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Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Titel: Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
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hatte, an dem Tag, an dem ihr Sohn am Michigan Tech drüben in Marquette seinen Abschluß machte. Dann war er nach Süden gegangen, um für eine Computerfirma in North Carolina zu arbeiten und in der Meinung, die Winter der Oberen Halbinsel weit hinter sich zu lassen. Zwei Jahre später war er wieder hier.
    »Wo ist dein Vater?« fragte ich und setzte mich auf einen Barhocker.
    »Er liegt oben im Bett. Endlich. Er war die ganze Nacht auf.«
    »Das versteh’ ich nicht. Ich habe ihn hier kurz nach eins abgesetzt.«
    »Ich weiß, ich habe ihn reinkommen hören. Als ich diesen Morgen runterkam, saß er trotzdem da drüben. Er hatte die ganze Nacht im Kamin Feuer brennen, und ich denke, er hat nur reingestarrt.«
    »Hat er dir erzählt, was drüben in Vargas’ Haus passiert ist?«
    »In einer Kurzversion. Schon die löste bei ihm eine eigentümliche Stimmung aus. Ich kann das verstehen, denke ich. Trotzdem …«
    »Was war denn?«
    »Er hat mich heute morgen ernsthaft in den Arm genommen und mir erzählt, daß er mich liebt und daß er stolz auf mich ist.«
    Ich mußte einfach lächeln. »Wenn ich einen Sohn hätte, würde ich nach letzter Nacht verdammt noch mal dasselbe gemacht haben.«
    »Nun gut«, meinte er. »Wenn du es sagst. Wenn du meinst, es hat seine Richtigkeit, wenn er mittags noch schläft, dann mach ich mir auch keine Sorgen deswegen.«
    »Morgen ist er wieder der Alte. Das walte Gott.«
    Ich aß zu Mittag und ließ mir das Neueste im Leben von Jakkies Sohn erzählen. Er selbst erschien nicht unten. Als ich in meine Hütte zurückkam, blinkte das Licht an meinem Anrufbeantworter. Ich drückte den Abspielknopf.
    »Alex McKnight«, sagte die Stimme, so warm und beruhigend wie Grobschmirgel an der Schleifmaschine. »Hier spricht Roy Maven. Ich würde mich freuen, wenn Sie heute mal vorbeischauten.«
    Das war alles. Ich war nicht überrascht. Ich wußte, daß er mich über kurz oder lang erwischen würde. Mit vollem Bauch und nicht entsetzlich viel zu tun, dachte ich mir, warum nicht, ich könnte es eigentlich hinter mich bringen. Ich ließ den Wagen an und fuhr Richtung Soo.
    Ich war nicht in der Stimmung, wieder über den Lakeshore Drive zu fahren, nicht in der Stimmung, die schweren Maschinen bei ihrer Arbeit am Golfplatz zu sehen oder den alten Eisenbahnwaggon, der mich auf so merkwürdige Gedanken gebracht hatte. Ich hielt mich an die Hauptstraßen, die M-123 zur M-28, geradeaus durch Raco und Strongs und dann nördlich auf der I-75 zum Soo. Das Verwaltungsgebäude für Stadt und County liegt im Osten der Stadt, direkt hinter den Schleusen und im Grunde nicht weit von Vargas’ Haus am Fluß entfernt. Ich war nicht in der Stimmung, dieses Haus wiederzusehen, bestimmt nicht gleich am nächsten Tag.
    Ich parkte hinter dem City-County-Bau, auf der Rückseite, beim Eingang zum Gefängnis und dem kleinen Käfig von anderthalb Quadratmetern, der als Auslauf dient. Da drin steht ein Picknicktisch, und heute saßen zwei Männer darauf, von denen sich gerade der eine die Zigarette an der des anderen ansteckte.
    Ich sagte der Dame am Empfang, ich wolle Chief Maven sprechen. Sie führte mich zu dem kleinen Warteraum vor seinem Zimmer. Es ist ein Ort, den ich sehr genau kenne, hatte ich doch dort bei zwei denkwürdigen Anlässen einige Zeit verbracht. Zwischen mir und Chief Maven hatte auf Anhieb die Chemie nicht gestimmt, wir hatten uns vom ersten Moment an nicht gemocht, und von da ab war es nur noch schlimmer geworden. Ich erinnerte mich, von Prometheus gelesen zu haben, und wie die Götter ihn bestraft hatten, weil er den Sterblichen das Feuer gegeben hatte, indem sie ihn an einen Felsen schmiedeten, wo jeden Tag in alle Ewigkeit ein Rabe kam und ihm die Leber raushackte. Für mich wäre die allerletzte Strafe, jeden Tag vor Chief Roy Mavens Büro zu sitzen und darauf zu warten reinzugehen, um den Mann selbst zu sehen.
    Heute ließ er mich nicht warten. Ich hatte mich kaum gesetzt, als die Tür aufging und er den Kopf raussteckte. »Alex«, sagte er, »kommen Sie rein.«
    Ich folgte ihm ins Büro, setzte mich vor den Schreibtisch und versuchte mich zu erinnern, ob er mich jemals zuvor mit dem Vornamen angeredet hatte. Sein Büro hatte sich nicht verändert. Immer noch die vier Betonwände. Maven hatte sich auch nicht verändert. Immer noch der Haarschnitt des Schleifers beim Militär, das wettergegerbte Gesicht. Ein weiterer zäher alter Bursche wie Jackie, wie Bennett O’Dell. Das Ergebnis einer Art von

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