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Northanger Abbey

Northanger Abbey

Titel: Northanger Abbey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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genug davon haben.«
    »Ich bekomme ganz bestimmt nicht genug davon, und wenn ich sechs Monate hier wäre.«
    »Verglichen mit London bietet Bath wenig Abwechslung, und das stellt jeder jedes Jahr wieder fest. ›Für sechs Wochen ist Bath ja ganz nett, das will ich gern zugeben; aber danach ist es der ödeste Ort der Welt.‹ Das werden Sie von Menschen jeglicher Couleur hören, die regelmäßig im Winter hierherkommen, ihre sechs Wochen auf zehn oder zwölf verlängern und dann abreisen, weil sie sich mehr nicht leisten können.«
    »Gut, andere Leute müssen für sich selbst urteilen, und für die, die in London verkehren, ist Bath vielleicht nichts Besonderes. Aber ich, ich wohne in einem abgelegenen kleinen Dorf auf dem Land, da könnte ich an einem Ort wie Bath niegrößere Eintönigkeit finden als daheim; denn hier habe ich eine solche Vielfalt an Vergnügungen und den ganzen Tag so viele Dinge zu tun und zu sehen, wie es zu Hause völlig undenkbar wäre.«
    »Sie mögen das Land demnach nicht?«
    »O doch, ich habe ja immer dort gelebt und war immer sehr glücklich. Aber trotzdem ist das Landleben ganz bestimmt eintöniger als das Leben in Bath. Auf dem Land ist ein Tag genau wie der andere.«
    »Aber dafür verbringen Sie Ihre Zeit auf dem Land doch viel sinnvoller.«
    »Tu ich das?«
    »Tun Sie’s nicht?«
    »Ich glaube, da ist kein so großer Unterschied.«
    »Hier sind Sie den ganzen Tag nur auf Zerstreuung aus.«
    »Zu Hause auch – bloß finde ich da nicht viel. Ich laufe hier herum, und ich laufe dort herum – aber hier sehe ich in jeder Straße alle möglichen Leute, und dort kann ich als einziges Mrs. Allen besuchen.«
    Mr. Tilney zeigte sich sehr belustigt. »Als einziges Mrs. Allen besuchen!« wiederholte er. »Welch Inbild intellektueller Armut! Aber wenn Sie erneut in diesem Abgrund versinken, werden Sie mehr zu erzählen haben. Sie werden von Bath reden können, und von allem, was Sie hier erlebt haben.«
    »O ja! Ich werde nie wieder um ein Gesprächsthema verlegen sein, bei Mrs. Allen nicht und auch sonst bei niemand. Ich glaube wirklich, daß ich immerfort von Bath reden werde, wenn ich wieder daheim bin – es gefällt mir so schrecklich gut hier. Wenn nur Papa und Mama und all die anderen auch da wären, dann wüßte ich gar nicht mehr aus noch ein vor Glück. Daß James gekommen ist – mein ältester Bruder – ist schon so schön; und jetzt stellt sich auch noch heraus, daß gerade die Familie, mit der wir uns so angefreundet haben, mit ihm schon vorher ganz eng befreundet war! Oh, wer könnte Bath jemals satt haben?«
    »Bestimmt niemand, der so unverbrauchte Gefühle mit hierherbringt wie Sie. Aber Väter und Mütter und Brüder und beste Freunde sind für die meisten Bath-Besucher kaum noch der Rede wert – und ein echtes Vergnügen an Bällen und Theater und auch sonst am Alltäglichen kennen sie längst nicht mehr.«
    Damit endete ihre Unterhaltung, denn nun erforderte der Tanz ihre ungeteilte Aufmerksamkeit.
    Kurz nachdem sie sich ans Ende der Reihe getanzt hatten, spürte Catherine den forschenden Blick eines Herrn auf sich ruhen, der unter den Zuschauern stand, gleich hinter ihrem Partner. Es war ein sehr gutaussehender Herr mit gebieterischem Ausdruck, nicht mehr der Jüngste, aber noch auf der Höhe seiner Kraft; und nun beugte er sich auch noch, ohne den Blick von ihr zu wenden, vertraulich flüsternd zu Mr. Tilney vor. Verwirrt über seine Beachtung, und mit einem ängstlichen Erröten, falls irgendeine Absonderlichkeit in ihrer Erscheinung der Grund dafür war, drehte sie den Kopf weg. Aber im selben Moment zog der Herr sich zurück, und ihr Partner näherte sich ihr und sagte: »Ich sehe schon, Sie haben erraten, was ich eben gefragt worden bin. Dieser Herr weiß jetzt Ihren Namen, und Sie haben ein Recht, den seinen zu erfahren. Es ist General Tilney, mein Vater.«
    Catherines ganze Antwort war »Oh!« – doch in diesem »Oh!« war alles enthalten, was not tat: Gehör für seine Worte und ein bedingungsloser Glaube an ihre Wahrheit. Mit echtem Interesse und größter Bewunderung schaute sie nun dem General nach, während er durch die Menge davonschritt, und »Was für eine gutaussehende Familie sie doch sind« lautete ihr heimlicher Kommentar.
    Auch mit Miss Tilney plauderte sie, bevor der Abend zu Ende ging, und neue Glückseligkeit tat sich ihr auf. Sie war seit ihrer Ankunft in Bath noch nicht aus der Stadt herausgekommen. Miss Tilney, die die üblichen

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