Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
Aussichtsplattform uns zusahen und sich wunderten, warum wohl einer der Männer im Boot gefesselt sein mochte. Als wir um die Biegung waren, sah ich die Shallows und O’Dells Haus. Welch willkommener Anblick!
Direkt am Fluß waren zwei Anlegestege. Ich wählte den O’Dell am nächsten gelegenen und stellte den Motor ab, während das Boot auf seinen Anlegeplatz zutrieb. Ich warf ein Tau über den Pflock und kletterte von Bord. Der Hund wagte einen weiteren Angriff auf mich und hing für einige Sekunden an meinen Schnürsenkeln, bis ich ihn abgeschüttelt hatte,
»Sie können mich doch nicht einfach hierlassen«, sagte Vargas.
»Ich habe Ihre Hände nicht sehr fest gebunden«, sagte ich. »Sie können sich selbst befreien. Wenn das mißlingt, lassen Sie die Fesseln von Ihrem Hund durchbeißen. Das machen die immer im Film.«
»Ich habe Ihnen eine Chance gegeben, Alex. Vergessen Sie das nicht. Wir hätten das auf die richtige Art beilegen können. Für alles, was jetzt passiert, tragen Sie die volle Verantwortung.«
»Vargas, ich weiß nicht, wie Sie auf die Idee gekommen sind, aber …«
»Ich habe euch mit dem Rücken zur Wand«, sagte er und rutschte nach vorne, bis er kniete. »Euch alle. Und du, mein Freund, wirst merken, was jetzt passiert. In großem Stil.«
»Bis bald, Vargas.« Ich ließ ihn zurück, damit er an seinen Fesseln arbeiten konnte. Als ich auf O’Dells Haus zuging, hörte ich das Echo seiner Worte in meinem Kopf. Er hat uns mit dem Rücken zur Wand, sagt er. Worüber zum Teufel redete er da?
In meinem Kopf begann sich etwas zu formen. Eine Verbindung zeichnete sich ab. Ich wies den Gedanken zurück. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß er wirklich etwas in der Hand hatte.
In meinen wildesten Träumen konnte ich mir das nicht vorstellen.
Kapitel 8
In O’Dells Wirtschaft war es dunkel und kühl. Schon das bloße Eintreten war angenehm. Bennett saß an einem der Tische bei einem späten Mittagessen. Sein Sohn mixte gerade Drinks für zwei Männer, die am entfernteren Ende der Theke saßen. Seine Frau spülte Gläser.
»Alex!« begrüßte mich Bennett. »Sie werden ja Stammgast bei mir! Wie kommt das – hat Jackie Ihnen Lokalverbot erteilt?«
»Sie werden es mir nicht glauben, aber ich suche jemanden, der mich zur Marina bringt. Mein Laster steht da.«
»Wie sind Sie dann hierher gekommen? Sind Sie geschwommen?«
»Das ist eine sehr lange Geschichte.« Natürlich mußte ich sie daraufhin erzählen. Schließlich war Bennett von seinem Essen aufgestanden und hatte mir ein Bier gezapft, da mußte ich schon die ganze Geschichte erzählen.
»Er glaubt, daß ich etwas mit dem Raubüberfall zu tun habe«, kam ich schließlich zum springenden Punkt. »Und er glaubt, Sie auch.«
»Ist der denn komplett verrückt?«
»Sie erinnern sich vermutlich noch an den Tritt in die Rippen, den Sie sich seinetwegen eingefangen haben? Er glaubt, das war inszeniert.«
»Und wie der inszeniert war«, sagte er und rieb sich die linke Seite. »Deshalb habe ich die ganze Nacht auch kein Auge zugetan. Ich brauchte mich nur einmal falsch zu bewegen und peng! Es war, als ob man mir da ein Messer rumdrehte.«
»Du mußt ins Krankenhaus gehen«, sagte Margaret vom Spülbecken aus. »Da könnte was gebrochen sein.«
»Laß man«, sagte Bennett mit einer Handbewegung in ihre Richtung. »Was sollen die schon groß machen? Die verbinden einen heutzutage nicht mal mehr bei einer gebrochenen Rippe. Sie geben dir ein Schmerzmittel und schicken dich wieder nach Hause.«
»Dann geben sie dir eben ein Schmerzmittel«, sagte sie. »Das ist doch auch kein Fehler.«
»Ich brauche kein Schmerzmittel«, sagte er und blinzelte mir zu. »Ich bin jetzt vierzig Jahre verheiratet. Da ist man gegen Schmerzen immun geworden.«
»Ich zeig dir mal, was richtiger Schmerz ist«, sagte sie. Was einen neuen Wortwechsel auslöste. Aber alles war so locker, daß ich nur mit meinem kalten Bier dasaß und ihnen zuhörte. Es war verflucht noch mal angenehmer, als draußen auf dem verdammten Boot zu sein.
Zwei Biere später brachte mich Bennett schließlich quer durch die Stadt zur Marina. »Was ist das denn, ein Ford Explorer?« fragte ich und sah mich im Wagen um. »Hübsch.«
»Ja, mit Allradantrieb. Im Winter fährt er wie ein Panzer. Ich sehe, Sie fahren noch Ihren alten Laster.«
»Warum auch nicht? Er läuft und läuft.«
»Genau wie ich. Hören Sie mal, passen Sie gut auf sich auf. Tut mir leid, daß Sie überhaupt in die
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