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Northanger Abbey

Northanger Abbey

Titel: Northanger Abbey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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nur aufs Lenken versteht; so eine Kiste in den richtigen Händen hält bestimmt noch zwanzig Jahre, auch wenn sie abgefahren ist. Potzblitz, geben Sie mir fünf Pfund, und ich kutschier sie Ihnen nach York und wieder zurück, ohne auch nur einen Nagel zu verlieren.«
    Catherine lauschte verblüfft; sie wußte nicht, wie sie zwei so völlig gegensätzliche Darstellungen ein- und derselben Sache unter einen Hut bringen sollte; Angebertum gehörte weder zu den Dingen, die sie von zu Hause her kannte, noch hatte sie bisher erfahren, zu wie vielen unhaltbaren Behauptungen und unverschämten Flunkereien ein Übermaß an Eitelkeit führt. Die Morlands waren nüchterne, sachliche Leute, die mit Witz gleich welcher Art nichts im Sinn hatten; ihr Vater schwang sich bestenfalls zu einem Kalauer auf, ihre Mutter zu einem Sprichwort; und erst recht erzählten sie keine Lügen, um sich wichtig zu machen, oder behaupteten Dinge, die sie im nächsten Moment selbst widerlegten. Catherine wälzte das Gehörte eine Zeitlang irritiert im Kopfherum und war mehrmals nahe daran, ihm eine eindeutigere Aussage betreffs seiner wahren Meinung abzuverlangen, ließ es dann aber doch bleiben, weil es ihr nicht zu Mr. Thorpes Gaben zu gehören schien, solch eindeutigere Aussagen zu treffen und Klarheit in eine Sache zu bringen, die er vorher verunklart hatte; und als sie sich zudem überlegt hatte, daß er nicht ernsthaft imstande wäre, Schwester und Freund einer Gefahr auszusetzen, vor der er sie so leicht bewahren konnte, entschied sie zuletzt, daß dem Wagen vermutlich überhaupt nichts fehlte und sie völlig beruhigt sein konnte. Er selbst schien schon gar nicht mehr zu wissen, was er eben gesagt hatte, und das gesamte restliche Gespräch, oder besser Gerede, drehte sich nur noch um ihn und seine Angelegenheiten. Er erzählte ihr von Pferden, die er zu einem Spottpreis gekauft und für aberwitzige Summen weiterverkauft hatte; von Rennen, bei denen von ihm mit untrüglichem Gespür der Sieger vorausgesagt worden war; von Jagdpartien, bei denen er (ohne auch nur einmal ordentlich zum Schuß zu kommen) mehr Vögel erlegt hatte als alle seine Gefährten zusammen; und er schilderte ihr eine denkwürdige Fuchsjagd, bei der sein Weitblick und Geschick beim Lenken der Meute die Patzer noch der erfahrensten Jäger wettgemacht hatte und bei der seine reiterische Kühnheit, auch wenn sein eigenes Leben keine Sekunde in Gefahr gewesen war, andere unausgesetzt in die schlimmste Bedrängnis gebracht und damit, so schloß er kühl, so einigen den Hals gebrochen hatte.
    So ungewohnt es für Catherine sein mochte, sich ihre eigene Meinung zu bilden, so vage ihre Vorstellungen davon waren, wie Männer zu sein hätten, regte sich in ihr, während sie diese nicht enden wollenden selbstherrlichen Tiraden über sich ergehen ließ, ganz leise der Verdacht, er könnte vielleicht doch kein so angenehmer Mensch sein. Es war eine kühne Verdächtigung, denn er war Isabellas Bruder; und James hatte ihr ja versichert, daß seine Manieren ihn ihrem ganzen Geschlecht empfehlen mußten; aber die unsägliche Langeweile,die über sie kam, noch ehe sie eine Stunde unterwegs waren, und die unerbittlich immer weiter zunahm, bis sie wieder in der Pulteney Street anlangten, zündete in ihr doch einen kleinen Funken der Auflehnung gegen solch Urteil von höchster Stelle und ließ sie zweifeln, ob er ganz so dazu geschaffen war, allseitige Begeisterung zu wecken.
    Als sie vor Mrs. Allens Tür anhielten, wußte Isabella sich gar nicht zu lassen vor Verwunderung, daß es zu spät sein sollte, ihre Freundin noch ins Haus zu begleiten: – schon nach drei! es war undenkbar, unvorstellbar, unmöglich! und sie mochte weder ihrer eigenen Uhr glauben noch der ihres Bruders oder des Dieners; sie mochte keiner auf Vernunft oder Tatsachen gründenden Bekräftigung glauben, bis Morland seine Uhr hervorzog und es seinerseits bestätigte; es
nun
noch eine Sekunde länger zu bezweifeln wäre ebenso undenkbar, unvorstellbar und unmöglich gewesen; und ihr blieb nur, ein ums andere Mal zu beteuern, daß keine zweieinhalb Stunden jemals so rasch verflogen seien, wie Catherine ihr sogleich bestätigen sollte. Catherine konnte nicht die Unwahrheit sagen, nicht einmal Isabella zu Gefallen; aber diese ersparte sich die Schmach, ihre Freundin widersprechen zu hören, indem sie die Antwort gar nicht erst abwartete. Ihre eigenen Gefühle nahmen sie völlig in Anspruch; ihre Verzweiflung darüber,

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