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Nomaden des Weltalls

Titel: Nomaden des Weltalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Maß ihrer Geduld. Und welcher Art waren ihre Regulative? Jede Kultur bedurfte solcher die absolute Handlungsfreiheit des Individuums einschränkender Faktoren. Die moderne solarische Gesellschaft versuchte, den einzelnen gewisse Verhaltens- und Reaktionsmuster einzupflanzen – Ethik und Weltanschauung. Technisch gesehen war dies eine Schuld-Kultur. Die Nomaden mit ihrer Betonung von persönlicher Ehre und Prestige, Reichtum und Konsum hatten eine Scham-Kultur. Und die Alori?
    Allmählich dämmerte ihm, daß die Kultur der Alori auf einer den ganzen Planeten umfassenden Symbiose beruhte. Die Zugehörigkeit zu einem organischen Ganzen war ihre Lebensgrundlage – eine modifizierte Angst-Kultur.
    Espereros Vorhersage erwies sich als richtig. Die hierher verschlagenen Nomaden wandten sich wieder handwerklichen Tätigkeiten zu. Webstuhl, Amboß und Töpferdrehscheibe waren immer häufiger zu sehen.
    Trevelyan begegnete ihm eines Tages, und der Alorianer fragte ihn, ob er einem Festival beiwohnen wolle.
    »Natürlich«, sagte der Koordinator. »Wann?«
    Esperero zuckte die Achseln. »Wenn alle da sind. Wollen wir gehen?«
    So einfach war das. Trevelyan lud auch noch Nicki und Sean ein, mitzukommen. Der Mann weigerte sich strikt, doch Nicki war gleich dabei.
    Gemächlich gingen sie über Berg und Tal mit ein paar Alori nach Süden. Es regnete fast die ganze Zeit, doch machte das niemandem etwas aus. Gegen Ende des zweiten Tages kamen sie zum Ort des Festivals.
    Es war ein kleines, kesselförmiges Tal mit einer Grasfläche in der Mitte. Die Bäume, die sie umstanden, hatte Trevelyan vorher noch nie gesehen. Gut hundert Alori hatten sich schon versammelt. Sie schritten gemessen einher, und Freund begrüßte Freund mit gravitätischem Zeremoniell. Alles war Teil eines harmonischen Rituals. Trevelyan wurde willkommen geheißen und fand Gelegenheit, seine Sprachkenntnisse anzuwenden. Nicki, die keine besonderen linguistischen Fähigkeiten besaß, blieb still; aber sie lächelte. Seit einem Monat war sie von bemerkenswert heiterer Gemütsverfassung.
    Beide Monde würden in dieser Nacht voll sein. Als sich die tiefblaue Dämmerung über das Tal senkte, gesellten sich die beiden zu den um die Wiese sitzenden Alori. Eine Weile herrschte Schweigen.
    Ein Ton wurde hörbar. Überrascht sah sich Trevelyan um, wo er herkommen konnte. Der Ton wurde lauter, schwoll triumphierend an, und andere kamen hinzu in Intervallen, die ihm fremdartig, aber von eigentümlicher Schönheit erschienen. Erst überrascht, dann von einem ruhigen Glücksgefühl erfüllt, stellte er fest, daß es der Wald war, der da sang.
    Es wurde Nacht. Der bleiche Bogen der Milchstraße wölbte sich über das durchsichtige Dunkel. Die aufgehenden Monde verwandelten das Gelände in einen Traum aus silbrigem Glanz und Schatten, und die ersten Tautropfen reflektierten glitzernd ihr Licht wie kleine, vom Himmel gefallene Planeten.
    Die Musik wurde lauter. Es war die Stimme des Waldes: Das Rauschen des Windes in den Zweigen, kristallen plätscherndes Wasser, Vogelgezwitscher, Tierlaute, begleitet von einem regelmäßigen Pochen, als schlage hier ein lebendes Herz. Und jetzt kamen die Tänzerinnen, wirbelten heraus aus dem Schatten in das unwirkliche Mondlicht, schwebten, als hätten sie Flügel. Vor und zurück – hin und her – und wie kleine Feuerkugeln schossen Vögel mit leuchtenden Federn zwischen ihren beschwingt schwebenden Gestalten einher. Die Musik sang vom Frühling.
    Jetzt kam der Sommer, die Zeit von Wachstum und Kraft. Prasselnder Regen fiel; dann öffneten sich die Wolken, und das Sonnenlicht brach hindurch und spiegelte sich auf der Unendlichkeit eines Meeres. Land ragte grün aus den Wassern, und die Brandung schäumte weiß gegen seine Klippen. Ein brüllendes Tier reckte sich in kraftvoller Anmut. Der Tanz war ekstatisch geworden.
    Dann verlangsamte sich sein Rhythmus. Zweige wurden schwer von Frucht, und das Land färbte sich golden: Die Zeit der Ernte. Hoch droben zog ein Vogelschwarm südwärts, und sein Schrei klang wie ein einsames Wanderlied.
    Trevelyan fragte sich, was die Musik wohl für die Alori bedeutete. Für ihn war sie wie die Erde, die rasch verfliegenden Jahre, nach denen man zurücksinkt in ihren Schoß. Er drückte Nicki fest an sich.
    Winter. Die Tänzerinnen zerstreuten sich wie Blätter im Wind. Kaltes Mondlicht fiel auf die Leere, und der Ton der Musik war jetzt scharf wie ein hungriger Wind. Kälte erfaßte die Erde; das Tageslicht

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