Northanger Abbey
dieser ganzen langen Zeit? Aber ich brauche dich gar nicht zu fragen, denn du siehst hinreißend aus. Du hast dir die Haare womöglich noch himmlischer frisiert als jemals zuvor; du böses, böses Ding, willst du denn allen den Kopf verdrehen? Ich versichere dir, mein Bruder ist schonvöllig verliebt in dich; und was Mr. Tilney angeht – aber
das
steht ja ohnehin fest, nicht einmal
deine
Bescheidenheit kann jetzt noch an seinen Gefühlen zweifeln; daß er nach Bath zurückgekommen ist, sagt ja schon alles. Oh! was würde ich nicht darum geben, ihn zu sehen! Ich platze schon fast vor Ungeduld. Meine Mutter sagt, er ist der hinreißendste junge Mann, den man sich nur vorstellen kann; sie hat ihn heute morgen getroffen, weißt du; du mußt mich unbedingt mit ihm bekannt machen. Ist er jetzt auch hier? – Schau dich um, ich flehe dich an! Ich weiß nicht, wie lange ich noch überleben kann, ohne ihn zu sehen.«
»Nein«, sagte Catherine, »er ist nicht da, ich sehe ihn nirgends.«
»O Grauen! soll ich ihn denn niemals kennenlernen? Was sagst du zu meinem Kleid? Ich finde es gar nicht so übel; die Ärmel habe ich mir ganz allein ausgedacht. Ich muß dir sagen, ich bin Bath langsam über die Maßen leid; dein Bruder und ich waren uns heute morgen völlig einig, daß es sich hier zwar für ein paar Wochen wunderbar leben läßt, aber bleiben wollten wir hier beide für alles Geld der Welt nicht. Wir haben festgestellt, daß wir genau denselben Geschmack haben, denn wir beide möchten lieber auf dem Land wohnen als an sonst irgendeinem Ort; überhaupt stimmen wir in allem so überein, daß es geradezu grotesk war! Es gab keine einzige Frage, in der wir unterschiedlicher Meinung waren; ich hätte dich um keinen Preis in der Nähe haben mögen; du bist so ein raffiniertes Geschöpf, daß du mit Sicherheit irgendeine schelmische Bemerkung darüber gemacht hättest.«
»Nein, das hätte ich ganz bestimmt nicht.«
»O doch, das hättest du; ich kenne dich besser, als du dich selbst kennst. Du hättest uns gesagt, daß wir füreinander bestimmt sind oder irgend so einen Unsinn, der mich heillos aus der Bahn geworfen hätte; ich wäre so rot geworden wie deine Rosen hier; nein, ich hätte dich um gar keinen Preis dabeihaben mögen.«
»Da tust du mir Unrecht, wirklich; ich hätte niemals eine so unpassende Bemerkung gemacht, und überhaupt wäre mir so etwas gar nicht erst eingefallen.«
Isabella lächelte ungläubig und unterhielt sich den restlichen Abend mit James.
Catherines Entschlossenheit, ihr Wiedersehen mit Miss Tilney voranzutreiben, blieb auch am nächsten Morgen ungebrochen; und bis es Zeit für die Trinkhalle war, sorgte sie sich sehr, sie könnte neuerlich abgehalten werden. Aber nichts dergleichen geschah, kein Besuch kam ihnen in die Quere, und alle drei brachen sie rechtzeitig zur Trinkhalle auf,wo die Geschehnisse und Gespräche ihrem gewohnten Ablauf folgten; Mr. Allen trank sein Glas Wasser und gesellte sich dann zu einigen anderen Herren, um mit ihnen die Tagespolitik zu besprechen und die Berichterstattung ihrer jeweiligen Zeitungen zu vergleichen, und die Damen spazierten zusammen herum und registrierten jedes neue Gesicht und fast jede neue Haube im Raum. Der weibliche Teil der Familie Thorpe, begleitet von James Morland, tauchte binnen einer knappen Viertelstunde in der Menge auf, und Catherine nahm sofort ihren angestammten Platz an der Seite ihrer Freundin ein. James, der jetzt stets mit von der Partie war, hielt ebenfalls die Stellung, und indem sie sich vom Rest der Gruppe absonderten, gingen sie so eine Zeitlang auf und ab, bis Catherine Zweifel an der Zuträglichkeit einer Konstellation beschlichen, die sie so ausschließlich an Freundin und Bruder kettete und ihr doch von beiden nur ein Mindestmaß an Beachtung bescherte. Die zwei waren fortwährend in tiefsinnigem Zwiegespräch oder angeregtem Disput begriffen, aber ihr Tiefsinn kam in einem solchen Flüsterton daher und ihre Angeregtheit unter soviel Gelächter, daß Catherine, auch wenn sie immer wieder von einem der beiden um Beistand ersucht wurde, diesen niemals geben konnte, weil sie gar nicht hörte, worum es ging. Schließlich jedoch sah sie sich in der Lage, sich von ihrer Freundin loszumachen, denn nun mußte Miss Tilney begrüßt werden, die zu ihrer Freude soeben mit Mrs. Hughes durch die Tür trat und auf die sie gleich zueilte, mit einem festeren und beherzteren Willen, ihr näherzukommen, als es ohne die Enttäuschung vom
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