Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)
nicht gefällt, nach außen. Männer schweigen mehr und behalten ihren Ärger für sich.«
»Mit anderen Worten, Frauen reden zu viel«, sagte ich.
»Was heißt zu viel?«, antwortete Schmitt, die immerhin eine Frau war. »Ich denke, es entspringt einer Mischung aus Genen und Umweltbedingungen wie der Erziehung. Eine Frau lernt von klein auf, dass sie diejenige ist, die Beziehungen formt, dass sie dafür zuständig ist, dass in der Familie Kontakte entstehen. Zu Hause, wenn es um private Angelegenheiten geht, schickt der Mann die Frau oft vor. In geschäftlichen Angelegenheiten nicht. Die Frau ist sehr gut im Reden; sie sieht Reden als ihr Instrument an.«
Dazu kommt die Fähigkeit der Männer, ihren Ärger zu schlucken und zu vergessen. Das glaubt jedenfalls Astrid von Friesen, Psychotherapeutin in Dresden und Freiberg sowie Autorin des Buches Schuld sind immer die anderen! Die Nachwehen des Feminismus. Frustrierte Frauen und schweigende Männer .
»Männer sind im Allgemeinen zufriedener mit dem, was sie haben«, sagte sie. »Sie sind leidensfähiger. Wenn man die männliche Erziehung seit 1900 anschaut, wurden Männer schon früh zum Soldatentum erzogen. Das bedeutet, großes Leid zu ertragen. Sie sollten Körper und Leben opfern können.«
Auch andere Paartherapeuten bestätigen, dass sie in Therapiesitzungen den Eindruck gewinnen, dass Frauen in einer Partnerschaft oft die Nörgelhoheit besitzen.
Ich rief auch Eva Jaeggi in Berlin an, die bekannte Psychoanalytikerin, deren Buch Und wer therapiert die Therapeuten ? zu den Klassikern der psychotherapeutischen Literatur gezählt wird. »Die Konstellation, die ich in Paartherapien sehr häufig sehe, ist die, dass der Mann sich zurückzieht und die Frau nörgelt«, sagte Jaeggi. »Es ist sicher auch mal anders, aber mir begegnet es sehr oft so.«
»Männer nörgeln zwar auch, aber seltener und über andere Themen«, meinte Simone Schmitt. »Über mangelnde Sexualität in der Partnerschaft oder über das Essen oder über das Aussehen der Frau, aber weniger über den Haushalt. Es passiert Frauen öfters, dass sie in einer Beziehung die Schwächeren sind, und Nörgeln ist häufig die Waffe der Schwächeren.«
Ich fragte sie nach den wichtigsten Nörgelthemen der Frauen, und sie gab mir diese Liste:
Die mangelnde Mithilfe des Mannes im Haushalt.
Dass der Mann sich nicht genug um die Kinder kümmert.
Dass der Mann häufig abwesend ist.
Dass der Mann für Freunde und Verwandte alles macht, aber zu Hause nichts.
Dass der Mann seine Frau nicht genug beachtet.
Dass der Mann Eigenschaften hat, die die Frau anfangs gemocht hat, (später aber nicht mehr).
Dass der Mann Eigenschaften hat, die erst später ans Licht kamen.
Dass er nicht auf seine Erscheinung achtet.
Ich fragte sie auch nach den wichtigsten Nörgelthemen der Männer. Sie gab mir diese Liste:
Dass ihre Partnerinnen so viel nörgeln.
Nicht nur überlegene kommunikative Fähigkeiten machen Frauen zu den versierteren Beschwerdeführern: »In vielen Lebensbereichen haben die Frauen die Deutungshoheit«, erklärte Astrid von Friesen, »in Sachen Gesundheit, soziales Umfeld, in der Familie, in der Beziehung und bezogen auf die Wohnung. Auch moralisch. Dadurch können sie die Männer beherrschen.« Mit anderen Worten: Die Frau bestimmt, was nörgelwürdig ist und was nicht.
»Das Gespür für Ordnung im Haushalt ist sehr individuell«, sagte Schmitt dazu, »aber der Punkt ist schon, dass die Frau das Gefühl hat, sie habe die Verantwortung für den Haushalt und wie es zu Hause aussieht. Allerdings hat der Mann, der dann dazu kommt, ein – sagen wir es mal so – eigenes Ordnungssystem. Dann ist die Frau wütend, weil ihr System durcheinander ist, denn sie fühlt, dass er diese Verantwortung missachtet.«
»Wenn wir Männer im Meckern unterlegen sind, was können wir denn dann tun?«, fragte ich mit einer gewissen Panik in der Stimme. »Sind wir dem einfach hilflos ausgeliefert?«
Die Antwort beruhigte mich.
»Männer mauern«, sagte sie. »Sie ziehen sich vor den Fernseher zurück oder gehen zum Sport oder treffen sich mit Freunden und Kollegen, oder sie reagieren einfach nicht und schweigen. Je nach Generation.«
»Männer haben die Waffe Sarkasmus«, ergänzte Eva Jaeggi. Hörte ich eine gewisse Bewunderung in ihrer Stimme? »Als Therapeutin habe ich es gar nicht gern, wenn einer sagt, ›ja, ja, ich weiß, ich bin ein schlechter Mensch‹. Das ist Abwehr; er will sich einfach mit irgendetwas nicht
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