Notruf 112
nahe der Wiesn verlegt. Auch unsere Höhenretter halten sich übrigens an allen 16 Oktoberfest-Tagen auf der Feuerwache 4 im Stadtteil Schwabing bereit.
Schon während der Aufbauzeit und während des gesamten Oktoberfestes sind unsere Kollegen von der Abteilung Einsatzvorbeugung auf dem Festplatz unterwegs. Und zwar auf, über und hinter der Wiesn. An jedem Festzelt, jedem Karussell, jeder Souvenir- und Mandelbude. Ihr Ziel: Gefahrenquellen zu erkennen und auszuschalten, bevor etwas passiert.
Schon ein Kern von wenigen Hundert Menschen genügt beispielsweise, um eine Massenpanik auszulösen. Das haben wir mal sehr eindrucksvoll auf Kameraaufzeichnungen verfolgen können. Zum Zeitpunkt des Reservierungswechsels um 17.30 Uhr strömten Hunderte Wiesn-Gäste gleichzeitig aus dem Zelt und kollidierten zwangsläufig mit der Kloschlange vor der bereits gut besuchten Toilettenanlage im Biergarten. Die Folge: Die Kloschlange wurde einfach überrannt, niemand kam mehr vor oder zurück. Im engen Gang entwickelte sich ein gefährliches Gedränge, doch zum Glück ging gerade noch mal alles gut. Seitdem befinden sich an solchen neuralgischen Punkten keine Toiletten mehr.
Der Teufel steckt bekanntlich ja immer im Detail. Ein Rollcontainer im Eingang eines Festzeltes stellt an einem entspannten Montagnachmittag eigentlich kein Problem dar. An einem Samstag wäre jedoch genau dieser Container ein Problem. Ein Hindernis, das im Gedränge losgerissen werden, umkippen, auf Menschen stürzen und Panik auslösen könnte.
Die Kollegen haben in Absprache mit der Festleitung und den Wiesn-Wirten auch die Befugnis, ein Zelt früher öffnen oder auch sofort schließen zu lassen – wenn es angesichts des Gedränges notwendig sein sollte. Ersteres ist schon vorgekommen, nämlich immer dann, wenn das Partyvolk bereits am frühen Morgen einzelne Zelte regelrecht belagert hat. Auch das Wetter haben die Kollegen immer im Auge. Einsetzender Regen oder gar ein aufziehender Sturm bedeutet, dass die Ordnungskräfte die Zelte wegen des zu erwartenden Ansturms früher schließen müssen.
Auf die eng stehenden Wagenburgen der Schausteller haben unsere Kollegen ebenfalls immer ein Auge. Alle dort haben Gasflaschen an Bord – genauso wie die Würstlbuden und Mandelröster, die mit Flüssiggas arbeiten. Da müssen die Anschlüsse hundertprozentig fachgerecht verlegt sein. Das gilt natürlich auch für die Stromleitungen. Ein technischer Defekt in einem Backofen hat auf der Wiesn 2002 beispielsweise eines der schönsten kleinen Festzelte in Schutt und Asche gelegt und einen der größeren Brände in der Nachkriegsgeschichte der Wiesn ausgelöst. Mit knapper Not verhinderten die Kollegen damals ein Übergreifen der Flammen auf das Nachbarzelt in nur 2,50 Meter Entfernung. Das ist der Grund, warum die Brandsicherheitswache zu Betriebszeiten auf der Wiesn und ansonsten auf der nahen Feuerwache 3 rund um die Uhr als Verstärkung im Dienst ist.
Auch die Rettungswege fallen in unsere Zuständigkeit. Breit genug müssen sie sein und sie dürfen niemals in Sackgassen enden. Der Zelt- und Standlaufbau wird ebenfalls genau dokumentiert – damit sich niemand heimlich ausbreitet. Dafür wird seit einigen Jahren jede Wiesn an drei verschiedenen Tagen von der Drehleiter herunter aus der Vogelperspektive fotografiert und jede Veränderung mit dem Urzustand verglichen. Schummeln und diskutieren zwecklos. Das heimlich angebaute Vordach, der reichlich groß geratene Biergarten, die schleichende Erweiterung eines Küchenbereiches – das kommt alles wieder weg. Und wenn der Wirt auch noch so sauer ist, die vorgeschriebenen Abstände zum Nachbarn müssen zwingend eingehalten werden.
Um sich niemals angreifbar zu machen, halten unsere Kollegen grundsätzlich professionelle Distanz zu Wirten und Schaustellern. Sie lassen sich zu nichts einladen und duzen sich auch mit fast niemandem. Kollege Peter umschreibt das immer so: »Ich kann, darf und will nicht Teil des Systems Wiesn sein. Ich will auch nicht der Peter sein. Ich bin der von der Feuerwehr. Fertig.«
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