Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)
steuerte so unübersehbar aufs Happy End zu, dass ich sie einfach nicht genießen konnte. Man fühlte sich emotional manipuliert. Hier wurden sämtliche Knöpfe gedrückt, aber die Absicht dahinter war stets erkennbar, das hat einen doch abgestoßen.
Außerdem war jede Minute mit Action überfrachtet, es fehlte der Mut zu entspannter Atmosphäre und ruhigen Momenten, bei denen die Handlung mal reflektiert wird; stattdessen wurde immer nur das Tempo erhöht.
Die Musiksoße im Hintergrund raubte einem den letzten Nerv. Der Hauptdarsteller erschien nicht gerade im besten Licht. Das Kostümdesign war zwar außen hui, doch innen pfui: ausgeleierte Unterwäsche ist ein echter Stilbruch. Und was bedeutete das Foto der Exfreundin auf dem Nachttisch? Die ganzen Locations – Nasszelle, WG-Couch usw. – waren lieblos ausgewählt: Wer bei dieser Art Produktion am Setdesign spart, spart an der falschen Stelle.
Einzig die Darstellung der jungen, aufstrebenden Hauptdarstellerin kann dieses Stück noch retten, wobei sie einen besseren Hauptdarsteller verdient hat. Er war so sehr auf Technik fixiert, dass ihm die Spontanität unterwegs abhanden gekommen ist. Auch für Regieanweisungen scheint er taub gewesen zu sein. Ein schöner Körper ist nicht alles, man muss ihn auch benutzen können! Zum Beispiel, um hinterher anzurufen. Das sollte er sich für seine nächste Performance hinter die Ohren schreiben.
Fazit: Phantasielos trotz vielversprechender Ausstattung.
Für Männer:
Das nächste Mal gehe ich in einen anderen Film.
14 . Der Gesang von Lästermäulchen an einem lauen Sommerabend
Warum Frauen die gewiefteren Kritiker sind
Als waschechter Möchtegern-Macho tut es mir in der Seele weh, aber ich muss es zugeben: Es gibt Dinge, die Frauen einfach besser können als Männer. Nörgeln gehört dazu.
Sie sind schneller, sie sind wendiger, sie beherrschen eine umwerfend schlagfertige Mischung aus Logik und völliger Irrationalität. Sie nörgeln lässig aus der Hüfte – und während wir noch nach Worten suchen, treffen sie mitten ins Herz.
Jeder Mann hegt die heimliche Ambition, ebenso gut zu nörgeln wie seine Frau, aber irgendwie klappt es nie. Ein ganz typisches Verhalten der Männer ist die Habe-ihr-heute-fast-die-Meinung-gesagt -Nörgelei.
Es funktioniert so: Den ganzen Tag über plant er sein Gemecker. Auf der Arbeit wirkt er leicht abwesend, weil er nur das noch im Kopf hat. Es wird – es muss – die perfekte Nölerei sein, eine, die sie endlich umwirft. Er analysiert sorgfältig den Streit von gestern Nacht, er sortiert die wichtigsten Punkte in einer klaren, logischen Struktur, und für jeden Punkt findet er das richtige Gegenargument, das beweist, dass sie im Unrecht ist. Für jedes Gegenargument formuliert er den treffenden Schlusssatz. Das Ganze würzt er mit bedrohlicher Dramatik, die so mitreißend wirkt, dass sie gar nicht in der Lage sein wird, überhaupt den Mund zu öffnen, während er spricht. Und all das übt er immer wieder im Kopf – während der Konferenz, beim Plausch in der Raucherpause vor der Tür, in der Kantine, selbst während wichtiger Kundengespräche, bis er es richtig drauf hat. Auf dem Nachhauseweg spielt er es immer wieder durch, es baut sich in ihm eine heilige Wut auf, die darauf brennt, herausgelassen zu werden. Er steckt den Schlüssel in die Tür mit einer Entschlossenheit, die nur einem Helden zu eigen ist. Er tritt ein, und da steht schon seine Frau, bereit, kleingemacht zu werden, und er macht auch den Mund auf, aber bevor er die erste bombensichere Silbe loswerden kann, wirft sie schnell ein: »Sag jetzt bloß nicht, du hast schon wieder vergessen, Milch mitzubringen.«
»Aber ich … die Milch? War das heute? Ich war doch … Ich bin sicher … ich wollte … Hast du nicht gesagt …?«
Und schon ist alles weg: jeder Satz, jedes Argument, verflogen wie Tau in der Morgensonne. Nicht mal ein Fetzen übrig.
Nein, nein, wir Männer werden es mit den Frauen nie aufnehmen können. Ihr Vorsprung ist einfach zu groß.
Die Frage ist: Warum?
Ich rief Simone Schmitt an, Psychotherapeutin und Paartherapeutin in Aschaffenburg, und fragte sie. »Frauen denken oft laut«, erklärte sie. »In dem Moment, wenn ein Gedanke in die Richtung geht, dass sie mit ihrem Partner nicht zufrieden sind, kann es passieren, dass sie das nicht für sich behalten, wie Männer es tun. Frauen drücken sich sowieso mehr aus und sprechen mehr über ihre Gefühle, und sie tragen das, was ihnen
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