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Nova

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Titel: Nova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Kober
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Mann? Auf anderen Planeten bezwingt deine Rasse jede Schwierigkeit, zu Hause quält dich nicht einmal ein Juckreiz, und hier mußt du ohnmächtig zusehen, wie die Natur dich auffrißt bei lebendigem Leibe.
Nichts, um den Schmerz, Hunger und Durst zu stillen, um den Wunsch nach Geborgenheit zu erfüllen. Nichts als den nackten Körper und vielleicht ein bißchen Willen, das auszuhalten.
Die gehorsame Technik, dachte er, nur die hatte ihn dahin gebracht, daß er als gehetztes Bündel in der Selvas hockte, ohne sich helfen zu können.
Die Luft wurde trüb, Nebelschwaden stiegen vom feuchten Boden auf, begannen ihn einzuhüllen. Die Nacht kam.
Erschrocken blickte Bizell um sich. Was sollte er jetzt tun, wo die Nacht verbringen und wie?
Eine Hütte bauen; Unsinn. Einen Baum besteigen, sich mit Lianen festbinden?
Jetzt wurden die Geräusche der ewigen Selvas lauter. Von allen Seiten drang Knacken und Zirpen, Grunzen und Jaulen, schrilles Gekreisch und Gebell auf ihn ein. Unentwirrbares Knäuel unbekannter Geräusche, verursacht von den in freier Wildnis lebenden Tieren.
Er suchte hastig nach einem geeigneten Baum, benötigte viele Minuten dazu. Doch der Versuch, in die ersten Äste über den Brettwurzeln zu steigen, scheiterte jämmerlich. Immer wieder rutschte er an der schartigen Borke ab. Der Synthodreß hielt dieser Zerreißprobe nicht stand und begann sich in Fetzen zu lösen.
Nach mehreren vergeblichen Bemühungen erschöpften sich seine Kräfte endgültig.
Er gab auf.
Mit schmerzenden Gliedern suchte er sich einen Armvoll breiter Farnblätter, griff nach einem Ast, den er als Waffe benutzen wollte, sich dessen Lächerlichkeit bewußt. Trotzdem war das besser als nichts. Dann legte er sich auf den Boden.
Doch der Schlaf, den er sich wünschte, von dem er geglaubt hatte, er würde ihn nach den Strapazen sofort übermannen, floh ihn. Seine aufgeputschten Nerven ließen ihn ein ums andere Mal zitternd auffahren.
Kälte und Feuchtigkeit krochen in ihm hoch.
Wie sollte er den nächsten Tag überstehen, wenn er jetzt keine neuen Kräfte sammeln konnte?
Eine Nacht ohne Schlaf, das gab es für ihn nicht. Der Autosleep, gepaart mit der Psytro, wiegte ihn pünktlich auf die Minute jeden Abend in angenehme Träume. Die Schlafmaschine war ihm ein unentbehrliches Hilfsmittel geworden. Sie funktionierte, ein ewig arbeitendes Gerät. Zuverlässig, ohne menschliche Wartung, selbstregenerierend.
Lange vor Sonnenaufgang erhob sich Bizell mit vor Kälte steifen Gliedern, übernächtig, mit heftigen Kopfschmerzen. Er fror kläglich, die Knie schlotterten ihm.
Bei dem mühseligen Versuch, sich zu erwärmen, spürte er jede Muskelfaser einzeln; sie schrie, daß sie nicht mehr konnte.
Ihm wurde schwindlig.
Er brauchte etwas zu essen. Und zu trinken.
Die Bäche von Tau, die ihn auf seinem Weg überschütteten, brachten ihn auf die Idee, das Wasser von den Blättern abzulecken. Aber die ersten Proben bescherten ihm nur gallebitteren Geschmack.
Er wußte, daß er ohne Nahrung einige Tage, wenn auch unter Qualen, aushalten würde. Aber Wasser war lebensnotwendig. Irgendwo hatte er gelesen, daß algenbesetzte Tümpel unter Umständen genießbares Wasser enthielten, also machte er sich auf die Suche. Er hatte Glück, bald fand er einen.
Lange stand Bizell vor der Lache. Er hatte Angst, davon zu trinken. Vor seinen Augen erstanden Milliarden giftiger Bakterien, die sich im Wasser tummelten. Doch dann zog er, getrieben von unmenschlichem Durst, den Dreß aus. Nackt hockte er sich vor den Tümpel, schöpfte mit der Kleidung Wasser und ließ das nur langsam durchtropfende Naß in den Mund sickern. Nur wenige Gramm waren es, mit faulig-brackigem Geschmack, aber ihm kam es vor wie ein Labsal, eine köstliche Wohltat.
Voller Sorge zog er sich wieder an. Wenn er sich nun vergiftet hatte?
Zu Hause wäre das nicht weiter schlimm gewesen. Die Medotronik wachte Tag und Nacht über das einwandfreie Funktionieren seines Organismus. Jeden Morgen legte er sich die Kontakte an, wartete zwei Minuten, dann war die tägliche Untersuchung vorbei. Und die Auswertung. Meist waren es nur geringfügige Details, die die Computertechnik feststellte und die durch die Serviceeinheit ausgeglichen wurden. Bei schwerer wiegenden Dingen erfolgte prompt die Überweisung ins Medocenter.
Vor einem halben Jahr hatte ihm sein Betreuer ernsthaft geraten, das autogene Training mit organstabilisierenden Körperübungen wieder aufzunehmen, Abhärtung zu betreiben. Er hatte genickt –

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