Nonstop in die Raketenfalle
zerdeppern«, meinte Olaf dann.
Dowasch schüttelte den Kopf.
»Die Transportbehälter sind konzipiert für den Ernstfall.«
»Und woher kriegen wir die — äh
— Cruise Missile, oder wie die Dinger heißen?«
»Karaschoexplonow. Die kriegen
wir aus Moskau. Sind schon auf dem Wege. Zwei habe ich bestellt. Mit allem
Zubehör. Ich kenne die Dinger genau. Ich kann damit umgehen. Ich bin sozusagen
ausgebildeter Raketen-Scharfschütze. Und Wladimir ist noch besser als ich. Den
Flieger holen wir runter wie ‘ne Tontaube.«
Ohne eine Spur Mitleid in der
Stimme fragte Sonja: »Wie viele werden im Flieger sein, insgesamt?«
Dowasch hob die massigen
Schultern. »Die Inderin, der Kunsthallendirektor, der Captain, der Copilot, der
Navigator, ‘ne Stewardess — mehr wahrscheinlich nicht.«
»Also sechs Tote.«
»Wieso? Ich gehe davon aus,
dass die mit Fallschirmen abspringen.«
Hajo grinste. »Hoffentlich
verstaucht sich beim Aufsprung niemand den Knöchel. Denn die Leute haben ja
noch ‘nen langen Fußmarsch bis zur Stadt.«
Keiner lachte. Alle wussten,
wie die Wirklichkeit aussah.
7. Klößchen
liebt alten Plunder
Pech!, dachte Tim. Fehlanzeige!
Ist aber kein Beinbruch.
Karl hatte versucht, Indira zu
erreichen. Aber sie meldete sich nicht und ihr Handy war abgeschaltet.
Karl sprach zwar auf die
Mailbox, dass TKKG jetzt gern vorbeikommen würden, doch es erfolgte kein
Rückruf.
»Wahrscheinlich hat sie einen
Freund«, meinte Gaby, »ist bei ihm und will nicht gestört werden. Oder sie
büffelt. Oder... Ist ja auch egal. Wir müssen’s nun doch verschieben.«
TKKG standen im Hof der
Trattoria. Der Regen hatte etwas nachgelassen, doch der Tag wurde nicht hell,
zumal sich der Nachmittag inzwischen der blauen Stunde zuneigte, und die beginnt
nie vor 17 Uhr.
»Mir fällt was ein«, sagte
Karl. »Ist vielleicht ‘ne Idee und wir könnten einen Arbeitsgang vorziehen.
Nämlich einen orientalischen Dolch fotografieren. Im Original. Ich habe meine
Kamera dabei.« Er rüttelte an seinem City-Rucksack. »Und ich weiß, wo ein Dolch
ist.«
»Super!«, nickte Tim. »Und wo
ist er?«
»Hab’s zufällig gesehen. Im
Schaufenster von so einem Kunst- und Antiquitätengeschäft. In der
Pritschmeyer-Straße, also nahe beim Kleinen Westbahnhof und damit ziemlich im
Grünen.«
Der Kleine Westbahnhof ist nur
eine Haltestation für Vorortzüge und S-Bahn. ICs und ICEs donnern hier durch,
ohne davon Kenntnis zu nehmen.
»Aha!«, sagte Tim. »Ist
ziemlich weit, aber warum nicht. Vielleicht erfahren wir dort auch, ob
orientalische Dolche bei Sammlern gefragt sind. Jede Information kann
interessant sein für unser Feature. Kennst du den Kunsthändler?«
»Nee. Aber die Geschäftsadresse
habe ich mir gemerkt. Kunsthandlung Hermann Keul.«
Gaby machte eine überraschte
Bewegung.
»Sagt dir das was?«, fragte Tim
seine Freundin.
»Vielleicht irre ich mich. Aber
ich meine, mein Papi hat mal den Namen genannt. Allerdings in keinem guten
Zusammenhang. Wir hatten uns unterhalten über dubiose ( zweifelhafte )
Geschäftemacher in dieser Branche. Typen, die geklaute Kunstgegenstände
ankaufen, sich also der Hehlerei schuldig machen, und die Sore dann weiter
verscherbeln. Kannste natürlich nicht machen mit ‘nem Rembrandt. Aber zehn
Etagen darunter läuft die Chose.«
»Und Keul ist so einer?«
»Falls ich mich richtig erinnere.«
»Dann lässt er uns den Dolch
nicht ablichten«, grinste Klößchen, »weil er geklaut ist.«
»Wir probieren es«, entschied
Tim. »Vielleicht stoßen wir auf was Unerwartetes, wie das im Leben so ist. Denn
nichts verläuft so gradlinig, wie man’s gern hätte.«
Sie fuhren los. Paolo in der
Trattoria blieb zurück mit seinem Kummer. Als sie an der nächsten Ecke abbogen,
sah Tim zufällig zurück. Paolo, im Regenmantel, aber barhäuptig, stieg gerade
in seinen Wagen. Der Italiener ließ die Schultern hängen und wirkte erschöpft.
Tim entsann sich, dass Paolo eine Besorgung machen wollte, die sich nicht
aufschieben ließ.
TKKG fuhren durch die Stadt. An
der Kreuzung Biermann-Straße/Westfeld-Allee verlor Klößchen einen Schuh, sprang
zwar fluchend vom Rad und schlüpfte eiligst in seinen Latschen, aber Fuß und
Socke waren inzwischen pitschnass.
Die Gegend um den Kleinen
Westbahnhof ist ländlich. Kleine Grundstücke, Bungalows, Gärten mit Bäumen,
überall welkes Laub. Lediglich in der schmalen Pritschmeyer-Straße stehen die
Häuser in Zeile, aneinander gelehnt, zweistöckig, alt und
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