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Nonstop in die Raketenfalle

Nonstop in die Raketenfalle

Titel: Nonstop in die Raketenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Pappmundstück ),
den drei andern hingen Zigaretten im Mundwinkel.
    Olaf Pitröder, 25, mittelgroß
und fett, wirkte aggressiv. Ihm war es zur Gewohnheit geworden, seine
Mitmenschen anzustarren, als wollte er sie umbringen. Vor dem Spiegel hatte er
trainiert, für zwei Stunden dem eigenen Blick standzuhalten, ohne auch nur
einmal mit der Wimper zu zucken. Er meinte, das wäre was Besonderes. Wenn er
nicht gerade Autos stahl, arbeitete er an drei Tagen in der Woche bei einem
zwielichtigen Kunsthändler, der auch Ware aus dunkler Herkunft ankaufte. Bei
Hermann Keul lief viel unter der Hand und Olaf hatte sich inzwischen ein
gewisses Kunstverständnis angeeignet.
    Hajo Kunnrich war zweifellos
der Schönste in dieser Runde. Er hätte auch modeln können für Krawatten,
Zahncreme, Herrenunterwäsche oder Diätgerichte aus Tüten. Er war groß. Er sah
aus wie ein Zehnkämpfer, aber das täuschte, denn er hatte keinen Mumm in den
Knochen und mied körperliche Anstrengungen. Stolz war er auf sein
aristokratisches Gesicht mit den grünen Augen unter langen Wimpern und dem
betörenden — wie er meinte — Lächeln. Oft hing ihm eine Haarsträhne in die
Stirn, eine braunblonde Strähne, die er dann mit anmutiger Kopfbewegung nach
hinten warf.
    Dass er und Sonja ein Paar
waren, verblüffte nur auf den ersten Blick. Tatsächlich ergänzten sich die
beiden. Jeder fand am anderen, was er selbst nicht besaß. Hajos fehlende
Männlichkeit — die hatte Sonja voll drauf, jedenfalls Entschlossenheit und
Härte. Und ihm war es nur recht, wenn sie für ihn die Entscheidungen traf.
Andererseits hatte sich Sonja einen Schönling geangelt, und Schönheit war ihr
wichtig, zumal ihre eigene Attraktivität total gegen null tendierte.
    »Hallo!«, sagte Emilio. Und zum
zweiten Mal: »Konnte nicht eher.«

    Dowasch nickte und deutete auf
einen Sessel in der Ecke. Emilio nahm Platz.
    »Ich habe zwei Nachrichten«,
sagte Dowasch. »Eine gute und eine schlechte. Die gute zuerst. Für den letzten
Mercedes kriegen wir 42 000 Euro. Das sind also 10 000 für mich, 10 000 für
Wladimir, je 6500 für Hajo, Olaf und Sonja, 2500 für Emilio. Euer Geld ist in
den Kuverts dort auf der Anrichte. Alles klar?«
    Emilio und Hajo nickten, die
anderen rauchten ohne eine Geste.
    »Und die schlechte Nachricht?«,
fragte Olaf mit kläffiger Stimme. »Wieso eigentlich? Schlechte Nachrichten
gibt’s bei uns nicht. Darauf haben wir uns geeinigt. Bei uns reiht sich ein
Erfolg an den andern und das sind alles gute Nachrichten.«
    »Halt die Luft an und hör zu«,
wurde er von Dowasch zurechtgewiesen. »Dann kapierst du, dass es trotzdem
schlechte Nachrichten geben kann. Ohne unser Verschulden. Nur weil die Umstände
nicht mitspielen. So was ist Schicksal.«
    Emilio sah, dass alle grinsten.
Aber nur kurz. Als sollte es niemand bemerken. Doch das Grinsen war
einvernehmlich. Allerdings ohne ihn. Die anderen wussten etwas. Ihn schlossen
sie aus. Und wieder mal wurde ihm klar — wie schon mehrfach in letzter Zeit — ,
dass sich was hinter seinem Rücken abspielte. Mit dem Gespür der Ratte,
sozusagen seinem Wesen, hatte er’s registriert. Kleine Hinweise hier und dort,
dass er ausgegrenzt werden sollte. Sie wollten ihn abservieren, ihn
aussortieren, weil er nicht hielt, was er anfangs versprochen hatte. Na,
sollten sie doch! Er hatte vorgebaut. Das Haus war vermint. Vermint auf seine
Weise. Das bedeutete: Er hatte Wanzen angebracht, Abhörmikrofone, winzig klein,
kleiner als ein Fingernagel, aber leistungsfähig. Überall hier hatte er sie
versteckt: unter Tischen, Stuhlsitzen, den Sesseln, Holzleisten an den Wänden,
sogar unterm Sockel einer Tischlampe. Elf Wanzen insgesamt. Dieser so genannte
Besprechungsraum im Russenhaus war akustisch zugänglich für ihn, jederzeit. Das
Empfangsgerät befand sich etwa 800 Meter entfernt, verborgen in einer
Feldscheune. Denn zwischen hier und dem freien Umland — kargen Weiden, die bis
zum Horizont reichten — gab es keine weiteren Häuser, keine Gebäude. Hier
endete die Stadt.
    Olaf Pitröder brummelte und
seine Miene wurde noch muffiger. Aber er spielte schlecht. Emilio merkte, dass alles
zur Show gehörte.
    »Also«, sagte Dowasch. »Für ein
halbes Jahr, mindestens, schalten wir um auf tote Hose.«
    »Warum denn das?«, rief Sonja.
Es sollte entgeistert klingen.
    »Weil wir sonst auffliegen.«
    »Auffliegen?« Sie stellte sich
dämlich.
    »Weil sonst die ganze
Organisation den Bach runtergeht.«
    »Aber es funktioniert

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