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Nonstop in die Raketenfalle

Nonstop in die Raketenfalle

Titel: Nonstop in die Raketenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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der Mühe der »anderen«. Aber leider geschah das alles
nur, um ihn auszubooten. Weil sie ihn für einen Versager hielten und loswerden
wollten.
    Dimitrij Dowaschin, der Russe,
hatte das Anwesen gemietet. Es lag ganz am Rande der Millionenstadt, im
äußersten Südwesten, dort wo die U-Bahn endet und nur die S-Bahn weiterführt
ins Umland. Das ehemalige Herrenhaus mit dem Geburtsjahr 1890 musste dringend
modernisiert werden, aber das fiel Dowasch, wie der andere Russe ihn nannte, nicht
im Traum ein. Das Anwesen, das er sich angeblich als Feriendomizil gemietet
hatte, war für ihn nur Mittel zum Zweck.
    Dowasch war ein finsterer Typ,
41 Jahre alt, groß, fleischig und sehr haarig: behaarte Arme, ein dichter
schwarzer Schopf über dem Bulldoggengesicht, starker Bartwuchs und Haarbüschel
in den Ohren. Er sprach fließend Deutsch. In Moskau war er Polizist gewesen,
aber dann rausgeflogen wegen Bestechlichkeit und Erpressung.
    Das traf auch zu auf Wladimir
Masonow, den anderen Russen. Er war etwas älter, war groß, blond und
lattendürr. Der auffallend kleine Kopf stand in deutlichem Missverhältnis zu
seinen Vorderhufen der Handschuhgröße 13 und den noch gewaltigeren Füßen von
Schuhgröße 47. Er hatte blassblaue Raubfischaugen und überhaupt kein Gewissen.
Auch er wohnte in dem Anwesen Amalfi Weg 31.
    Beide Russen waren verheiratet
und wurden ab und zu von ihren Frauen aus Moskau besucht. Es waren
aufgetakelte, ziemlich junge, blonde Russinnen mit breiten Gesichtern.
Wahrscheinlich wussten sie, was hier lief.
    Das Russenhaus war das
Hauptquartier dieser Mafia. Hier trafen sich die fünf. Emilio durfte als
Sechster dabei sein. Für den Kleinkram wie Botengänge, Schmiere stehen, Objekte
beobachten — dafür war er zu gebrauchen. Beim Diebstahl selbst schloss man ihn
aus. Weil sie ihn für einen Schwächling hielten, der im Ernstfall versagen
würde. Und mit dieser Einschätzung lagen sie richtig.
    Als Emilio eintraf, waren die
anderen Komplizen schon da. Er fuhr durchs offen stehende Tor auf den Platz vor
der Doppelgarage und sah die geparkten Wagen der anderen.
    Hajo Kunnrich fuhr einen
dunkelblauen Porsche, Olaf Pitröder einen silberfarbenen 5er-BMW, Sonja Lembke
— mit der Kunnrich verhandelt war — kam sonst immer auf ihrer Harley Davidson,
die sie ihren »Mustang« nannte. Aber heute war sie vierräderig angerollt mit
einem perlgrauen Alfa Romeo.
    Emilio stellte seinen Mercedes
dazu, ging über knirschenden Kies zu der betagten Villa, verstärkte sein
ständiges Grinsen und klingelte an der Haustür.
    Das Gebäude wirkte bedrohlich.
Alle Fenster im Erdgeschoss besaßen schmiedeeiserne Gitter. Auf dem Dach
thronte ein Dutzend nutzloser Türmchen. Die Mauern waren massiv wie bei einem
Gefängnis, die Steinstufen zum Eingang ausgetreten und voller Risse.
    Sonja öffnete.
    »Hallo, Sonja. Konnte nicht
eher.«
    »Wir warten schon.«
    Sie war es gewesen, die ihn
damals zum Mitkommen aufgefordert und das inzwischen schmerzlich bereut hatte.
Ihn anzuheuern — zu der Zeit wollte Dowasch expandieren (sich ausdehnen) — war ein Fehler gewesen, der sich aber nicht so einfach korrigieren ließ. Also
schleppten sie ihn, Emilio, mit sich herum.
    Sie ging vor ihm her zum
Terrassenzimmer. Alle Räume im Haus hatten hohe Decken. So hatte man damals
gebaut — mit viel Luft über den Köpfen und beachtlichem Energieverbrauch
hinsichtlich der Heizkosten. Aber Holz und Kohle waren billig gewesen und an Öl
oder gar Solarenergie noch nicht zu denken.
    Von hinten, dachte er, sieht
sie aus wie ein Mann.
    Das traf zu. Sonja war
athletisch und breitschultrig, 180 cm groß und wenig weiblich. Das dunkle Haar
war kurz geschnitten und ließ den muskulösen Nacken frei. Sie trug immer Hosen,
aber nie nabelfrei, trug breite Gürtel und Schnürstiefel. Sonjas Sport war
Karate. In einer Hosentasche steckte ein Schlagring, in der andern ein Springmesser.
Ein Nasenflügel war gepierct, jedoch mit unschöner Wirkung. Die Verzierung sah
aus wie ein vergoldeter Pickel.
    Im Terrassenzimmer gab es einen
kleinen Glastisch in der Ecke. Aber der wurde nie benutzt. Hier saß man in
Sesseln, schweren Ledersesseln. Sie waren alt und verschlissen und sie gehörten
zum Haus. Dowasch hatte es möbliert gemietet, einschließlich des Klopapiers,
wie er feixend zum Besten gab.
    Alle rauchten. Dowasch hatte
sich eine Zigarre angezündet, gerollte Tabakblätter im Format einer Salami.
Wladimir paffte an seiner Papirossa (russische Zigarette mit

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