Notaufnahme
einzige Frau mit wuchernder Nagelhaut und unlackierten Nägeln an Joans Tisch zu sein, ließ mich das wilde Geschnatter ertragen, das in dem überfüllten Salon herrschte.
Anschließend gab ich Zac Futter und führte sie noch einmal Gassi. Zu aufgedreht, um ein Nickerchen halten zu können, legte ich mich mit der Times vom Samstag aufs Bett und kämpfte mit der linken untere Ecke des Kreuzworträtsels: Deutscher Astronom, Entdecker des Neptun. Nachdem ich alle anderen Felder ausgefüllt hatte, erschien der Name, der mir nicht hatte einfallen wollen: Galle.
Joans Dinner Partys waren immer schicke Veranstaltungen, und ich genoss die Aussicht, einen festlichen Abend im Kreis ihrer Freunde zu verbringen. Außerdem gaben mir ihre Einladungen die Gelegenheit, meine elegante Abendgarderobe und den wunderschönen Schmuck zu tragen, den mir meine Mutter vor ihrem Umzug auf die kleine Karibikinsel übergeben hatte. Ich machte mich fertig und rief ein Taxi.
Joans Haushälterin öffnete mir die Tür und nahm meinen Mantel sowie die Bestellung für den ersten Drink entgegen. In den Vasen im Foyer und im Salon waren französische Tulpen und helle Rosen arrangiert. Joan unterhielt die ersten Gäste in der Bibliothek mit einer Anekdote, die sich vor einigen Jahren während der Produktion eines ihrer Stücke an einem Broadway-Theater zugetragen hatte. Joan hatte eine beachtliche Entwicklung von einer Stückeschreiberin zur Romanautorin vollzogen; ihr jüngstes Buch war gerade in die vierte Auflage gegangen.
Jim Hageville, der Mann, mit dem sie seit einigen Monaten zusammen war, sah mich zuerst. Er war Fachmann in Sachen Außenpolitik und Autor einer international erscheinenden Kolumne; in den ersten Wochen ihrer Beziehung hatten sie sich nur kurz auf diversen Flughäfen getroffen. Joan wollte die Dinnerparty zum Anlass nehmen, ihn ihrem Freundeskreis vorzustellen.
Wir begrüßten uns mit einer Umarmung, und Joan stellte mich den Leuten vor, die ich noch nicht kannte. Dann wurden Cocktails serviert, und ich widmete mich dem Small Talk, wobei ich bemüht war, jedes Mal das Thema zu wechseln, wenn sich jemand nach den Ermittlungen erkundigte.
Kurz nach neun führte uns Joan zu den drei runden Tischen. »Du kannst nicht behaupten, dass ich es nicht gut mit dir meine«, flüsterte sie mir mit der Miene einer Katze zu, die einen Kanarienvogel verschluckt hatte. »Der nette Typ, mit dem du eben über den New Yorker-Artikel über deinen Boss geplaudert hast, ist nämlich zufällig auch dein Tischherr. Drew Renaud.«
Mit einem geschickten Griff rückte Joan die antike Brosche an meinem Kleid zurecht. »So, so. Und wohin hast du seine Frau verfrachtet, Joanie? Ich gebe ja zu, dass der Typ nicht uninteressant ist, aber er hat einen Fehler: Er trägt einen Ehering«, erwiderte ich lachend.
»Er ist Witwer.«
Ich biss mir auf die Lippe. »Oh, tut mir leid. Gott sei Dank weiß ich es jetzt – sonst wäre ich wahrscheinlich ins Fettnäpfchen getreten. Aber wenn du ernsthaft glaubst, du könntest mich verkuppeln, bringe ich dich um. Du weißt genau, dass ich es nicht ausstehen kann, wenn du …«
» Komm, reg dich nicht auf, Alex. Es ist doch nur eine harmlose Dinnerparty, und er ist ein alter Freund von Jim. Sie kennen sich aus Princeton; er ist Partner bei Milbank, Tweed. Seine Frau starb vor zwei Jahren mit siebenunddreißig an einem Gehirntumor. Es war eine schreckliche Geschichte, und Drew hat ewig gebraucht, um darüber hinwegzukommen. So, und jetzt kannst du zur Abwechslung mal wieder lächeln. Es ist schließlich kein Blind Date – du kennst doch fast alle hier. Er wollte dich unbedingt kennen lernen; er hat mir erzählt, er habe dich im vergangenen Jahr bei einem Podiumsgespräch der Bar Association gesehen, aber du seiest offensichtlich mit jemandem zusammengewesen. So, und jetzt schaltest du deinen verdammten Pager aus und genießt den Abend, versprochen?«
»Du hättest mich wenigstens vorwarnen können, Joanie«, erwiderte ich lachend und bemerkte die Aufregung, die mich erfaßt hatte. Mit einem verstohlenen Blick in den Wandspiegel hinter Joan prüfte ich meine Frisur und mein Make-up.
»Hört sich schon besser an, Schätzchen. Ich habe ihn übrigens zwischen uns gesetzt. Du siehst phantastisch aus, also geh jetzt zu deinem Platz.«
Auf der Suche nach der richtigen Tischkarte schwärmten die Gäste durch den Raum. Drew stand bereits am Tisch und wartete darauf, sowohl der Gastgeberin als auch mir die Stühle
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