Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
Sache reingeraten sind. Teufel noch mal, im Grunde nur, weil Jackie es haßt, zu fünft zu pokern.«
»Kein Problem, Bennett.«
»Was, glauben Sie, macht Vargas jetzt? Sieht ganz so aus, als hätten Sie seit heute einen neuen Feind.«
»Der ist nur heiße Luft. Machen Sie sich um mich keine Sorgen.« Ich bedankte mich und sah ihm nach, wie er wegfuhr. Ich warf einen raschen Blick über den Zaun auf das letzte Dock. Mit all den Yachten davor konnte ich Vargas’ Liegeplatz nicht ausmachen, aber ich glaubte nicht, daß sein Boot schon zurück war.
Ich stieg in meinen Wagen und fuhr nach Westen, Richtung Paradise. Ich fühlte mich müde und mein Körper schmerzte. »Mein Gott, was für ein Pferdearsch«, sagte ich laut. »Moo Duk Kwan, da werde ich mich glatt mal schlau machen.«
Als ich nach Hause kam, kontrollierte ich zuerst die anderen fünf Hütten. Alle Mieter waren unterwegs und genossen den Tag. Ich ging zu meiner eigenen Hütte zurück, räumte etwas auf, setzte mich hin und versuchte zu lesen. Aber ich konnte mich nicht konzentrieren. Ständig sah ich Vargas’ Fuß auf mich zukommen, wie er mich um Zentimeter verfehlte. Und die große rote Beule, die ich ihm auf seinem kahlen Schädel verpaßt hatte. Und die Zähne von seinem Hund.
Du kriegst noch Albträume wegen diesem Hund, sagte ich mir. Du kriegst noch Albträume wegen einem Dreipfünder-Chihuahua.
Einige Stunden später begab ich mich ins Glasgow Inn. Jackie war hinter dem Tresen. Er sah noch immer ein wenig müde aus, und alle fünf Minuten starrte er ins Nichts, als beobachte er einen Millionen Meilen weit entfernten Vorgang. Offensichtlich war er immer noch nicht darüber hinweg.
Ich sagte ihm nichts von meiner Essensverabredung mit Vargas. Das hob ich mir für einen späteren Termin auf.
Während ich zu Abend aß, widmete ich mich der Lektüre der Lokalzeitung, den Soo Evening News »täglich im Dienst des Ostens der Oberen Halbinsel seit 1903«. Als erstes lese ich immer den Polizeibericht auf der zweiten Seite. Der Mann, der über die Verbrechen berichtet, ist ein Typ für sich, und allem, worüber er berichtet, verpaßt er seinen eigenen unverwechselbaren Dreh. Meine bislang unübertroffene Lieblingsnachricht war immer noch die mit der Überschrift: »Fahrer ohne Führerschein«. Da war jemand in einen Laden gegangen und hatte seinen Hund im Wagen gelassen. Der schaffte es irgendwie, den ersten Gang einzulegen, und der Wagen war auf die Straße gerollt und hatte dort einen Schaden von schätzungsweise über fünftausend Dollar angerichtet. Der Polizeireporter hatte den Bericht mit der simplen Feststellung geschlossen: »Gegen den Hund wurde keine Anzeige erstattet.«
Die anfallenden Verbrechen bestehen meist aus Fahren unter Alkohol, gelegentlichem Vandalismus, Bagatelldiebstählen und Drogenbesitz in kleinen Mengen – »dem verbotenen Kraut«, wie der Reporter es einmal genannt hatte. Es passierte nicht oft, daß man ihm den Aufmacher auf der ersten Seite anvertraute und er über etwas richtig Großes schreiben konnte, wie den Vorfall in Vargas’ Haus. Am Vortag hatte er nur Zeit für die groben Umrisse gehabt – Einbruch in lokales Eigenheim, bewaffnete Eindringlinge, niemand verletzt. Die Polizei vom Soo bearbeitet den Fall. In der heutigen Zeitung, wo er Zeit gehabt hatte, die Geschichte zu vertiefen, bekamen die Leser den vollen Service, einschließlich eines Trios »verkleideter Eindringlinge«, die einen Raum des Hauses systematisch auseinandergenommen hatten, während fünf Gäste mit dem Gesicht zum Boden auf der Erde lagen. Gnädigerweise wurden die Namen der Gäste nicht aufgeführt.
Jeder, der bezüglich des Falles etwas mitzuteilen hatte, wurde gebeten, sofort Kontakt mit Chief Maven aufzunehmen.
»Ganz schön aufregend erzählt, wie?« meinte Jackies Sohn.
»Ich nehme an, einige der Einwohner vom Sault Ste. Marie werden heute abend ihre Türen abschließen«, sagte ich. »Und ihre Schrotflinten laden.«
Jackie hörte sich unsere Unterhaltung über den Fall nur an. Selber sagte er nichts.
»Jackie, erzählst du mir, was du auf dem Herzen hast?« fragte ich ihn. »Oder willst du dich hier weiter schweigend rumdrücken?«
Er sah mich an, ohne zu lächeln. »Tut mir leid. Ich wollte dir den Abend nicht verderben.«
»Ganz ruhig«, sagte ich. »Wenn dir immer noch durch den Kopf geht, was da passiert ist, kann ich das gut verstehen.«
»Schön«, sagte er. »Ich freue mich über dein Verständnis. Aber jetzt muß ich
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