Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)
beschäftigen. Seine Partnerin weiß ja genau, dass er sich nicht ernsthaft für schlecht hält. In Wirklichkeit sagt er: ›Lass mich in Ruhe.‹«
Obwohl meine erste Unruhe verflogen war, erschien mir diese Palette an männlichen Nörgeltechniken im Privatbereich doch lächerlich gering.
Ich beschloss, eigene Recherchen anzustellen und Studien am lebenden Objekt durchzuführen. Ich wollte von den Meisterinnen lernen.
Schließlich lebe ich mit einer Frau zusammen.
Schon als kleiner Junge wollte ich wissen, worüber Frauen nörgeln, wenn sie unter sich sind. Wie oft bin ich »aus Versehen« ins Zimmer meiner großen Schwester geplatzt, wenn sie mit ihren Freundinnen tuschelte, und plötzlich war alles still: Sie hatten etwas zu verbergen! Dieses zarte Gezeter hinter verschlossenen Türen hat etwas Magisches, Unerreichbares. Dort trainieren sie ihre Kunstfertigkeit zur Perfektion, befürchte ich.
Also kündigte ich eines Tages meiner Freundin an, dass ich am kommenden Freitag bis spät in der Nacht mit meinen Kumpels unterwegs sein würde.
»Und übrigens«, erwähnte ich, »es gibt hier noch drei Flaschen Prosecco rosé und eine frische Quiche Lorraine mit Pecorino-Streuseln vom Delikatessenladen, die sich aber nur bis morgen hält. Ich wollte sie eigentlich mit den Jungs bei der Pokerrunde verspeisen, aber wir treffen uns jetzt woanders. Schade, dass ich alles morgen wegschmeißen muss.« Dann ging ich.
Aber bevor ich ging, ließ ich ein Aufnahmegerät unter dem Wohnzimmertisch laufen.
Als ich zurück kam war die Quiche weg, die drei Flaschen Prosecco auch, und die Kassette war voll.
Es fing ganz harmlos an. Vier Stimmen murmelten und kicherten. Eine meckerte über eine Frauenzeitschrift, dass sie nur noch Werbung und product placement sei, sie sprachen über Politik, irgendwas mit Afghanistan, dass Frauen über sowas sprechen, war mir neu. Ich rede mit meinen Kumpels jedenfalls nicht über sowas. Dann gab meine Freundin bekannt: »Das ist schon die zweite Flasche, wenn das mein Freund entdeckt!«
Es wurde gekichert. Dann war plötzlich Stille. Ich hörte, wie Gläser gehoben und eingegossen wurden. »Auf die Kerle!«
Eine schnaubte, die anderen prusteten. Sie stießen an. Dann ging es los. Ich lauschte aufmerksam und bald kristallisierten sich ihre beliebtesten Kritikpunkte heraus. Eines der wichtigsten Themen schien die Unfähigkeit der Männer zu sein, Aufmerksamkeit zu heucheln. Karen, deren kleiner Sohn zu Hause beim Papa schlief, erzählte folgende Geschichte:
»Ich habe neulich Schimmel im Flur entdeckt. Das ist sehr ungesund, also habe ich mich eines Nachts, nachdem der Kleine schlief, einfach mal hingesetzt und die Wände mit Essigwasser abgewaschen, und den Raum mitten im Winter drei Tage lang austrocknen lassen. Dafür habe ich sämtliche Schuhe und Schränke aus dem Flur geräumt. Und was macht der Mann als Erstes, als er hereinkommt? Er sieht nur einen leeren Raum. Na prima! Da kann er ja das frisch gehackte Holz von draußen, das noch total feucht ist, drin aufstapeln! Obwohl ich gerade versucht habe, alles trocknen zu lassen. Ich hab mir aber auf die Lippen gebissen, weil er sich ja immerhin Mühe gegeben hat. Nachts habe ich das Holz heimlich ins Wohnzimmer geschafft.«
»Männer denken nicht nach«, kommentierte meine Freundin und gab ebenfalls eine heitere, teilweise schockierende Anekdote über ihren Freund zum Besten, die ich aber an dieser Stelle nicht wiedergeben will.
Selbst dann, wenn eine Frau direkt vor ihm steht und ihn klar und deutlich anspricht, scheint ein Mann Verständnisschwierigkeiten zu haben. Dafür lieferte Alexa, die zu dem damaligen Zeitpunkt zwar ohne Freund war, aber vermutlich nicht lange bleiben würde, den Beweis:
»Meine Freundin wollte mit ihrem Freund an Silvester nach Berlin kommen. Weil meine Wohnung zu klein ist, wollten wir alle gemeinsam in der Wohnung meines Bruders feiern, die größer ist. Es wurde alles lang und breit durchdiskutiert und mit meinem Bruder genau abgemacht. Meine Freundin und ihr Freund würden bei ihm übernachten. Die plante auch schon alles, besorgte einen Babysitter, und ich hatte schon mal Böller für uns alle gekauft. Doch als ich meinen Bruder kurz vor Weihnachten besuchte, fragte er: ›Sag mal, Alexa, was machst du eigentlich Silvester?‹«
Die uns Männern eigene natürliche Abneigung gegen eine gepflegte Wohnung und deren Dekoration ist ebenso ein beliebtes Thema. So lautete jedenfalls Karens Meinung, die immer noch
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