für ausreichend. Und der Direktor versprach, ihm die Glocke bis zum Herbst zu liefern.
4
Eine Kreuzkirche aus Balken zu errichten ist nicht ganz so einfach, wie eine Ufersauna zusammenzuhauen. Eemeli Toropainen standen jedoch erfahrene Zimmerleute aus seiner ehemaligen Fabrik zur Seite, die sämtliche Blockbautentypen beherrschten. Die Männer entschieden sich für Schwalbenschwanzzimmerung. Das ist eine komplizierte dichte Fuge. Wenn das Gebäude vierundzwanzig Ecken hat, teils Außen- und teils Innenwinkel, bedeutet das eine Menge Arbeit. Anfangs wurde die Motorsäge zu Hilfe genommen, dann jedoch kam man zu dem Schluss, dass die Zimmerung schöner und dichter werde, wenn man sie von Hand machte, auch wenn es so ein wenig länger dauerte.
Eemeli Toropainen erinnerte sich, in einem Buch gelesen zu haben, dass Antti Hakala vor über zweihundert Jahren manchmal innerhalb eines Sommers einen Kirchenbau hochgezogen hatte. Natürlich hatte er dabei Männer aus der ganzen Gemeinde zur Hilfe gehabt, trotzdem musste das Arbeitstempo enorm gewesen sein. Ob vielleicht Gott persönlich mitgeholfen hatte? Egal, Eemeli beschloss, dem Beispiel zu folgen. Wenn es damals möglich gewesen war, eine Kirche in einem Sommer zu bauen, musste das mit heutiger Arbeitsintensität doch auch gelingen.
Fünf Zimmerleute und ein Gehilfe schufteten von morgens bis abends. Zwei, drei Männer behauten die Balken, zwei saßen auf den Winkeln, der Gehilfe machte Handlangerdienste, und Bauherr Toropainen leitete die Arbeit – wobei er auch mal half, die Balken zu den Zimmerleuten hinaufzuheben –, oder er überprüfte die Maße oder rollte den Männern auf dem Holzplatz die Stämme zu. Der Frühling war schön und kühl, das bestmögliche Wetter für die Arbeit. Auf dem See schmolz das Eis, die Prachttaucher zogen ans andere Ende des Gewässers, die Kraniche überflogen den Kirchenhügel in Richtung Norden. Dabei schrien die etwa hundert langhalsigen Vögel laut über der Baustelle.
Da die Kirche aus frischen Balken errichtet wurde, beschloss Eemeli Toropainen, den Fußboden erst ganz zuletzt einzunageln, damit die Frühlings- und Sommerwinde das Gebäude zuvor austrocknen konnten. Der älteste Zimmermann, Severi Horttanainen, hatte erklärt, dass die Wandbalken unter Umständen morsch wurden, wenn sie vor der Fertigstellung des Fußbodens und des Daches nicht trockneten, oder sie wurden schief und knackten und knarrten bei schlechtem Wetter. Bei strengem Frost mache das Gebäude dann so schreckliche Geräusche, dass sich niemand darin werde aufhalten mögen, zumindest nicht bei Nacht.
Eemeli Toropainen sah davon ab, die Dachschindeln an Ort und Stelle zu fertigen. Er hatte dafür weder die nötigen Fachkräfte noch entsprechendes trockenes Rohmaterial. Das Museumsamt riet ihm, die Schindeln auf Ǻland zu bestellen, wo sie, vorrangig für Kirchenrestaurierungen, hergestellt wurden. Es war die einzige Stelle in Finnland, wo man sie bekam. So bestellte Eemeli denn kurz vor Mittsommer in Lumparland fünftausend Stück geteerte Schindeln für das Dach seiner Einödkirche. Ein paar Mark pro Bündel, kein ganz schlimmer Preis.
Zu Mittsommer waren die Wände aufgerichtet. Stolz und strahlend erhob sich der Bau am Ufer des Sees. Man sah auf den ersten Blick, dass es keine x-beliebige Blockhütte war, kein Motel und keine Tankstelle, sondern ein Tempel mit schönen Linien, dem allerdings noch das Dach und der Dachreiter fehlten. Das Gerippe der Sakristei an der östlichen Front war ebenfalls fertig; Eemeli Toropainen breitete zum Schutz vor Regen eine Plane darüber aus, dann stellte er drinnen sein Feldbett auf, um für den Rest des Sommers dort zu wohnen.
Ebenfalls zur Mittsommerzeit erschien der Leiter des Bauamtes von Sotkamo, Aimo Räyhänsalo,
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