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Noras Erziehung

Noras Erziehung

Titel: Noras Erziehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Belle
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tat, Erfolg haben würde, ohne mich groß anzustrengen. Genau wie er selbst, als er jung gewesen war.
    Als ich wieder nach unten kam, hatte Mom sich beruhigt. Ganz plötzlich fühlte ich mich gehetzt und den Tränen nahe, sodass ich mich mit einem Kloß im Hals verabschiedete. Dad war ruhig wie immer, schaffte es aber noch, mir einen letzten Ratschlag mit auf den Weg zu geben, während er mein Gepäck im Kofferraum des Taxis verstaute.
    «Drei Dinge musst du dir einprägen, Nora. Strebe einen guten zweiten Platz an. Das College ist nur Vorspiel fürden Beruf in der Politik. Und lass dich nicht von den Jungs ablenken.»
    «Das hast du mir doch schon alles gesagt, Dad.»
    Ich gab ihm einen Kuss und stieg ein. Der Fahrer war einer von Ewans Freunden, der mir einen Vortrag darüber hielt, welchen Erfolg bei Frauen mein hinreißender Freund Ewan von hier bis Exeter hätte. Seine Worte sorgten dafür, dass ich todunglücklich war, als ich schließlich in St.   David’s eintraf. Aus dem Zugfenster auf die vorbeirasende Landschaft zu starren machte mich nur noch trübsinniger. Aber nachdem ich mir einen kleinen Heulanfall genehmigt hatte, waren meine Gefühle zumindest so weit beruhigt, dass ich es irgendwann kaum noch erwarten konnte, endlich anzukommen.
     
    Oxford, Stadt der verträumten Turmspitzen, der neun Jahrhunderte ausgezeichneten akademischen Niveaus und Lieferant einer überproportional großen Prozentzahl der erfolgreichsten Menschen des Landes. Mein Ziel war es, einer von ihnen zu werden. Aber als ich mich mit dem Bus dem Ort näherte, der für die nächsten drei Jahre mein College sein sollte, war mein vorherrschendes Gefühl doch eher Einschüchterung und nicht Ehrgeiz.
    Der Bahnhof in Oxford ist ein ganzes Stück von der Universität entfernt, und die Umgebung sieht so aus wie in jeder anderen Stadt in England auch. Dieselbe Architektur, dieselben Läden, dieselben Werbeplakate. Selbst wenn man den Hügel hinaufsteigt, ist kein großer Unterschied zu spüren. Zumindest nicht zu Exeter mit seinen alten Steinhäusern und prächtigen Bauten, die sich mit den modernen und anonymeren Gebäuden abwechseln. Erst wenn man das Einkaufszentrum bei Carfax hinter sich lässt, kannman sehen, wie sehr die Stadt sich dann doch von anderen unterscheidet. Die Hauptstraße – auch The High genannt – wird von zwei Reihen wunderschöner alter Gebäude aus dunkelgelbem Stein flankiert. Jedes College-Gebäude auf der Strecke ist eine Erscheinung für sich, und über allem thront die St.-Mary-Kirche. Selbst die Läden sehen aus, als hätten sie sich seit der Zeit des britischen Empires so gut wie gar nicht verändert.
    Ich war schon einmal hier gewesen. Die Vorstellungsgespräche bei meinem ersten Besuch waren in einer Art furchteinflößendem Nebel an mir vorbeigerauscht, und alle anderen anwesenden Bewerber hatten unendlich viel klüger als ich gewirkt. Die mittelalterliche Umgebung und die Atmosphäre selbstbewusster Gelehrsamkeit hatten mir nicht nur das Gefühl gegeben, ganz sicher abgelehnt zu werden, sondern auch dafür gesorgt, dass mich ob der Dreistigkeit, mich überhaupt beworben zu haben, ein gewisses Schuldgefühl beschlich. Zwar wusste ich nach alledem, dass ich nun offensichtlich für würdig genug befunden wurde, aber dennoch war ich voller Ehrfurcht, als ich aus dem Bus stieg und meine Koffer über die enge Kopfsteinpflasterstraße schleppte, die direkt zum Haupteingang des St.   Boniface College führte.
    Einer der Ratschläge, die Dad mir noch mitgegeben hatte, war der, mich gut mit den Pförtnern zu stellen. Also schenkte ich einem der zwei Männer in der Loge mein schönstes Lächeln, als ich nach den Schlüsseln fragte. Es dauerte einen Moment, bis man sie fand. Ein Moment, in dem sich in meinem Kopf schon die dramatischsten Szenen abspielten. Wahrscheinlich hatte es einen schrecklichen Irrtum gegeben, und ich war überhaupt nicht angenommen worden. Doch irgendwann förderte man einenweißen Umschlag zutage und legte ihn vor mir auf den Tresen.
    «Hier bitte, Miss. Sie haben wirklich Glück. Alter Flügel, vier neun.»
    Ich hatte keine Ahnung, wovon er redete, aber es gelang mir, über einen weiten Innenhof mit Kreuzgang, gesäumt von hohen Gebäuden und der Kapelle, zu einem weiteren Hof zu finden, der ebenfalls von einem Kreuzgang umschlossen war. Aber der Innenhof war so viel kleiner als der erste, dass er in der langsam untergehenden Sonne und inmitten der hoch aufragenden Mauern einen kühlen,

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