Nord gegen Süd
deren Anzahl auf zweihundert abschätzten.
– Schlafen sie etwa, Gilbert?
– Ja, wenigstens die Meisten, doch haben sie Wachtposten ausgestellt. Wir haben einige Mann gesehen, welche mit dem Gewehr auf der Schulter unter den Cypressen auf-und abziehen.
– Was sollen wir nun thun? fragte Edward Carrol, sich an den jungen Officier wendend.
– Zuerst, erwiderte Gilbert, haben wir uns, wenn es möglich ist, darüber Aufklärung zu verschaffen, wen wir da vor uns haben; erst dann können wir daran denken, diese Truppe zu umgehen.
– Ich bin erbötig, darüber Kundschaft einzuziehen, sagte Mars.
– Und ich begleite Euch, meldete sich Perry.
– Nein, ich werde gehen, erklärte Gilbert. Dabei kann ich mich nur auf mich allein verlassen…
– Gilbert, fiel James Burbank ein, es giebt gewiß Keinen unter uns, dem es nicht danach verlangt, im Interesse Aller selbst sein Leben auf’s Spiel zu setzen. Doch um jene Kundschaft zu erlangen und dabei womöglich nicht bemerkt zu werden, muß Einer allein sein…
– Deshalb will ich eben allein gehen.
– Nein, mein Sohn, ich verlange, daß Du bei uns bleibst, antwortete James Burbank. Es wird mit Mars genug sein.
– Ich bin bereit, Herr!«
Am Abend wurde Halt gemacht. (S. 343.)
Und ohne weiter zu fragen, verschwand Mars schon im Dunkeln.
James Burbank und die Seinigen trafen gleichzeitig die Vorbereitungen, um jedem Angriff Widerstand leisten zu können. Die Ballen wurden auf die Erde niedergelegt und die Träger derselben griffen zu ihren Flinten. Mit dem Gewehr in der Hand nahmen Alle hinter den Cypressenstämmen Aufstellung, doch so, daß sie im Nothfalle gleich nach einem Punkte zusammentreten konnten.
Von der Stelle, die James Burbank einnahm, konnte man das Lager selbst nicht sehen. Man mußte sich dazu wenigstens um weitere fünfzig Schritte nähern, um die schon sehr weit abgebrannten Feuer wahrnehmen zu können. Deshalb machte es sich also nothwendig, die Rückkehr des Mestizen abzuwarten, um diejenigen Entschlüsse zu fassen, welche die Umstände etwa erheischten. In seiner Ungeduld hatte sich der junge Lieutenant noch mehrere Schritte über den Halteplatz hinausgewagt.
Mars schlich mit äußerster Vorsicht hin und verließ den Schutz eines Baumes nur, um sich hinter einem anderen zu bergen. So näherte er sich mit der geringsten Gefahr bemerkt zu werden und hoffte nahe genug heran zu kommen, um die Oertlichkeit, die Anzahl der Leute daselbst, aber vorzüglich, um zu erkennen, welcher Partei sie wohl angehörten. Gerade das erwies sich aber als besonders schwierig. Die Nacht war sehr finster und die Feuer warfen nur einen sehr schwachen Schein. Um sein Ziel zu erreichen, mußte er sich bis zum Lager selbst heranschleichen. Mars besaß Unerschrockenheit genug, um das zu thun, und Gewandtheit genug, um die Aufmerksamkeit der ausgestellten Wachen zu täuschen.
Inzwischen gelangte er immer weiter vorwärts. Um vorkommenden Falls unbehindert zu sein, hatte er weder Gewehr noch Revolver mitgenommen, sondern sich nur mit einer Axt bewaffnet, denn er mußte jeden Lärm vermeiden und sich schlimmsten Falls vertheidigen, ohne ein Geräusch zu verursachen.
Bald befand sich der muthige Mestize nur noch in sehr geringer Entfernung von einem der wachthabenden Leute, der selbst wieder nur acht bis zehn Schritte von dem eigentlichen Lagerplatze entfernt stand. Alles still ringsum. Offenbar ermüdet von einem langen Marsch, lagen die Mannschaften alle in tiefem Schlummer. Nur die Wachtposten waren noch mehr oder weniger auf die Umgebung aufmerksam, was Mars sofort bemerkte.
Einer von der Mannschaft nämlich, den er seit einigen Augenblicken beobachtete, stand zwar aufrecht, aber er regte sich nicht. Sein Gewehr ruhte auf dem Boden. An einen Cypressenstamm gelehnt und den Kopf herabgesunken, schien auch er in Schlaf verfallen zu wollen. Vielleicht gestattete dieser Umstand, hinter ihm weg zu schleichen und so bis nach dem Lager selbst zu gelangen.
Langsam näherte sich Mars der Schildwache, als ein trockener Zweig, den er zertreten hatte, plötzlich seine Anwesenheit verrieth.
Der Mann richtete sich auf, erhob den Kopf und neigte sich, nach rechts und links hinausblickend, lauschend vor.
Ohne Zweifel mochte er etwas Verdächtiges bemerken, denn er erhob schon das Gewehr zum Anschlage…
Doch bevor er dazu kam, Feuer zu geben, hatte Mars die auf seine Brust gerichtete Waffe gepackt und den Mann zur Erde geworfen, nachdem er ihm die breite Hand über
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