Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
richtig verhalten«, sagte ich. »Sie hätten nichts anderes tun können.«
»Er wußte mit dem Safe Bescheid. Er hat sogar gewußt, in welchem Zimmer er sich befindet.«
Ich wandte mich um und sah den offenen Safe an der gegenüberliegenden Wand. Er war hinter einer der Karten versteckt gewesen.
»Warum hat er hier alles verwüstet?« sagte Vargas. Er schob sich an der Wand hoch, bis er auf den Füßen stand. »Warum hat er das gemacht?«
»Schauen Sie mal hier runter«, sagte Jackie. Er stand am Fenster.
Vargas bahnte sich quer durch den Raum knirschend einen Weg über all das zerbrochene Glas. Als er ans Fenster gekommen war, stellte er sich neben Jackie und sah nach draußen. Eine Brise wehte den feuchten Geruch des Flusses in den Raum.
Ich ging ebenfalls zum Fenster und verursachte auf dem zerbrochenen Glas dasselbe Geräusch wie Vargas. Über ihre Schultern hinweg sah ich die Trümmer unten auf dem Boden. Eine der Karten war zur Hälfte aus dem Rahmen gerissen, und eine ihrer Ecken wehte im Wind hin und her. Vargas’ Teleskop lag etwa zehn Meter vom Haus entfernt direkt am Ufer, halb an Land und halb schon im Wasser. Tausend Glassplitter funkelten im Licht der unteren Terrasse.
Vargas starrte lange Zeit nach draußen. Dann sah er wieder Jackie und mich an. »Sie wußten, wo der Safe war«, sagte er. »Das ist ein Ding. Woher haben sie das gewußt?«
Ich hielt das nicht für eine Frage, auf die er von uns eine Antwort erwartete, deshalb versuchte ich es erst gar nicht.
»Woher haben sie das gewußt?« wiederholte er.
»Kommen Sie«, sagte Jackie. »Gehen wir nach unten.«
Er nahm Vargas am Arm. Vargas schien sich erst gar nicht bewegen zu wollen, tat es schließlich aber doch. Wir knirschten alle drei unsern Weg aus dem Raum hinaus und dann die Treppe runter. Kenny hatte sich doch noch vom Boden erhoben, Gott segne ihn, aber er wirkte immer noch so, als müsse ihm irgendwer die Farbe ins Gesicht zurückwatschen.
»Win«, sagte er. »Was zum Teufel ist da oben passiert?«
»Er hat mich gezwungen, den Safe zu öffnen«, erklärte Vargas. »Dann hat er das Fenster zertrümmert und danach jedes Scheißding im Zimmer.«
»Die Polizei ist schon auf dem Weg hierher«, sagte Bennett. »Gill ist draußen.«
»Wo ist mein Hund?«
»Eine der Türen haben sie aufgebrochen«, sagte Bennett. »Ich nehme an, die beiden anderen waren nicht verschlossen.«
»Klar, ich hatte schließlich nicht mit einer Invasion gerechnet«, sagte Vargas. »Wenn dem Hund was passiert ist …«
Der Schock läßt jetzt nach, dachte ich. Ich kannte das schon. Jetzt war es für ihn an der Zeit, wütend zu werden …
»Komm her, Miata«, sagte er und öffnete die Schranktür. Der Hund kam herausgeschossen, bereit, jemanden zu ermorden. Er lief in die Küche, rutschte dort mit allen Beinen über den glatten Boden, dann zurück ins Pokerzimmer, ins Wohnzimmer, in jeden Raum des Hauses und bellte sich dabei heiser.
»Ist das nun der tapferste kleine gottverdammte Hund, den ihr jemals gesehen habt, oder nicht?« wollte Vargas wissen. »Wenigstens einer, der sich gewehrt hat.«
»Ich meine mich zu erinnern, daß Bennett für Sie ganz schön was eingesteckt hat«, sagte Jackie.
»Und wann war das?«
»Um Himmels willen«, sagte Jackie, »als man Sie vom Boden hochgerissen hat, hat er ihnen gesagt, sie sollten Sie in Ruhe lassen, erinnern Sie sich? Dafür hat er einen Tritt in die Rippen bekommen.«
Vargas sah Bennett an und schien die Szene noch einmal in seinem Kopf ablaufen zu lassen. »Hat nichts zu bedeuten«, sagte Bennett. »Blöd war es obendrein.«
Vargas sah ihn weiterhin an und wollte etwas sagen, als Gill ins Zimmer kam. »Von der Polizei ist noch nichts zu sehen«, sagte er. »Sie müßten längst hier sein.«
»Haben Sie die Polizei vom Soo verständigt?« fragte ich. »Oder die staatliche?«
»Soo«, sagte er. »Ich denke, da sind wir doch, oder?«
Vargas nahm die Flasche Jack Daniels vom Pokertisch und tat einen ordentlichen Zug. Dann ging er zur Schiebetür, öffnete sie und trat auf die Veranda hinaus. Der Gedanke an frische Luft muß auf jeden von uns seinen Reiz ausgeübt haben, denn wir alle folgten ihm.
Ich trat als letzter nach draußen. Als ich auf der Veranda war, war Vargas schon die Stufen zum Fluß hinuntergegangen. Er hob das Teleskop am Ufer auf und hielt es in den Händen.
Kenny folgte ihm und stellte sich neben ihn. Der Rest blieb auf der Terrasse und beobachtete sie. »Was haben Sie
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